Investitionsgüter durchlaufen verschiedene Nutzungsphasen, die insgesamt als Lebenszyklus verstanden werden können. Ihr Lebenszyklus reicht von der Planung über die Entwicklung/Konstruktion, die Herstellung/Errichtung, die Inbetriebnahme, den Betrieb, ggf. einen Umbau oder die Optimierung bis hin zur Entsorgung.[1] Obwohl auch in der Vergangenheit bereits produktbegleitende Dienstleistungen angeboten wurden, lag der Fokus der Investitionsgüterhersteller auf den ersten Phasen des Lebenszyklus. Produktbegleitende Dienstleistungen galten lange Zeit nicht als strategischer Erfolgsfaktor. Dabei machen die eigentlichen Anschaffungskosten bspw. bei einer Werkzeugmaschine nur ein Drittel der Lebenszykluskosten aus. Der viel größere Block fällt, wie in Abb. 4 dargestellt, erst nach der Beschaffung in der Betriebsphase an. So betragen allein die Kosten für die produktbegleitenden Dienstleistungen Instandhaltung und Wartung im Laufe einer 10-jährigen Betriebsphase rund 35 % der gesamten Lebenszykluskosten einer Werkzeugmaschine. Sie liegen damit in der Größenordnung der eigentlichen Maschinenbeschaffung.[2]

Abb. 4: Verteilung der Kosten im Lebenszyklus einer technischen Anlage[3]

Neben der wettbewerblichen Motivation bieten produktbegleitende Dienstleistungen den Industrieunternehmen folglich ein erhebliches Umsatzpotenzial über die Anschaffungsphase hinaus. Während der Betriebsphase besteht ein kontinuierlicher Bedarf an produktbegleitenden Dienstleistungen, wodurch der Hersteller durch das Anbieten von Dienstleistungen seine Umsatzerlöse stabilisieren kann. Dies gilt insbesondere in konjunkturschwachen Phasen, wenn die Nachfrage nach Neuanlagen zurückgeht, dafür jedoch meist der Bedarf an Ersatzteilen, Wartung und Instandhaltung steigt.

Produktbegleitende Dienstleistungen werden typischerweise in den in Abb. 5 dargestellten Stufen angeboten, denen unterschiedliche Geschäftsmodelle zugrunde liegen. Handelt es sich in der Stufe 1 lediglich um ein informelles Serviceangebot, das meist auf Wunsch des Kunden ohne vertragliche Vereinbarung ausgelöst wird, so basiert die Stufe 2 auf unterschiedlichen Varianten von Dienstleistungsverträgen. Vertragsbasierte Formen reichen von reinen Inspektionsverträgen, bei denen sich der Hersteller lediglich verpflichtet, die Funktionsfähigkeit des Investitionsobjekts zu überprüfen, bis hin zu Full-Service-Verträgen. Bei letzteren garantiert der Hersteller eine umfassende Verfügbarkeit von Servicetechnikern bis hin zu Mindestverfügbarkeiten der Anlage.[4] Auf derartigen Verfügbarkeitsgarantien basieren schließlich industrielle Betreibermodelle. Hier verschwimmt nun die Grenze zwischen Sachgut und Dienstleistung zum hybriden Leistungsbündel, da der Kunde letztlich kein Sachgut, sondern eine auf dem Sachgut basierende umfassende Dienstleistung als seine Problemlösung nachfragt, z. B. eine bestimmte Fördermenge für seine Prozesse.

Abb. 5: Von der Feuerwehrmethode zu Betreibermodellen hybrider Leistungsbündel

Nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Ausprägungen industrieller Betreibermodelle in der Praxis hat sich noch keine eindeutige Definition etabliert. Die Spanne der Betreibermodelle reicht dabei von der reinen Verantwortungsdelegation zum Betreiben der Anlage, bis hin zu Betrieb und Finanzierung der Anlage während der Betriebsphase. Hier übernimmt der Investitionsgüterhersteller dann das gesamte operative Geschäft, einschließlich der Assets, nach den Prinzipien "pay per use" bzw. "pay per performance".[5] Einige Geschäftsmodelle auf Basis hybrider Leistungsbündel weichen daher stark von traditionellen Ein- und Auszahlungsströmen im Investitionsgütergeschäft ab. Drei grundlegende HLB-Geschäftsmodelle lassen sich unterscheiden:[6]

  1. Das funktionsorientierte HLB-Geschäftsmodell

    Dem Kunden wird die Funktionsfähigkeit einer von ihm beauftragen Sachleistung durch die Integration produktbegleitender Dienstleistungen garantiert. Notwendige Dienstleistungen werden, anders als beim reinen Anlagengeschäft, bereits bei der Planung und Entwicklung berücksichtigt. Zu Beginn der Betriebsphase findet nach wie vor ein Eigentumsübergang der Sachanlage statt. Dienstleistungen werden dann i. d. R. einzeln über einen Wartungsvertrag o. ä. abgerechnet. Ein- und Auszahlungsströme unterscheiden sich somit wenig vom traditionellen Investitionsgütergeschäft. Werden die produktbegleitenden Dienstleistungsanteile bei der systematischen Planung und Entwicklung der HLB berücksichtigt, können sie feste Bestandteile des Geschäftsmodells sein und bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung Beachtung finden.

  2. Das verfügbarkeitsorientierte HLB-Geschäftsmodell

    Der Anbieter garantiert neben der grundsätzlichen Funktionsfähigkeit zudem die dauerhafte Einsatzfähigkeit der Sachleistung. Hierzu übernimmt er weitergehend Geschäftsprozesse des Kunden in Eigenregie, wie z. B. im Rahmen des Anlagenmanagements die vorbeugende Instandhaltung oder die laufende Optimierung der Anlage. Anlagen können im Eigentum des Anbieters verbleiben oder auf d...

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