4.1 Digitalisierungsstrategie für den Einkauf

Die verschiedenen Anwendungsfälle verdeutlichen die Potenziale einer konsequenten Anwendung der Digitalisierung im Einkauf. Um jedoch eine systematische Weiterentwicklung des Einkaufes zu betreiben und nicht Insellösungen für einzelne Probleme zu schaffen, sollte eine Digitalisierungsstrategie erarbeitet werden.

Implementierung durch parallel laufende Use Cases

Die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie startet mit der Definition eines Zielbilds für den digitalisierten Einkauf. Dieses beschreibt u. a., welche Technologien zukünftig verwendet werden sollen und welche Einkaufsprozesse mithilfe einer Digitalisierung verbessert werden sollen. Damit gibt das Zielbild eine langfristige Orientierung und schafft klare Leitplanken für die Erarbeitung konkreter Anwendungsszenarien. Eine wichtige Grundvoraussetzung ist dabei die Verfügbarkeit von funktionsübergreifenden und harmonisierten Daten, die sich zur Erfassung, Aufbereitung und Analyse durch die Systeme eignen.

Anhand klarer Meilensteine lassen sich der Fortschritt sowie die Erfolgswahrscheinlichkeit einzelner Anwendungsszenarien kontinuierlich bewerten und eine Reallokation von Entwicklungskapazitäten vornehmen. Durch die schnelle und frühzeitige Erarbeitung von Prototypen lassen sich die Auswirkungen und Potenziale neuer Technologien frühzeitig bewerten und fördern zugleich die Akzeptanz im Einkauf.

Umstrukturierung zur globalen Einkaufsorganisation

Neben der Erarbeitung von Prototypen ist aber gleichzeitig die Einkaufsorganisation für den Einsatz neuer Technologien und Arbeitsweisen vorzubereiten. Je nach Bedarf und Organisation können Umstrukturierungen der Aufgaben oder Verantwortlichkeiten notwendig sein. Auch das Personal bedarf intensiver Schulungen und Anwendungsworkshops, damit die Nutzung der neuen Möglichkeiten im Einvernehmen mit den Möglichkeiten der Systeme steht.

4.2 Probleme in der Praxis

Fehlende Kompatibilität

Nach wie vor gestaltet sich die Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie schwierig; häufig insbesondere aufgrund der Komplexität der Anwendungstools. Als gängiges Problem erweist sich des Öfteren das reibungslose Zusammenspiel sowie die Verknüpfung verschiedener interner und externer Systeme. Bei mangelnder Kompatibilität kann der Datenaustausch nicht reibungslos funktionieren und das Potenzial der Analysen nicht voll ausgeschöpft werden, wodurch sich evtl. Verfälschungen der Analyseergebnisse ergeben könnten.

Geschulte Mitarbeiter sind notwendig

Eine weitere Problematik können nicht vorhandene Kompetenzen und Fertigkeiten der Mitarbeiter darstellen, wodurch sich die Implementierung einer digitalen Einkaufsstrategie verzögern oder die alltägliche Anwendung der Systeme schlicht verhindert werden kann. Änderungen in den benötigten Rollen oder Kompetenzen von Personen sind durch Personalentwicklungsmaßnahmen konsequent zu begleiten.

Auch im Bereich Datenschutz können Erschwernisse durch den internen und externen Datentransfer auftreten, wenn Regulierungen den Austausch und die Verarbeitung der Daten blockieren.

4.3 Lessons Learned

Steigerung der Nutzerakzeptanz durch Projektteams

Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass insbesondere ein Vorgehen mithilfe kleiner Projektteams, die individuelle Prototypen entwickeln, die allgemeine Neugier gefördert und die Nutzerakzeptanz deutlich gesteigert werden. Gleichzeitig werden Erfolge schneller sichtbar und es müssen keine langwierigen Implementierungszeiträume überdauern. Darüber hinaus kann damit der Dynamik der Unternehmensumwelt Rechnung getragen werden, die die Adaptionsfähigkeit neuer Systeme stets vor große Herausforderungen stellt (s. Abb. 8).

Abb. 8: Lessons Learned aus Big-Data-Projekten

Interdisziplinäre Projektzusammensetzung erfolgsentscheidend

Darüber hinaus ist im Vorfeld einer Digitalisierungsstrategie der interdisziplinäre Charakter der Projektzusammensetzung für eine erfolgreiche Umsetzung von entscheidender Bedeutung. Durch die Partizipation verschiedener Fachbereiche werden unterschiedliche Perspektiven sowie Datenquellen zusammengeführt. Dadurch wird das Entstehen einer Lösung gefördert, deren Anwendungsbereich nicht ausschließlich auf den Einkauf begrenzt ist, sondern auch anderen Unternehmensfunktionen Nutzen stiftet.

Zusammenarbeit von Mensch und Technologie essenziell

Die digitale Einkaufsstrategie sowie die Organisation und Kultur des Unternehmens müssen miteinander harmonisieren, damit eine Umstellung auf digitalisierte und automatisierte Prozesse möglich ist. Es ist notwendig zu verstehen, dass die Technologie nicht den kompletten Beschaffungsprozess ersetzen kann. Die strategische Steuerung der Prozesse ist wichtig und kann nur funktionieren, wenn Mensch und Technologie zusammenarbeiten und das Potenzial ausschöpfen, das sich aus dem Zusammenspiel ergibt. Die Notwendigkeit zur Erhaltung persönlicher Kontakte zu Lieferanten und Kunden darf deshalb nicht unterschätzt werden, da Technologien keinen Ersatz für das Netzwerk in persona darstellen.

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