Festlegung der notwendigen Informations­breite und -tiefe

Neben der organisatorischen Eingliederung muss die Unternehmensleitung zusammen mit dem Controlling entscheiden, in welchem Umfang das Carbon Accounting Informationen erfassen soll. Dies bestimmt maßgeblich den Implementierungsaufwand des Carbon Accounting. Es muss festgelegt werden,

  • ob eher ein produktionsbezogener Gate-to-Gate-Ansatz oder eher ein Cradle-to-Grave-Ansatz verfolgt werden soll,
  • welche Emissionsarten im Rahmen des Carbon Accounting zu berücksichtigen sind: nur Kohlenstoffdioxid, alle im Kyoto-Protokoll festgelegten Treibhausgase oder auch andere Emissionsarten,
  • welche Objekte bei der Messung der Kohlenstoffemissionen betrachtet werden sollen: die ganze Unternehmung, einzelne Unternehmenseinheiten, Prozesse oder Produkte,
  • welche Emissionsquellen durch das Carbon Accounting abgedeckt werden sollen: lediglich die selbst verursachten CO2-Emissionen oder zusätzlich die Emissionen, die durch Zulieferer entstehen; die Emissionen, die maßgeblich an der Produktentstehung beteiligt sind, oder auch die, die bei der Produktion der im Einsatz befindlichen Betriebsmittel entstanden sind[1].

Anhand dieser Entscheidungsmöglichkeiten werden im Schrifttum unterschiedliche Reifegrade des Carbon Accounting unterschieden (vgl. Abb. 6).

Abb. 6: Reifegrade des Carbon Accounting[2]

In der Unternehmenspraxis am weitesten verbreitet ist der Reifegrad 1. Indes ist die Terminologie "Reifegrad" unglücklich gewählt. Solange es an Standardisierungen mangelt und deshalb Unternehmensvergleiche selbst innerhalb einer Branche nicht ohne Weiteres möglich sind, kann aus einem implementierten Carbon Accounting mit Reifegrad 1 nicht geschlossen werden, dass dieses Unternehmen weniger umweltbewusst handelt als ein Wettbewerber mit Reifegrad 3, der in seine Berechnung die unsichere Auflösung seines von Zulieferern bezogenen Inputs in CO2 (-Äquivalente) integriert. Zudem gilt es zu bedenken, dass sich die Reifegrade auch in Bezug auf den Ressourceneinsatz für das Carbon Accounting bzw. das Carbon Controlling gravierend unterscheiden.

Kurzum: Welcher Reifegrad anzustreben und zweckmäßig ist, muss das Management entscheiden. Es sollte grundsätzlich den unmittelbaren ökonomischen Nutzen für ein nachhaltiges Wirtschaften in Betracht ziehen. Dieser ist aber unsicher und bislang nur unzureichend quantifizierbar. Daher werden in der Praxis die Erwartungen von Investoren, Gesetzgeber und Öffentlichkeit die relevanten Faktoren für eine Carbon-Accounting-Strategie sein. Je nach Positionierung und Marktverhältnissen wird zudem den Kunden des Unternehmens eine gewichtige Rolle bei der Festlegung der Strategie zukommen.

[1] Eitelwein/Goretzki, ZfCM 1/2010, S. 28 f.
[2] Eitelwein/Goretzki, ZfCM 1/2010, S. 30.

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