Leitsatz

Die Lieferung selbst (vor Verpachtung) erzeugter landwirtschaftlicher Erzeugnisse durch einen Landwirt unterliegt auch dann (noch) der Besteuerung nach Durchschnittssätzen, wenn sie nach Verpachtung seiner landwirtschaftlichen Nutzflächen erfolgt (Einschränkung des BFH-Urteils vom 21.04.1993, XI R 50/90, BStBl II 1993, 696, Haufe-Index 64713).

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1, § 14 Abs. 3, § 24 UStG 1993, Art. 25 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Ein Landwirt (Versteuerung nach § 24 UStG) verpachtete die landwirtschaftlichen Nutzflächen seines Betriebs. Die Wirtschaftsgebäude, Vorräte, Maschinen und stehende Ernte behielt er zurück. Nach der Verpachtung verkaufte er seine letzte Zuckerrübenernte.

Das FA meinte, die Durchschnittssatzbesteuerung sei nach Verpachtung nicht anwendbar. Das FG bestätigte den Landwirt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 06.03.2008, 5 K 602/03, Haufe-Index 2017576, EFG 2008, 1420).

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen keinen Erfolg.

 

Hinweis

Nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG wird für "die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze" vorbehaltlich der S. 2 bis 4 die Steuer für die nicht näher bezeichneten – hier einschlägigen – "übrigen Umsätze" 9,5 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den "übrigen Umsätzen" zuzurechnen sind, auf 9,5 % der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt (§ 24 Abs. 1 S. 3 und 4 UStG). Durch diese Regelungen gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, sodass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine USt zu entrichten hat. Gleichwohl darf der Landwirt die USt seinem Vertragspartner in Rechnung stellen.

Unternehmen und Unternehmereigenschaft erlöschen erst, wenn der Unternehmer alle Rechtsbeziehungen abgewickelt hat, die mit dem aufgegebenen Betrieb zusammenhängen. Entscheidend ist daher, ob Umsätze – oder Leistungsbezüge (vgl. insoweit EuGH in Fini) nach Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit oder nach Verpachtung eines Betriebs noch "Nachläufer" oder "Ausfluss" der betreffenden, zuvor ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit sind.

Für die Anwendung des § 24 UStG ist daher entscheidend, ob die Umsätze noch im Zusammenhang mit dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb stehen. Unter Landwirtschaft versteht man die planmäßige Nutzung des Bodens und die Verwertung der gewonnenen Erzeugnisse.

Die Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs ist zwar keine Landwirtschaft; weil die "Landwirtschaft" auch die Verwertung der durch Bodennutzung gewonnenen Erzeugnisse umfasst, fallen unter "die im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs" ausgeführten Umsätze (§ 24 Abs. 1 UStG) auch die Lieferungen der selbst erzeugten Früchte nach Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen. Dem hat der XI. Senat, der im Urteil vom 21.04.1993, XI R 50/90 (BStBl II 1993, 696, Haufe-Index 64713) noch die Anwendung des § 24 UStG von der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs abhängig gemacht hatte, zugestimmt. Diese Auffassung entspricht auch der Pauschalregelung in Art. 25 der 6. EG-RL; diese soll anwendbar sein, wenn landwirtschaftliche Erzeuger landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.11.2009 – V R 16/08

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