Ende der neunziger Jahre wurde die Thematik einer Balanced Scorecard von produktbegleitenden Dienstleistungen erstmals aufgegriffen und unter dem Titel einer Service Scorecard behandelt.[1] Grundlegende Kernaspekte und -aufgaben der Balanced Scorecard wurden bereits vorgestellt. Im abschließenden Teil des Beitrags wird auf einen möglichen Entwicklungsprozess einer Balanced Scorecard produktbegleitender Dienstleistungen eingegangen. Die in Abb. 8 dargestellte Vorgehensweise soll als Leitfaden zur Erstellung dienen.

Abb. 8: Aufbaustufen einer Balanced Scorecard produktbegleitender Dienstleistungen[2]

[1] Vgl. Schuh (1999), S. 32 ff.
[2] In Anlehnung an Seidenschwarz/Gleich (2001), S. 626; Kinkel (2003), S. 120 ff.; Woratschek/Roth/Schafmeister (2005). Zu den Ausführungen s. Kinkel (2003), S. 120 ff.; Woratschek/Roth/Schafmeister (2005) sowie Gleich/Geßner (2008), S. 170 f.

5.2.1 Vision und strategische Dienstleistungsziele festlegen

Präzise Definition strategischer Ziele

Am Anfang stehen die Vision und die strategische Ausrichtung der Dienstleistungsprozesse im Unternehmen. Bei der Auswahl der strategischen Ziele, die mit der jeweiligen Dienstleistung verfolgt werden, ist darauf zu achten, sich auf wesentliche und wichtige Ziele zu fokussieren. Auch hier gilt das Credo "weniger ist mehr" und die ausgewählten strategischen Ziele sind möglichst konkret und präzise zu beschreiben.

Die Bandbreite möglicher Zielsetzungen von produktbegleitenden Dienstleistungen ist groß und kann von einer reinen Unterstützung beim Vertrieb der Leistungen bis hin zur zentralen Unternehmensaktivität reichen. Die ausgewählten strategischen Ziele werden der jeweiligen Perspektive der Balanced Scorecard zugeordnet.

5.2.2 Wertschöpfungslogik und Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge analysieren

Grundlegende Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge erarbeiten

Im engen Zusammenhang mit der Strategie stehen die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der produktbegleitenden Dienstleistungen im Unternehmen. Auf Basis der Wertschöpfungskonfigurationen, die sich auf verschiedene Wertschöpfungslogiken (Wertkette, Wertshop, Wertnetz) beziehen, sind die grundlegenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu erarbeiten. Dazu ist vorerst die Art der Wertschöpfungslogik festzulegen, die folgende beispielhafte Formen annehmen kann:[1]

  • Die Wertkette, die auf Porter[2] zurückgeht, beschreibt eine Wertschöpfungslogik, deren primäre Aktivitäten (z. B. Eingangslogistik, Operationen, Ausgangslogistik) direkt auf die Wertschöpfung einwirken.
  • Der Wertshop ist eine Wertschöpfungsart, bei der die konkrete Erfüllung einer Problemlösung des Kunden im Vordergrund steht, wodurch sich Wertshops im besonderen Maße flexibel und individuell an die Bedürfnisse der Kunden anpassen müssen. Ein Beispiel für Industrieunternehmen ist die Geschäftseinheit Inhouse Consulting.
  • Bei Wertnetzen wird es den Teilnehmern ermöglicht, miteinander in Kontakt zu treten, wodurch eine Intermediationsfunktion vorherrscht. Hierbei wird Wertschöpfung in erster Linie durch die Verbindung der Netzwerkteilnehmer (z. B. Onlinenetzwerk zwischen Kunden und Unternehmen) generiert. Somit liegt der wesentliche Wert eines Netzwerks in den Kontakten der Teilnehmer.

Strategische Ziele in Beziehung setzen

Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge dienen dazu, die strategischen Ziele der produktbegleitenden Dienstleistungen in ihren Wirkungen in Beziehung zu setzen und positive wie auch negative Wirkmechanismen zu analysieren. Zudem kann anhand der Ursache-Wirkungs-Ketten und der verbundenen Identifikation der Kosten- und Werttreiber ermittelt werden, inwieweit die entwickelte Balanced Scorecard eine homogene Einheit darstellt, wo sich Bottlenecks und Treiber des Dienstleistungserfolgs befinden und ob kontraproduktive Wirkungszusammenhänge vorherrschen. Die Analyse dient somit als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Kennzahlensystems.

[1] Siehe Woratschek/Roth/Schafmeister (2005).
[2] Porter (1992).

5.2.3 Kennzahlen und zugehörige Zielgrößen festlegen

Mindestens eine Kennzahl pro Ziel definieren

Zu den strategischen Zielen sind im nächsten Schritt geeignete Messgrößen und Kennzahlen zu ermitteln und den jeweiligen strategischen Zielen zuzuordnen. Zu jedem Ziel ist zumindest eine Kennzahl zu definieren, wobei die analysierten Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge als Informationsbasis dienen und die Kennzahlen in Abhängigkeit der Kosten- und Werttreiber identifiziert werden. Zu den definierten und ausgewählten Messgrößen sind dementsprechende Zielgrößen festzulegen, die in einem definierten Zeitraum erreicht werden sollen.

5.2.4 Soll-Ist-Vergleich und Ableiten von strategischen Maßnahmen

Ableiten strategischer Maßnahmen

Zu den festgestellten Sollwerten sind Istwerte zu erheben, deren Vergleich eine notwendige Voraussetzung für das Ableiten konkreter Maßnahmen darstellt. Erst durch das Identifizieren und die Priorisierung der Maßnahmen wird die Balanced Scorecard zu einem ganzheitlichen Controlling-Instrument, das es ermöglicht, strategische Ziele mit operativen Maßnahmen zu verknüpfen. Somit kann dem Erreichen der strategischen Ziele Rechnung getragen und ein langfristiger Erfolg der angebotenen produktbegleitenden Dienstleistungen gesichert werden.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge