Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung bei Verfassungsbeschwerden

 

Leitsatz (redaktionell)

Ob ein Verschulden für eine mangelhafte Verfassungsbeschwerde vorliegt ist auch danach zu beurteilen, ob zur Ermittlung der formellen Voraussetzungen der Verfassungsbeschwerde neben der Heranziehung des Gesetzestextes sachkundiger Rat zum Beispiel durch Rechtsanwälte, Fachliteratur oder durch Anforderung des Merkblatts über die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht eingeholt wurde.

 

Normenkette

BVerfGG § 93

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 11.02.2002; Aktenzeichen VIII B 139/01)

 

Gründe

1. Die Verfassungsbeschwerde, die die Frage nach der ausreichenden Höhe von Kindergeld und Kinderfreibetrag im Jahr 1996 betrifft, ist mangels hinreichend substantiierter Begründung innerhalb der Monatsfrist unzulässig (§ 93 Abs. 1 i.V.m. §§ 92, 93 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG). Hierzu wird auf das gerichtliche Schreiben vom 6. Juni 2002 verwiesen.

2. Die Voraussetzungen für die hilfsweise beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 93 Abs. 2 BVerfGG) sind nicht erfüllt. Es fehlt an einer hinreichenden Glaubhaftmachung von Tatsachen, die auf eine unverschuldete Fristversäumnis schließen ließen (§ 93 Abs. 2 Satz 6 BVerfGG). Ob ein Verschulden vorliegt, ist entsprechend dem allgemeinen Gedanken des § 276 BGB nach einem objektiv abstrakten Maßstab zu beurteilen. Für die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde wird danach von einem sorgfältigen Beschwerdeführer grundsätzlich erwartet, dass er zur Ermittlung der formellen Voraussetzungen neben der Heranziehung des Gesetzestextes sachkundigen Rat zum Beispiel durch Rechtsanwälte, Fachliteratur oder durch Anforderung des Merkblatts über die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht einholt.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

NJW 2004, 502

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge