Rz. 29

Der Straftatbestand des § 283 StGB soll den Gläubiger davor schützen, dass der Schuldner durch unterlassene bzw. mangelhafte Buchführung den Zugriff des Gläubigers auf tatsächlich vorhandenes Schuldnervermögen vereitelt, weil mangels aussagekräftiger Buchführungsunterlagen die bestehende Masse nicht vollständig festgestellt werden kann.

 

Rz. 30

Im Einzelnen macht sich der Täter strafbar, wenn er Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, nicht führt (unterlassene Buchführung) oder so führt oder verändert, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird (mangelhafte Buchführung; § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB).

 

Rz. 31

Eine unterlassene Buchführung liegt nur dann vor, wenn der Täter dauerhaft oder für einen Zeitraum, der nicht nur als vorübergehende Unterbrechung der Buchführungstätigkeit anzusehen ist, überhaupt keine Aufzeichnungen über seine Handelsgeschäfte fertigt. Geringfügige Buchungsrückstände erfüllen den Tatbestand noch nicht.[1] Wurden die Buchungsbelege zwar geordnet und kontiert, aber nicht mehr weiter verarbeitet, so liegt bereits eine unterlassene Buchführung i. S. v. § 283 StGB vor. Fehlen lediglich einzelne Buchungen, kann jedenfalls nicht von einer insgesamt unterlassenen Buchführung gesprochen werden.

Ein Unterlassen ist grundsätzlich nur dann strafbar, wenn der Täter auch die Möglichkeit hat, die betreffende Pflicht zu erfüllen. In diesem Sinne hat der BGH[2] auch für § 283 StGB entschieden, dass die rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit zur fristgerechten Aufstellung der Bilanz, und der dafür erforderlichen buchhalterischen Vorarbeiten, die Tatbestandsmäßigkeit entfallen lasse. Einige Instanzgerichte sowie Vertreter des Schrifttums sind hingegen der Auffassung, dass der Pflichtige nicht entlastet werde, dem es zwar dauerhaft unmöglich sei, die Buchführungspflicht persönlich oder durch Dritte zu erfüllen, der aber dennoch die buchführungspflichtige Tätigkeit nicht aufgegeben habe.[3]

 

Rz. 32

Eine mangelhafte Buchführung liegt dann vor, wenn das Rechnungswesen durch die Art der Eintragungen (oder Nichteintragungen) oder durch nachträgliche Veränderungen ursprünglich richtiger Buchungen nur eine erschwerte Übersicht über den Vermögensstand zulässt. Eine Buchführung ist z. B. mangelhaft, wenn Eintragungen in Büchern nicht vollständig, richtig, zeitgerecht oder geordnet vorgenommen werden, etwa Handelsgeschäfte nicht fortlaufend und Geschäftsvorfälle nicht nach der Zeitfolge binnen kurzer Zeit nach den Vorgängen, sondern erst am Ende längerer Zeiträume gebucht werden oder Vermögensgegenstände willkürlich bewertet oder für sie Werte eingesetzt werden, die falsch sind.[4]

Die Übersicht über den Vermögensstand ist dabei dann erschwert, wenn auch ein sachverständiger Dritter nicht in der Lage ist, sich innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens zu verschaffen. Nicht ausreichend ist es, dass sich der Schuldner selbst noch zurechtfindet.[5]

 

Rz. 33

Strafbar macht sich der Täter des Weiteren, wenn er Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungspflichten beiseiteschafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert (§ 283 Abs. 1 Nr. 6 StGB).

Wird lediglich ein einzelner Beleg, der keine Rolle für den Gesamtüberblick spielt, beiseitegeschafft oder verheimlicht, so ist eine Strafbarkeit zu verneinen.[6]

 

Rz. 34

Handelt der Täter vorsätzlich, d. h. kennt er die tatsächlichen Voraussetzungen der Pflicht zum Führen und Aufbewahren von Handelsbüchern mit ihren Einzelheiten und nimmt zumindest billigend in Kauf, dass er seinen Buchführungspflichten während einer Krise nicht nachkommt, so kann er mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden (§ 283 Abs. 1 StGB). Ein reduzierter Strafrahmen (Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe) besteht für verschiedene Konstellationen, in denen lediglich fahrlässiges Handeln vorliegt (§ 283 Abs. 4 und 5 StGB). Z. B. wenn der Täter die eingetretene Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit nicht erkennt oder nicht merkt, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird oder dass er Buchhalter oder Steuerberater nicht gehörig ausgewählt oder beaufsichtigt hat.[7]

Für besonders schwere Fälle, z. B. Handeln aus Gewinnsucht oder Großinsolvenz mit erheblichen Schäden für andere, sieht § 283a StGB einen erhöhten Strafrahmen mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vor.

 

Rz. 35

Zudem kann dem Schuldner nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Möglichkeit der Restschuldbefreiung versagt bzw. eine bereits gewährte widerrufen werden, wenn er rechtskräftig wegen einer Straftat nach § 283 StGB verurteilt worden ist bzw. während der Wohlverhaltensperiode verurteilt wird (§ 297 Abs. 1 InsO). Die Insolvenzgläubiger können dann ihre ...

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