Strategie ist die Kunst, Ziele so zu setzen und durchzusetzen, dass für alle anderen die beste Option darin besteht, mit unserem Unternehmen zu kooperieren.

Unverzichtbar für andere werden

Der Satz ist leicht geschrieben und schwer gelebt. Er setzt innere Stärke, Bereitschaft zu Offenheit und Transparenz, ständigen Anpassungswillen an die Veränderungen der Umweltbedingungen und vor allem klare Vorstellungen über den Sinn der eigenen Tätigkeit voraus. Doch es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie wir eine solche Position erreichen können. Solange alle anderen es als Vorteil ansehen, dass wir auf dem Markt agieren, haben wir unsere langfristigen (Über-)Lebensperspektiven selbst in der Hand. Das ist das oberste Streben jeder Strategie.

Strategie und "Steigerung des finanziellen Firmenwertes" sind nicht dasselbe

In der Praxis wird unternehmerische Strategie allerdings häufig auf "Cash" reduziert: Als Folge der Theorie der "wertorientierten Unternehmensführung" ist es üblich geworden, alle Aktivitäten eines Unternehmens auf den finanziellen Firmenwert auszurichten, also den ausschüttbaren Cashflow und den Verkaufswert der Geschäftsanteile. Alle anderen Interessen gelten nur soweit als zielführend, wie sie diese primäre Ausrichtung unterstützen. Bei börsennotierten Unternehmen kommt hinzu, dass die Geschäftsanteile im Durchschnitt weniger als ein Jahr gehalten werden.[1] Daraus ergibt sich eine Tendenz zu kurzfristigen Entscheidungen, die eher spekulative Aktionen mit unmittelbar ausweisbaren Erfolgschancen fördern als nachhaltige Wirtschaftlichkeit. Man mag darauf verweisen, dass in der Theorie Wertorientierung immer auch mit der nachhaltigen Entwicklung von Werttreibern verbunden wird.

"Wertorientierung" fördert in der Praxis spekulatives Verhalten

Leider ist die Praxis in dieser Beziehung der Theorie nicht gefolgt – sie wird vom börsengeprägten Kapitalmarkt dominiert, der den von seinen Protagonisten beherrschten Unternehmen den Charakter spekulativer Finanzanlagen verleiht.

Shareholder-Value-Doktrin ist schädlich und gefährlich

In einem solchen Kontext hat Wertorientierung einen vorwiegend kurzfristigen Charakter und steht dem Ziel nachhaltigen Wirtschaftens kontraproduktiv gegenüber. Das hat maßgeblich zu einer Entwicklung beigetragen, die das internationale Finanz- und Wirtschaftssystem gegenwärtig so schwer erschüttert. Fredmund Malik sprach deshalb bereits im Jahre 2005 von der Shareholder-Value-Doktrin als der "schädlichste(n) und gefährlichste(n) Entwicklung der letzten zehn bis fünfzehn Jahre, und zwar in jeder Dimension: für das Unternehmen selbst, für seine Gesellschafter und für die Wirtschaft als Ganzes".[2]

Das entspricht auch der Überzeugung von Peter Drucker, der die Auffassung vertrat, "dass es so etwas wie Gewinn überhaupt nicht gibt, sondern nur Kosten; Kosten des laufenden Geschäfts und Kosten, um im Geschäft zu bleiben." Er hat daher logisch konsequent auch betont, dass "the proper question for any management is not "What is the maximum profit this business can yield?" It is ‘What is the minimum profitability needed to cover the future risk of this business?’"[3]

Gewinn ist kein strategisches Ziel. Es geht um die Fähigkeit des Unternehmens, den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden

Demnach müssen die strategische Zielfindung, Planung und Steuerung auf die Fähigkeit jedes Unternehmens ausgerichtet werden, den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden. Dazu braucht jeder Betrieb adäquate Mittel. Sie zu erwirtschaften, darin besteht sein operativer Erfolg. Diese Forderung ist vor mehr als 60 Jahren auch von Eugen Schmalenbach entwickelt worden: "… für unsere Betrachtung (ist) Erfolg … etwas anderes als Einkommen. Das Einkommen ist etwas auf eine Person oder einen Personenkreis Bezogenes. Der Erfolg dagegen ist Betriebserfolg"[4]; aus dieser Sicht widerspiegeln die Kosten das Einkommen, das andere aus dem Betrieb des Unternehmens ziehen; während der Gewinn dem Betrieb für Existenzsicherung und innovative Weiterentwicklung verbleibt.[5]

[1] Vgl. Porter/Lorsch (2005), S. 118.
[2] Malik (2005), S. 15 f.
[3] Drucker (1982), S. 52.
[4] Schmalenbach (1948), S. 20.
[5] Friedag/Schmidt bezeichnen diesen Betriebserfolg als Innovationsbeitrag; vgl. Friedag/Schmidt (2009), S. 122 ff.

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