Wie man sieht, ist der traditionelle Fokus des Risikomanagements ausgerichtet auf Einzelrisiken und Risikoarten und eben nicht auf anstehende Entscheidungen bezüglich Handlungsoptionen oder Maßnahmen, die den Risikoumfang beeinflussen. Der ökonomische Mehrwert des Risikomanagements ergibt sich jedoch im erheblichen Teil gerade dadurch, dass bei der Vorbereitung wesentlicher (strategischer) unternehmerischer Entscheidungen Risikoanalysen vorgenommen werden, um aufzuzeigen, welcher Risikoumfang sich ergeben wird, falls eine zu beurteilende Entscheidung getroffen würde (Was-wäre-wenn-Analyse).

Diese Denkweise einer integrierten, an Entscheidungen orientierten "risiko- und wertorientierten Unternehmensführung", die das traditionelle Risikomanagement als Baustein einbezieht, zeigt Abb. 3.[1]

Abb. 3: Risikoanalyse und Bewertung zur Entscheidungsvorbereitung

In Abb. 3 findet man wieder den "traditionellen" Risikomanagement-Kreis. In dem hier erläuterten ganzheitlichen, entscheidungsorientierten Ansatz leisten die Managementsysteme jedoch mehr. Es wird der Beitrag von Risikomanagementfähigkeiten, unabhängig von der Zuordnung auf eine spezifische Abteilung, bei der fundierten Vorbereitung wichtiger unternehmerischer Entscheidungen erwartet.

Wie man am Einstiegspunkt A sehen kann, sind zunächst "Ideen" für mögliche wesentliche Handlungsoptionen und Maßnahmenbündel der Unternehmensführung aus allen Themenfeldern – Strategie, Investition und Finanzierung, Produktentwicklung etc. – systematisch zu erfassen. Nun ist es die Aufgabe von Controlling und Risikomanagement im Zusammenspiel aufzuzeigen, welche Implikationen eine Entscheidung für die zukünftige Entwicklung des Ertrags und des Risikoumfangs haben würde. Es ist also insbesondere eine Risikoanalyse bezogen auf die geplante Handlungsoption vorzunehmen.

Man erkennt den Unterschied: Fokus der Analyse ist nicht der aktuelle Status quo des Unternehmens oder eines laufenden Projekts. Fokus ist nun die Analyse einer möglichen Handlungsoption, um aufzuzeigen, wie sich die Ertragslage und der aggregierte Gesamtrisikoumfang des Unternehmens verändern würden, wenn die Unternehmensführung sich für diese Handlungsoption entscheiden würde. Eine solche Vergleichsrechnung kann man in Abb. 4 sehen, die die Implikationen einer Handlungsoption – Investition in einen neuen Ausgangsmarkt – auf Ertrag, aggregierten Gesamtrisikoumfang (Eigenkapitalbedarf), Rating (für Basis- und Stressszenarien) und eben den Unternehmenswert als Performancemaß zeigt.

Abb. 4: Bewertung einer strategischen Handlungsoption (Fallbeispiel)

Die notwendigen Berechnungen zur Beurteilung des Ertrag-Risiko-Profils einer Entscheidungsvorlage, wie in Abb. 4 gezeigt, werden in Abschnitt 7 "Anhang 2: Exkurs für Spezialisten – Risikogerechte Bewertung von Strategien, Maßnahmen und Handlungsoptionen" erläutert.

[1] S. Gleißner/Kalwait "Integration von Risikomanagement und Controlling: Plädoyer für einen neuen Umgang mit Planungsunsicherheit im Controlling" im vorliegenden Band für einen integrierten Ansatz und die entsprechende Sichtweise einer Verknüpfung von Planung und Risikomanagement in den neuen "Grundsätzen ordnungsgemäßer Planung", z. B. Gleißner/Romeike, 2012.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge