Die Beurteilung der Bonität eines Kunden bzw. Kreditnehmers stützt sich auf die Analyse der rechtlichen Verhältnisse (Kreditfähigkeit) sowie der persönlichen und wirtschaftlichen Kreditwürdigkeit. Darüber hinaus werden gesamtwirtschaftliche und branchenspezifische Bedingungen berücksichtigt.

Im Rahmen der Kreditfähigkeitsprüfung wird geprüft, ob der Vertragspartner befugt ist, Verträge rechtswirksam abzuschließen. Das ist grundsätzlich bei natürlichen, voll geschäftsfähigen Personen sowie bei juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts einschließlich der Personengesellschaften der Fall. Bei nicht geschäftsfähigen Personen werden die Verträge durch den gesetzlichen Vertreter unterzeichnet, bei beschränkt geschäftsfähigen Personen reicht die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters aus. Bei juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften bezieht sich die Prüfung der Legitimation auf die Personen, die die Gesellschaft nach außen vertreten.

 
Praxis-Tipp

Vertretungsberechtigung

Kreditinstitute verlangen vor Kontoeröffnungen und Kreditvergabe üblicherweise einen Handelsregisterauszug, in dem aufgelistet ist, wer zur gesetzlichen Vertretung berechtigt ist. Im Waren- und Dienstleistungsverkehr wird dies eher selten bei der Auftragsvergabe gefordert. Da das Handelsregister, das beim Amtsgericht geführt wird, öffentlich ist, kann jeder die Einträge einsehen. Unternehmen, die das Vertrauensverhältnis zum Kunden durch einen expliziten Nachweis der Legitimation nicht beeinträchtigen möchten, können deshalb beim Amtsgericht die Vertretungsberechtigung einzelner Personen ohne Einschaltung des Kunden dort überprüfen. Auch die üblichen Wirtschaftsauskunfteien können die notwendigen Informationen liefern.

Im Rahmen der Prüfung der persönlichen Kreditwürdigkeit wird zum einen die persönliche Integrität des Kunden bzw. Kreditnehmers beurteilt, zum anderen werden die fachliche Qualifikation (z. B. Meisterprüfung) und die unternehmerischen Eigenschaften (z. B. Marktpositionierung) beleuchtet. Unternehmen werden auch hinsichtlich ihrer angestellten Manager und den vorhandenen Organisationsstrukturen bewertet. Hierzu werden auch Auskunfteien eingeschaltet, die über Zahlungsprobleme der Vergangenheit und über Negativmerkmale des Kunden (z. B. laufende Mahn- und Inkassoverfahren) informieren. Bekannte Auskunfteien sind die Creditreform und die SCHUFA (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung), mit der die meisten Kreditinstitute zusammenarbeiten.

Schon bei der Kontoeröffnung wird häufig um das Einverständnis zur Datenübermittlung und -abfrage gebeten. Jeder, der wissen möchte, welche Informationen die SCHUFA über ihn gespeichert hat, kann eine Anfrage an die SCHUFA richten, die zur Auskunft verpflichtet ist (www.schufa.de).

Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Kreditwürdigkeit geht es um materielle Faktoren, aus denen Rückschlüsse auf die zukünftige Zahlungsfähigkeit gezogen werden. Hierzu werden die Einkommens- und Vermögensverhältnisse untersucht. Bei Unternehmen basiert die Analyse traditionell auf Jahresabschlussinformationen sowie auf Business- und Finanzplänen.

Auf die Einschätzung der wirtschaftlichen Verhältnisse haben sich Rating-Agenturen spezialisiert, die Unternehmen, Unternehmensgruppen oder auch Länder hinsichtlich ihrer Bonität bewerten (Bonitätsrating). Darüber hinaus übernehmen Rating-Agenturen auf Anfrage auch Bewertungen hinsichtlich spezieller Kreditengagements, bei denen ein Kredit vor dem Hintergrund anderer bestehender Verbindlichkeiten des Kreditnehmers beurteilt wird (Kreditrating).

Bei einem Rating vergeben die Rating-Gesellschaften Risikopunkte, die ähnlich wie Schulnoten zu einem Bewertungsergebnis zusammengefasst werden. Beispiele für international tätige Gesellschaften sind die Rating-Agenturen Standard & Poor's und Moody's, deren Ratingklassen auf Buchstaben oder Buchstabenkombinationen beruhen. Die Bewertung von Standard & Poor's reicht von AAA (höchste Bonität) bis D (Illiquidität), bei Moody's wird von Aaa (beste Bonität) bis C (illiquides Unternehmen) bewertet. Interessenten können Ratingbewertungen als Einzelrating kaufen oder einen laufenden Informationsservice abonnieren. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass ein Rating nur die relative Stellung eines Unternehmens im Vergleich zu anderen Unternehmen wiedergibt. Für kleine und mittlere Unternehmen ist es eher unüblich, sich von einer externen Ratingagentur einschätzen zu lassen. Die enormen Kosten dafür lohnen sich nur bei hohen Kreditvolumen.

 
Praxis-Tipp

Bankinterne Ratings

Ähnlich wie Rating-Agenturen führen alle Banken auch eigene Ratings ihrer Kreditnehmer durch. Sie sind dazu aufgrund der Regelungen, die unter den Namen Basel I, Basel II und Basel III bekannt sind, gesetzlich verpflichtet. In längeren Geschäftsbeziehungen kennen die Bankmitarbeiter das Unternehmen meist sehr gut und können daher die qualitativen Parameter des Ratings viel besser bewerten als eine große fremde Agentur. Da dieses Rating die Höhe des zu z...

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