Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlung der Betriebsaufspaltung im Gewerbesteuerrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Die Rechtsgrundsätze des Bundesfinanzhofs zur Behandlung der Betriebsaufspaltung im Gewerbesteuerrecht sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 3; GewStDV § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 9; GewStG § 2 Abs. 1, 2 Nr. 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; StAnpG § 1 Abs. 2-3

 

Tatbestand

A.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich dagegen, daß der BFH und die Verwaltungspraxis bei der sogenannten Betriebsaufspaltung das Besitzunternehmen als selbständigen Gewerbebetrieb behandeln und deshalb der Gewerbesteuer unterwerfen.

I.

1. Der Gewerbesteuer unterliegt nach § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbebetrieb. Gewerbebetrieb ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GewStDV

eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, …

Demgegenüber begründet die reine Vermögensverwaltung keinen Gewerbebetrieb. Sie ist nach § 9 GewStDV anzunehmen,

wenn Vermögen genutzt, zum Beispiel Kapitalvermögen verzinslich angelegt, unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind jedoch nach § 21 Abs. 3 EStG

Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören.

Für die Zurechnung zu anderen Einkunftsarten kommen u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Rahmen eines. Gewerbebetriebs in Betracht. In diesem Fall führt eine solche „qualifizierte Vermietung oder Verpachtung” in der Regel zur Gewerbesteuerpflicht.

2. Bei der eigentlichen Betriebsaufspaltung handelt es sich um die Aufspaltung eines bisher einheitlichen, als Einzelunternehmen oder in der Form einer Personengesellschaft betriebenen Unternehmens. Das bisherige Unternehmen (Besitzunternehmen) überträgt die Produktion oder den Vertrieb, meist beide zusammen, auf eilte neu gegründete Kapitalgesellschaft (Betriebsgesellschaft), in der Regel eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Das Betriebsvermögen wird ohne Betriebsgrundstücke, teilweise auch ohne Betriebseinrichtung, in die Betriebsgesellschaft eingebracht, während das verbleibende Anlagevermögen vom Besitzunternehmen an die Betriebsgesellschaft vermietet oder verpachtet wird. Neben dieser eigentlichen Betriebsaufspaltung, die durch rechtsförmliche Aufteilung des ursprünglich einheitlichen Unternehmens entsteht, gibt es auch die sogenannte uneigentliche Betriebsaufspaltung; hier werden zwei selbständig – gleichzeitig oder nacheinander – errichtete Unternehmen in derselben Weise miteinander verbunden.

Wenn das vermietete oder verpachtete Anlagevermögen die wesentliche Grundlage für den Betrieb der Betriebsgesellschaft bildet und an beiden Unternehmen dieselben Personen maßgebend beteiligt sind, so wird in ständiger Rechtsprechung des BFH wegen der engen Verbindung der beiden Rechtsgebilde außer der Betriebsgesellschaft auch das Besitzunternehmen als selbständiger Gewerbebetrieb behandelt. Obwohl die Tätigkeit des Besitzunternehmens für sich allein betrachtet eine – in der Regel – nicht der Gewerbesteuer unterliegende Vermögensverwaltung darstellt, wird demnach eine qualifizierte Vermietung oder Verpachtung angenommen mit der Folge, daß die Einkünfte aus Miete oder Pacht als gewerbesteuerpflichtige Erträge aus einem Gewerbebetrieb angesehen werden. Außerdem werden die Anteile an der Betriebsgesellschaft als notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens behandelt.

II.

1. Die Beschwerdeführer gründeten im Mai 1951 eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an deren Stammkapital sie je zur Hälfte beteiligt sind. Die Gesellschaft betrieb ihr Gewerbe zunächst in gemieteten Räumen. Im Mai 1953 erwarben die Beschwerdeführer als Miteigentümer je zur Hälfte ein Grundstück mit der Verpflichtung, sogleich ein Fabrikgebäude zu errichten. Der Betrieb der Gesellschaft mit beschränkter Haftung wurde zu einem Teil im September 1953 und vollständig Anfang 1957 in die fertiggestellten Betriebsräume (Baukosten 945 000 DM) verlegt. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung zahlte an die Beschwerdeführer eine monatliche Miete von 13 500 DM; Erträge wurden im Kalenderjahr 1957 nicht ausgeschüttet.

Das FA zog im einheitlichen Gewerbesteuermeßbescheid 1957 die aus den Beschwerdeführern bestehende Miteigentümergemeinschaft mit den Mieteinnahmen (ohne Berücksichtigung von Dauerschuldzinsen und Gewerbekapital) zur Gewerbesteuer heran. Die Sprungberufung an das FG hatte Erfolg. Das FG lehnte es ab, die für die eigentliche Betriebsaufspaltung entwickelten Grundsätze über die gewerbesteuerliche Behandlung des Besitzunternehmens auf die hier vorliegende uneigentliche Betriebsaufspaltung anzuwenden.

2. Der BFH hob dieses Urteil durch seine mit der Verfassungsbeschwerde angefochtene Entscheidung vom 16. Januar 1962 (BStBl 1962 III S. 104) auf und wies die Sprungberufung als unbegründet zurück. In Weiterführung der in seinem Urteil vom 3. November 1959 (BStBl 1960 III S. 50) und in seinem Grundsatzurteil vom 8. November 1960 (BStBl 1960 III S. 513) entwickelten Grundsätze hat er die angefochtene Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:

Ein Besitzunternehmen könne auch dann mit seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Gewerbebetrieb gewerbesteuerpflichtig sein, wenn Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft als zwei getrennte Betriebe errichtet worden seien. Beide Unternehmen müßten allerdings wirtschaftlich eng verflochten sein und einen einheitlichen Organismus bilden. Dies sei der Fall, wenn das vermietende oder verpachtende Besitzunternehmen die wesentlichen Grundlagen des Anlagevermögens besitze und dieses Anlagevermögen für den Betrieb der Betriebsgesellschaft notwendig sei. Es liege dann wirtschaftlich betrachtet ein einheitliches Unternehmen vor. Das Besitzunternehmen bediene sich für seine Zwecke des Betriebs der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und nehme über diese am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil, wodurch seine Tätigkeit zu einer gewerblichen werde und nicht nur eine Vermögensverwaltung darstelle.

Bei einem Fabrikationsbetrieb stelle das eigene Fabrikgebäude eine wesentliche Grundlage des Unternehmens dar. Es sei betrieblich und wirtschaftlich ein erheblicher, die Eigenart und den Charakter des Unternehmens bestimmender Umstand, ob das Unternehmen in fremden gemieteten oder in eigenen, für den Betriebszweck besonders hergerichteten Räumen betrieben werde. Deshalb könne die Vermietung oder Verpachtung von wesentlichen Teilen des Anlagevermögens an eine von den Vermietern beherrschte Kapitalgesellschaft steuerlich nicht ebenso behandelt werden wie die Vermietung oder Verpachtung an ein fremdes Unternehmen.

Infolge der engen betrieblichen und wirtschaftlichen Verbindung des Besitzunternehmens mit der Betriebsgesellschaft und der Identität der beide Unternehmen beherrschenden natürlichen Personen seien Gewinnverlagerungen in die private Sphäre in erheblichem Umfang möglich, z.B. durch Vereinbarung überhöhter Pachtzinsen, die bei der Betriebsgesellschaft Betriebsausgaben darstellten. Es dürfe nicht in das Belieben eines Kaufmanns gestellt sein, ob die für den Betrieb notwendigen Gegenstände in das Privatvermögen überführt würden mit der Folge, daß Wertsteigerungen, z.B. bei Veräußerung von Grundstücken, sich nicht beim Gewerbeertrag niederschlagen.

III.

1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BFH und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbescheid 1957 des FA rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG. Zur Begründung tragen sie vor:

Es verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn der BFH die steuerliche Einordnung der Einkünfte des Besitzunternehmens davon abhängig mache, ob Mieter oder Pächter eine von den Vermietern oder Verpächtern beherrschte oder eine fremde Kapitalgesellschaft sei. Zwischen den Parteien des Miet- oder Pachtvertrags bestehe keine Identität; die Kapitalgesellschaft sei vielmehr rechtlich und wirtschaftlich selbständig. Die Annahme eines Gesamtorganismus bedeute einen unzulässigen Durchgriff auf die Verhältnisse im Kreise der Gesellschafter, der auch nicht mit Hilfe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gerechtfertigt werden könne. Die Kapitalgesellschaft sei als juristische Person kein Medium, durch das sich der Vermieter oder Verpächter am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligen könne. Entscheidend komme es auf die Art und den Umfang der Tätigkeit des Besitzunternehmens an. Es müsse eine nach außen in Erscheinung tretende Tätigkeit des Vermieters oder Verpächters vorliegen, um Miet- oder Pachteinkünfte zu gewerblichen Einkünften zu machen. Die Vermietung oder Verpachtung eines Gegenstandes an einen Mieter oder Pächter erfordere bei der uneigentlichen Betriebsaufspaltung keinen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb. Wenn ein Unternehmen sich auf die Vermietung oder Verpachtung von Grundbesitz beschränke, so begründe es dadurch weder handelsnoch steuerrechtlich einen Gewerbebetrieb; das der Betriebsgesellschaft überlassene Grundstück gehöre daher zum Privatvermögen und nicht zum Betriebsvermögen der Beschwerdeführer.

Eine Betriebsaufspaltung im Sinne der Rechtsprechung des BFH liege auch deshalb nicht vor, weil beide Betriebe nicht aus einem ursprünglichen einheitlichen Unternehmen entstanden seien.

Die bloß theoretische Möglichkeit der Gewinnverlagerung reiche ebenfalls nicht aus, eine Differenzierung zu Lasten personenbezogener Kapitalgesellschaften sachlich zu rechtfertigen.

Das angefochtene Urteil sei nicht mit dem Urteil des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963 (BStBl 1964 III S. 124) zu vereinbaren, in dem der BFH bei Verpachtung eines ganzen Gewerbebetriebs dem Verpächter die Möglichkeit eingeräumt habe, seinen – ruhenden – Betrieb als fortbestehend zu behandeln, ohne ihn jedoch zur Gewerbesteuer heranzuziehen, da er während der Verpachtung nicht werbend tätig werde. Die Vermietung oder Verpachtung eines Wirtschaftsgutes sei viel weniger eine werbende Tätigkeit als die Verpachtung eines ganzen Gewerbebetriebs.

Art. 20 Abs. 3 GG sei verletzt, da die Heranziehung des Besitzunternehmens zur Gewerbesteuer nicht auf Gesetz, sondern auf der Rechtsprechung beruhe. Der BFH lege nicht das Gesetz aus; vielmehr weite er durch ergänzende Rechtsfortbildung die Steuertatbestände ohne zwingenden Grund aus und setze sich an die Stelle des Gesetzgebers. Dies führe zu einer Ausnahmebesteuerung.

2. Der BdF hält aus denselben Erwägungen wie der BFH die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.

Auch nach Ansicht des Vorstehers des FA ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet.

Der BFH verweist in seiner Stellungnahme auf seine Rechtsprechung, in der er sich mit den verfassungsrechtlichen Einwendungen auseinandergesetzt hat (Urteil vom 2. Juli 1964, HFR 1964, S. 422).

 

Entscheidungsgründe

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.

Ein Gewerbebetrieb, der eine Gewerbesteuerpflicht auslöst, setzt nach § 1 Abs. 1 GewStDV eine selbständige nachhaltige Tätigkeit voraus, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Für die Abgrenzung zwischen gewerblicher Tätigkeit im Rahmen eines Gewerbebetriebs gemäß § 2 Abs. 1 GewStG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 GewStDV und Vermögensverwaltung gemäß § 9 GewStDV kommt es entscheidend darauf an, ob die Tätigkeit des Besitzunternehmens sich „als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr” darstellt. Der BFH bejaht dies mit Rücksicht auf die zwischen beiden Unternehmen bestehenden engen wirtschaftlichen und personellen Beziehungen (BStBl 1963 III S. 505). Er hält es nicht für erforderlich, daß das Besitzunternehmen die gewerbliche Tätigkeit selbst ausübt und sich unmittelbar am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Vielmehr genüge es wegen der engen wirtschaftlichen und personellen Verflechtung der beiden Gesellschaften und des mit der Betriebsaufspaltung erstrebten einheitlichen Zweckes, daß das Besitzunternehmen mit der Vermietung oder Verpachtung einer bedeutsamen Betriebsanlage an der gewerblichen Tätigkeit der Betriebsgesellschaft und über diese am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehme.

Das BVerfG kann nicht nachprüfen, ob diese Auslegung und Würdigung des Sachverhalts richtig sind (BVerfGE 13, 318 [325]; 18, 85 [92]; 21, 209 [216]). Die verfassungsrechtliche Prüfung muß sich vielmehr darauf beschränken, ob die Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte beruht, insbesondere ob sie gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.

1. Ein solcher Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

a) Der BFH sieht in den Begriffen „Gewerbebetrieb” und „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr” spezifisch steuerrechtliche Begriffe und keine Begriffe des bürgerlichen Rechts. Zu ihrer Bestimmung und Abgrenzung berücksichtigt er deshalb wirtschaftliche Gesichtspunkte. Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise (§ 1 Abs. 2 und 3 StAnpG) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfGE 13, 318 [326 f.]; 18, 224 [233 f.]). Steuergesetze, die die Steuerpflicht an bestimmte wirtschaftliche Lebenssachverhalte anknüpfen, können unter Berücksichtigung der Vielfalt wirtschaftlicher Gestaltungsmöglichkeiten ausgelegt werden. Der BFH hat dabei nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Zwar stellt die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit des Besitzunternehmens für sich betrachtet nur eine nicht-gewerbesteuerpflichtige Vermögensverwaltung nach § 9 GewStDV dar. Demgegenüber konnte der BFH den wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit und die wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigen und deshalb das Miet- oder Pachtverhältnis im Steuerrecht anders werten, als es im Bereich des Zivilrechts geschieht. Daß diese Betrachtung nicht willkürlich ist, ergibt sich auch daraus, daß § 21 Abs. 3 EStG bereits eine Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu einer anderen Einkunftsart, insbesondere zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, vorsieht.

Die für diese Beurteilung maßgeblichen Voraussetzungen, Überlassung einer für den Bestand der Betriebsgesellschaft notwendigen Betriebsanlage und Beherrschung der Betriebsgesellschaft durch die Gesellschafter des Besitzunternehmens, sind auch regelmäßig bei der uneigentlichen Betriebsaufspaltung gegeben. Deshalb ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der BFH das Besitzunternehmen als gewerbesteuerpflichtig ansieht.

b) Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise führt nicht zu einem unzulässigen Durchgriff auf die Verhältnisse der Gesellschafter der Betriebsgesellschaft, je nachdem, ob sie von den Trägern des Besitzunternehmens beherrscht oder von davon verschiedenen dritten Personen gebildet wird. Eine Schlechterstellung von personenbezogenen Kapitalgesellschaften gegenüber anderen Kapitalgesellschaften im Sinne der Entscheidung des BVerfGE 13, 331 (338 ff.) liegt schon deshalb nicht vor, weil das Steuerproblem nicht bei der Betriebsgesellschaft, sondern beim Besitzunternehmen auftritt. Soweit dieses Unternehmen in der Form einer Personengesellschaft betrieben wird, ist eine Berücksichtigung der Verhältnisse der beteiligten Gesellschafter nicht zu beanstanden (BVerfGE 24, 174 [180]).

c) Wirtschaftlich gesehen bedeutet es einen erheblichen Unterschied, ob ein Fabrikgrundstück an ein fremdes Unternehmen oder an ein mit den Vermietern praktisch identisches Unternehmen vermietet wird. Deshalb kann ein Mietverhältnis, bei dem Vermieter und Mieter – wie hier – wirtschaftlich identisch sind und gleichgerichtete Interessen verfolgen, ohne Verfassungsverstoß steuerlich anders beurteilt werden als ein Mietverhältnis zwischen Unternehmen, die betrieblich und personell nicht miteinander verflochten sind. Bei der Betriebsaufspaltung werden die eine wesentliche Betriebsanlage ausmachenden Wirtschaftsgüter in die wirtschaftliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft einbezogen und infolge der durch den Anteilsbesitz begründeten Einfluß- und Kontrollmöglichkeiten dem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen der hinter beiden Unternehmen stehenden Personen unterstellt. Bei der Fremdvermietung besitzt der Vermieter keine vergleichbare Position; seine Interessen beschränken sich auf die unmittelbare Nutzung des Vermögens.

d) Der allgemeine Gleichheitssatz erfordert auch entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer keine Anwendung der Grundsätze des Urteils des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963 (BStBl 1964 III S. 124) über die Verpachtung eines ganzen (ruhenden) Gewerbebetriebs. Bei der Verpachtung eines ganzen Betriebs an einen Dritten wird die bisherige (werbende) Tätigkeit eingestellt. Dagegen stellt die Vermietung oder Verpachtung einer wesentlichen Betriebsanlage in der Verbindung mit der Beherrschung der Betriebsgesellschaft die Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit des Besitzunternehmens dar. Seine Inhaber nehmen mit der Vermietung oder Verpachtung an der gewerblichen Tätigkeit der Betriebsgesellschaft teil und tragen in gewissem Umfang das Risiko der Betriebsgesellschaft (vgl. § 115 AO). Sie behalten Einfluß und Kontrolle über die vermieteten Wirtschaftsgüter. Demgegenüber trägt bei der Verpachtung eines ganzen Gewerbebetriebs der Pächter das geschäftliche Risiko; er setzt den Betrieb des Verpächters eigenverantwortlich grundsätzlich ohne Mitwirkung des Verpächters fort. Bei dieser verschiedenen Gestaltung ist es verfassungsrechtlich gerechtfertigt, daß der BFH auch die steuerlichen Auswirkungen bei einer Betriebsaufspaltung anders beurteilt als bei einer Verpachtung eines ganzen Gewerbebetriebs an Dritte.

e) Die Gewerbesteuer ist grundsätzlich als Objektsteuer ausgestaltet, weil der Steuergegenstand (§ 2 Abs. 1 GewStG) nach objektiven Merkmalen und ohne Rücksicht auf das persönliche Verhältnis des Betriebs zu den hinter ihm stehenden Einzelpersonen bestimmt wird (BVerfGE 21, 6 [10]). Es wird geltend gemacht, im Gegensatz hierzu lege die Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung entscheidendes Gewicht auf die hinter den beiden Gesellschaften stehenden Personen und behandle eine Verpachtung im Rahmen der Betriebsaufspaltung nur deshalb anders als eine Verpachtung an Dritte, weil es sich im ersteren Fall um dieselben Personen handle.

Schon der Gesetzgeber hat das Objektsteuerprinzip jedoch nicht durchgängig beibehalten (vgl. z.B. § 5 Abs. 2, § 10 a GewStG). Nach der Auffassung des BFH reichen die zur Verneinung der Gewerbesteuerpflicht vorgebrachten Argumente, die sich auf den Objektsteuercharakter stützen, schon deshalb nicht aus, weil die besonderen Verhältnisse bei der Betriebsaufspaltung, nämlich die Beherrschung und die Zurverfügungstellung der wesentlichen Betriebsanlage, also sachliche Gesichtspunkte, die objektive Eigenart der Tätigkeit des Gewerbebetriebs kennzeichnen. Diese Erwägungen geben eine hinreichende verfassungsrechtliche Legitimation für diese Rechtsprechung.

f) Im Schrifttum und in der Rechtsprechung wird die Auffassung vertreten, es sei unzulässig, bei der Betriebsaufspaltung den Ertrag, der bei der Betriebsgesellschaft zur Gewerbesteuer herangezogen werde, noch einmal beim Besitzunternehmen der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Eine solche Doppelbelastung verletze den Gleichheitssatz (Zitzlaff, StuW 1951, Sp. 338 f.; Spital-Frenking, DB 1963, S. 463; Barth, DB 1968, S. 821; FG Hannover, EFG 1964, S. 169 und FG Düsseldorf, EFG 1968, S. 479).

Im vorliegenden Fall braucht diese Frage schon aus tatsächlichen Gründen nicht erörtert zu werden. Nach den Darlegungen des BFH wurden 1957 von der Betriebsgesellschaft keine Erträge an das Besitzunternehmen ausgeschüttet. Das Besitzunternehmen ist lediglich mit den Erträgen aus der Vermietung des Fabrikgrundstücks zur Gewerbesteuer herangezogen worden. Da die Mietzahlungen bei der Betriebsgesellschaft jedoch abziehbare Betriebsausgaben darstellen, liegt insoweit eine Doppelbelastung des Ertrags nicht vor.

Auch das Vermögen der Betriebsgesellschaft wurde nicht zweimal erfaßt. Aus den Akten des FA ergibt sich, daß das Gewerbekapital des Besitzunternehmens einschließlich Hinzurechnungen und Kürzungen mit 0 DM festgestellt wurde. Das FA hat dabei die Anteile an der Gesellschaft nicht in den Einheitswert des Betriebsvermögens des Besitzunternehmens einbezogen. Das Vermögen der Betriebsgesellschaft ist damit nur einmal bei der Ermittlung des Gewerbekapitals berücksichtigt worden.

g) Der BFH hat es in ständiger Rechtsprechung abgelehnt, die Betriebsgesellschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG als Organ der als Personengesellschaft organisierten Besitzgesellschaft zu qualifizieren, da die Betriebsgesellschaft nicht nach Art einer Geschäftsabteilung in die Besitzgesellschaft eingegliedert sei und mit ihrem Betrieb nicht der Haupttätigkeit der Besitzgesellschaft diene; vielmehr fördere die Besitzgesellschaft mit ihrer Tätigkeit das Unternehmen der Betriebsgesellschaft (BStBl 1957 III S. 303; 1961 III S. 211; 1962 III S. 199; 1963 III S. 505). Das BVerfG kann nicht prüfen, ob die Nichtanerkennung einer Organschaft dem einfachen Recht widerspricht. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob eine konsequent durchgeführte wirtschaftliche Betrachtung, wie sie der BFH allgemein in seiner Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung anwendet, vom einfachen Recht her zu einem anderen Ergebnis führen könnte. Auf jeden Fall sind die Beschwerdeführer durch die Verneinung einer Organschaft nicht beschwert. Die etwaigen Vorteile der Anerkennung einer Organschaft (Blümich-Boyens-Steinbring-Klein-Hübl, GewStG, 8. Aufl., S. 202 f., 311 f.) würden im vorliegenden Fall nicht eintreten, da bei der Heranziehung des Besitzunternehmens weder Dauerschuldzinsen noch Dauerschulden, noch der Wert der GmbH-Anteile angesetzt worden sind.

2. Gegen die Rechtsprechung des BFH bestehen auch keine rechtsstaatlichen Bedenken. Daß der BFH für die Behandlung der Betriebsaufspaltung allgemeine Rechtsgrundsätze aufstellt, liegt in der Natur der Tätigkeit der höheren Gerichte (BVerfGE 18, 224 [237]).

 

Fundstellen

BStBl II 1969, 389

BVerfGE 25, 28

BVerfGE, 28

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