Rz. 58

Mit dem DCGK hat sich Deutschland hinsichtlich der Corporate Governance in Europa positiv profiliert. Nach Ansicht des Verfassers war die Anerkennung des DCGK durch die einzelnen Gesellschaften in den ersten Jahren akzeptabel. Auch im Jahr 2014 ist die Akzeptanz weiter angestiegen.[1] Im Schrifttum wird allerdings auf eine wahrnehmbare Differenzierung nach der Größe des börsennotierten Unternehmens hingewiesen.[2] In einzelnen Fällen sind die Satzungen angepasst worden, sodass sich die erklärungsbedürftigen Abweichungen vom DCGK grundsätzlich noch weiter verringern dürften. In der Zukunft ist auch sonst mit einer tendenziellen Zunahme der Anerkennung der einzelnen Empfehlungen und Hinweise des DCGK neben der Selbstverständlichkeit der Befolgung gesetzlicher Vorschriften zu rechnen.

 

Rz. 59

Der DCGK besitzt zwar keine Qualität eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung, da er in der Normenhierarchie niedriger angesiedelt ist. Dieser Umstand und die behauptete Lückenhaftigkeit des DCGK wird im Schrifttum bedauert.[3] Doch sollten von den Mitgliedern der Organe die Rechtsfolgen aus der Abgabe einer unzutreffenden Entsprechenserklärung nach § 161 AktG nicht unterschätzt werden.

Beginnend mit den über § 342 HGB im Gesetz verankerten Deutschen Rechnungslegungsstandards legt der Gesetzgeber offensichtlich im Bereich der Rechnungslegung und der Unternehmensorganisation immer mehr eigentlich hoheitliche Aufgaben in die Hände von privaten Standardsettern. Diese Regelungen werden dann durch eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger in der Normenhierarchie auf ein höheres Niveau angehoben. Ähnlich verhält es sich mit der Bekanntmachung des DCGK im elektronischen Bundesanzeiger.

Insgesamt ist mit einer weiteren Verschärfung der die Corporate Governance betreffenden Normen in Deutschland sowohl durch den Gesetzgeber als auch durch die Kodex-Kommission zu rechnen.[4] Hierzu kann auf die Entwicklung diverser Anregungen des DCGK zu Empfehlungen des Kodex und der zu schließenden Verankerung im Gesetz verwiesen werden.[5] Zudem wurde auch mit der Umsetzung der Aktionärsrichtlinie der Corporate Governance-Bericht neu im Gesetz gefasst, um die an unterschiedlichen Stellen im Gesetz verankerten Pflichten stärker zu konzentrieren. Der Arbeitskreis Corporate Governance Reporting der Schmalenbachgesellschaft für Betriebswirtschaftslehre e. V. hat dazu Vorschläge unterbreitet,[6] die aber nur teilweise vom Gesetzgeber in der Erklärung zur Unternehmensführung bzw. von der Kodex-Kommission im DCGK 2020 bzw. 2022 umgesetzt wurden.[7] Auch Hopt/Leyens sehen bei allem Lob für das bislang Erreichte weiteres Verbesserungspotenzial im Kodex und der Berichterstattung über die Corporate Governance, insbesondere bezüglich der Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder, der Flexibilität von Vergütungssystemen und des stärkeren Einbezugs internationaler Themen, wie dem Vergütungsausschuss, der vorstandsunabhängigen Information, der Aus- und Weiterbildung, der Selbstbeurteilung und dem Aufsichtsratsvorsitzenden.[8]

[1] Werder/Turkali, DB 2015, S. 1357 ff.
[2] Oser/Orth/Wader, DB 2003, S. 1337 ff.
[3] Bender/Vater, DStR 2003, S. 1807 ff.
[4] Vgl. Thüsing, DB 2003, S. 1612 ff.
[5] Beispielhaft sei hier der individuelle Ausweis von Vorstandsvergütungen genannt.
[6] Vgl. Arbeitskreis Corporate Governance Reporting der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaftslehre e. V., DB 2016, S. 2130.
[7] Vgl. Buhleier, Reform des DCGK 2022, DB 23-24/2022, S. M4 ff.
[8] Vgl. Hopt/Leyens, ZGR, S. 994 f.

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