Leitsatz

Wer seinen Erstwohnsitz nur 4- bis 6-Mal Mal pro Jahr aufsucht, hat dort keinen Lebensmittelpunkt. Mit dieser Begründung erkannte das FG München jetzt die Kosten einer doppelten Haushaltsführung bei einer Erzieherin ab.

 

Sachverhalt

Eine alleinstehende Erzieherin unterhielt in der Nähe ihrer Arbeitsstätte eine (Zweit-)Wohnung, als Erstwohnsitz gab sie eine Wohnung im Dachgeschoss ihres elterlichen Hauses an, dass 680 km von der Arbeitsstätte entfernt lag. Das Finanzamt erkannte die Kosten der doppelten Haushaltsführung nicht an, da es davon ausging, dass die Erzieherin das elterliche Haus nur für wenige Besuchsfahrten im Jahr aufgesucht hatte und sich ihr Lebensmittelpunkt deshalb nicht an diesem Ort befunden hatte, sondern am Beschäftigungsort. Die Erzieherin wollte ihren Lebensmittelpunkt am Erstwohnsitz glaubhaft machen, indem sie auf ihre dortigen Arztbesuche und ihre dortige Vereinsarbeit verwies.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass die doppelte Haushaltsführung nicht anzuerkennen ist. Denn zur Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung ist es erforderlich, dass der Arbeitnehmer seinen Lebensmittelpunkt am Erstwohnsitz hat. Hiervon ist bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer auszugehen, wenn er sich dort im Wesentlich nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit aufhält. Für die Anerkennung eines Lebensmittelpunktes genügt es hingegen nicht, wenn er sich lediglich eine Wohnung für gelegentliche Besuche oder Ferienaufenthalte vorhält (= kein Unterhalten eines Hausstands). Indizien für den Lebensmittelpunkt sind unter anderem, wie oft und wie lange sich der Arbeitnehmer in der jeweiligen Wohnung aufgehalten hat, wie groß die Wohnungen sind und wie diese ausgestattet sind. Von Bedeutung sind auch die Entfernung zwischen den Wohnungen, die Zahl der Heimfahrten und die bestehenden sozialen Kontakte zu den jeweiligen Orten.

Die Erzieherin im Urteilsfall konnte ihren Lebensmittelpunkt am Erstwohnsitz nach diesen Maßstäben nicht hinreichend glaubhaft machen.

Ein Vergleich der Wohnungsgrößen und -ausstattungen war dem FG nicht möglich, da die Erzieherin hierzu im Prozess nur vage Angaben gemacht hatte. Insofern ließ sich nicht der Schluss ziehen, dass die Wohnung im elterlichen Haus hinsichtlich der Wohnqualität die Zweitwohnung am Beschäftigungsort übertroffen hatte. Auch durch die sozialen Kontakte ließ sich nicht auf einen Lebensmittelpunkt am elterlichen Wohnort schließen. Zwar hatte die Erzieherin durchaus Bezugspunkte zu diesem Ort (durch Arztbesuche, Bezug der lokalen Tageszeitung, Vereinsarbeit), dennoch blieben ihre Angaben auch in diesem Punkt vage. Wie viel Zeit sie tatsächlich mit der Vereinsarbeit verbracht hatte und welche sozialen Kontakte sie dort im Detail unterhielt, konnte sie dem Gericht nicht näher darlegen. Letztlich sprachen auch die wenigen nachgewiesenen Heimfahrten (im Jahr 2007: 4; im Jahr 2008: 6) und die monatelangen Abwesenheitszeiten von der Erstwohnung gegen einen dortigen Lebensmittelpunkt.

 

Hinweis

Das Urteil zeigt, dass mitunter einige Darlegungsbemühungen erforderlich sind, um den Lebensmittelpunkt am Erstwohnsitz glaubhaft zu machen. Vage Angaben zu sozialen Kontakten, Wohnungsgrößen und -ausstattungen, sowie Heimfahrten überzeugen weder Finanzamt noch Finanzgericht.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 15.11.2012, 5 K 1116/11

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