1 Buchführungsverstöße – Begriff und Abgrenzung

1.1 Buchführungsverstöße

 

Rz. 1

In der Literatur findet sich häufig auch die Bezeichnung "Buchführungsdelikte".[1] Da Fehler in der Buchführung allerdings eine Vielzahl unterschiedlicher Folgen haben können,[2] bei denen es sich nicht nur um strafrechtliche Sanktionen handelt, erscheint die Bezeichnung "Delikt" zu eng. Hier soll daher die weitere Bezeichnung "Buchführungsverstöße" verwandt werden.

 

Rz. 2

Unter Buchführungsverstößen werden im Folgenden all diejenigen Buchführungsfehler verstanden, die rechtliche Folgen - insbesondere Sanktionen - nach sich ziehen. Dabei liegt ein Buchführungsverstoß bei der Verletzung gesetzlich normierter sowie auch ungeschriebener, aber z. B. durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung anerkannter Buchführungspflichten vor.

[1] Castan/Müller, in Beck, Handbuch der Rechnungslegung, 2004, D 20 Überschrift II.; Weyand, Buchführungs- und Bilanzdelikte, BBK Fach 4 S. 1701; Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 2000, S. 1412.
[2] Vgl. hierzu die Ausführungen in den Abschnitten 2. bis 6.

1.2 Zwecke der Buchführung

 

Rz. 3

Die Buchführung erfüllt zugleich mehrere Funktionen, deren Beeinträchtigung zu einem Buchführungsverstoß führen kann. Zum einen kommt ihr eine Dokumentations- und Informationsfunktion zu.

Der Dokumentationsfunktion wird die Buchführung durch die Sammlung, Aufbereitung, systematische Aufzeichnung und Archivierung des Datenmaterials aus dem täglichen Geschäftsgeschehen gerecht.[1] Nur wenn alle Vorgänge ordnungsgemäß dokumentiert worden sind, kann die Buchführung auch ihren Informationszweck erfüllen.

Sie dient insofern zum einen der kritischen Selbstinformation des Unternehmers, denn er soll mit ihrer Hilfe jederzeit die aktuelle wirtschaftliche Lage seines Unternehmens beurteilen können.

Zum anderen stellen die Ergebnisse der Buchführung aber auch eine wichtige Informationsquelle für externe Personen dar. Die Buchführung dient insofern der Drittinformation von Gläubigern und Kreditgebern, Insolvenzverwaltern, Gerichten und Aufsichtsbehörden sowie dem Fiskus.

 

Rz. 4

Neben dieser Funktion der Buchführung als Instrument der Beweissicherung und Kontrolle kommen ihr über ihren Abschluss zum Jahresabschluss und zur steuerlichen Gewinnermittlung (Steuerbilanz) neben der Fundierung der Informationsfunktion des Jahresabschlusses auch eine Ausschüttungs- und Steuerbemessungsfunktion sowie eine Gläubigerschutzfunktion zu.[2]

1.3 Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten

 

Rz. 5

Der Begriff "Buchführungspflicht" wird überwiegend als weiter Oberbegriff verwandt, der sowohl die Buchführungs-, Aufzeichnungs- als auch die Aufbewahrungspflichten[1] umfasst.

 

Rz. 6

Die Buchführungspflicht nach HGB ergibt sich aus § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB. Danach ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Buchführungspflichtig sind damit zunächst alle Kaufleute, d. h. diejenigen, die ein Handelsgewerbe betreiben (§ 1 Abs. 1 HGB), mit Ausnahme derjenigen Gewerbetreibenden, deren Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Für Kleingewerbetreibende entsteht die Kaufmannseigenschaft und damit die Buchführungspflicht erst mit der freiwilligen Eintragung in das Handelsregister.

Mit § 241a HGB wurde durch das BilMoG 2010 eine Befreiung von der Pflicht zur Buchführung, und Erstellung eines Inventars sowie der Aufstellung eines Jahresabschlusses, für Einzelkaufleute eingeführt, die an den Abschlussstichtagen von 2 aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 600.000 EUR Umsatzerlöse und 60.000 EUR Jahresüberschuss[2] aufweisen.[3]

Buchführungspflichtig sind zudem alle Handelsgesellschaften (§ 6 HGB). Für spezielle Gesellschaftsformen ergibt sich die Pflicht zur Buchführung aus gesellschaftsrechtlichen Vorschriften (§§ 41 ff. GmbHG, §§ 91, 150, 152 AktG, § 33 GenG), die aber inhaltlich auf das HGB verweisen.

Welche Handelsbücher im Einzelnen zu führen sind, regelt das HGB nicht. Es verweist jedoch auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB).[4] Danach muss die Buchführung so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann (§ 238 Abs. 1 Satz 2 HGB).

Für die EDV-Buchführung gelten dieselben Grundsätze wie für die manuelle Buchführung. Ergänzt werden sie durch die spezifischen Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS).

Die steuerrechtliche Buchführungspflicht besteht in zweierlei Form: Zum einen ergibt sich die sog. abgeleitete (derivative) Buchführungspflicht aus § 140 AO. Danach hat derjenige, der nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, die Verpflic...

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