BMF, 7.11.2002, IV B 2 - S 7420a - 4/02

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

 

I. Allgemein

(1) Durch die USt-Sonderprüfung soll erreicht werden, dass steuerpflichtige Leistungen sachlich und zeitlich zutreffend besteuert, Steuerbefreiungen und Steuervergünstigungen nicht zu Unrecht in Anspruch genommen werden und keine Vorsteuerbeträge unberechtigt abgezogen oder vergütet werden.

(2) USt-Sonderprüfungen sind unabhängig von dem Turnus der allgemeinen Außenprüfung zeitnah vorzunehmen. Da die Vorsteuern bereits im USt-Voranmeldungsverfahren angerechnet bzw. vergütet werden, kann mit der Prüfung zweifelhafter Fälle nicht bis zur Berechnung/Festsetzung der Jahres-USt oder bis zur Durchführung einer allgemeinen Außenprüfung gewartet werden.

(3) Automationsgestützt werden Hinweise ausgegeben, die USt-Sonderprüfungen anregen. Diese Hinweise und andere Kriterien (u.a. Kontrollmitteilungen) sind bei der Bearbeitung von Voranmeldungen, Steuererklärungen für das Kalenderjahr und Kontrollmitteilungen auszuwerten. Können bestehende Zweifel zunächst nicht mit den Mitteln des Innendienstes ausgeräumt werden, ist unverzüglich eine USt-Sonderprüfung durchzuführen.

 

II. Kriterien für Umsatzsteuer-Sonderprüfungen

Als Kriterien, die Veranlassung für die Durchführung einer USt-Sonderprüfung sein können, kommen insbesondere in Betracht:

  1. Vorsteuerabzug

    1. außergewöhnlich hohe Vorsteuerbeträge,
    2. Vorsteuerabzug bei Inanspruchnahme von Steuerbefreiungen für Umsätze mit Vorsteuerabzug,
    3. Vorsteuerdifferenzen auf Grund von Verprobungen,
    4. branchen-/unternehmensatypische und/oder ungeklärte vorsteuerbelastete Leistungsbezüge,
    5. Vorsteuerausschluss/-aufteilung (z. B. bei innergemeinschaftlichen Erwerben),
    6. Verwendungsabsicht des Unternehmers im Zeitpunkt des Leistungsbezugs (insbesondere beim Erwerb von gemischt genutzten Grundstücken und bei der Herstellung von gemischt genutzten Gebäuden),
    7. Rechnungen von Ausstellern, bei denen die Unternehmereigenschaft zweifelhaft ist, Zweifel an dem in einer Rechnung ausgewiesenen Leistungsinhalt oder formale Mängel in der Rechnung,
    8. Vorsteuerabzug aus dem Erwerb neuer Fahrzeuge durch Unternehmer (Abgrenzung zum nichtunternehmerischen Bereich/Fahrzeugeinzelbesteuerung).
  2. Vorsteuerberichtigungen nach § 15a UStG

    1. Grundstücksveräußerungen und -entnahmen,
    2. erstmalige Anwendung bzw. Änderung des Verwendungsschlüssels bei gemischt genutzten Grundstücken und beweglichen Wirtschaftsgütern.
  3. Neugründung von Unternehmen/Firmenmantelkauf

    1. Unternehmereigenschaft, insbesondere bei Personen, die nach Vorbereitungshandlungen keine Umsätze tätigen,
    2. erhebliche Vorsteuerüberschüsse im zeitlichen Zusammenhang mit der Neugründung,
    3. Verträge des Unternehmers mit Anteilseignern, Gesellschaftern, Mitgliedern oder nahe stehenden Personen (z. B. Gestaltungsmissbrauch bei Vermietung, Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage),
    4. Vermietung von Freizeitgegenständen (z.B. Wohnmobile, Segelschiffe).
  4. Inanspruchnahme von Steuerbefreiungen für Umsätze mit/ohne Vorsteuerabzug

    1. Umsätze nach § 4 Nr. 1 bis 7 UStG (bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Differenzen nach Abgleich der Steueranmeldung mit den gespeicherten Daten der Zusammenfassenden Meldungen),
    2. innergemeinschaftliche Erwerbe,
    3. Umsätze unter Inanspruchnahme der USt.-Befreiungen nach dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut, dem Offshore-Steuerabkommen sowie dem Ergänzungsabkommen zum Protokoll über die NATO-Hauptquartiere,
    4. Berechtigung zur Inanspruchnahme der Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8 ff. UStG.
  5. Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs

    1. Erwerbe, insbesondere durch Unternehmer, bei denen der Vorsteuerabzug ganz oder teilweise ausgeschlossen ist,
    2. Erwerbe durch Unternehmer, bei denen erhebliche Differenzen nach Abgleich der Steuererklärung für das Kalenderjahr mit den gemeldeten Lieferungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten bestehen,
    3. Erwerbe durch Unternehmer I. S. des § 18 Abs. 4a UStG, die zwar eine USt.-IdNr. beantragt, aber keine innergemeinschaftlichen Erwerbe angemeldet haben.
  6. Berechtigung zur Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 bis 10 UStG
  7. Versendungsumsätze nach § 3c UStG
  8. Leistungsort in besonderen Fällen

    1. innergemeinschaftliche Beförderungen von Gegenständen und damit zusammenhängende sonstige Leistungen § 3b Abs. 3 bis 6 UStG),
    2. Vermittlungsumsätze,
    3. Lieferungen während einer Personenbeförderung nach § 3e UStG,
    4. elektronisch erbrachte Dienstleistungen (E-Commerce).
  9. Zeitgerechte Besteuerung der Umsätze

    1. Zahlung des Entgelts oder eines Teilentgelts vor Ausführung der Leistung (insbes. in der Bauwirtschaft und bei Versorgungsunternehmen),
    2. erhebliche Abweichungen bei Umsätzen und Vorsteuern zwischen Steuererklärungen für das Kalenderjahr und Voranmeldungen oder bei Abgabe berichtigter Voranmeldungen.
  10. Insolvenzfälle

    1. Zwangsverwaltung von Grundstücken (Zuordnung der Umsätze, Umfang der Option, Vorsteuerabzug und Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG),
    2. vorläufige Insolvenzverwaltung (z. B. bei Zweif...

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