Leitsatz

1. Die Parzellierung und Veräußerung land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke ist grundsätzlich Hilfsgeschäft eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und nicht Gegenstand eines selbstständigen gewerblichen Grundstückshandels. Dies gilt unabhängig von der Größe des Areals, der Anzahl der Parzellen und der Höhe des Gewinns.

2. Die Grundstücksveräußerungen werden Gegenstand eines selbstständigen gewerblichen Grundstückshandels, wenn der Landwirt Aktivitäten entfaltet, die über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehen und die darauf gerichtet sind, den Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen.

 

Normenkette

§ 6b, § 13, § 15 Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Ein Landwirt hatte in drei Wirtschaftsjahren insgesamt 59 Baugrundstücke veräußert. Die Gewinne neutralisierte er durch Bildung von Rücklagen nach § 6b EStG. Das FA erkannte die Rücklagen nicht an, weil es von einem gewerblichen Grundstückshandel ausging, dessen Umlaufvermögen die Grundstücke gewesen seien.

Mit den Grundstücksverkäufen hatte es folgende Bewandtnis: Noch während der Bewirtschaftung des Hofs durch den Vater des Klägers hatte die Gemeinde angefragt, ob Bereitschaft zur Veräußerung des Grund und Bodens bestehe. Nachdem die Frage bejaht worden war, hatte die Gemeinde einen Bebauungsplan entworfen.

Der Kläger war mit dem Entwurf nicht einverstanden gewesen, weil einerseits nach seiner Ansicht zu viele Grünflächen ausgewiesen werden sollten und andererseits von ihm eine Beteiligung an den Erschließungskosten erwartet worden war.

Nach zähen Verhandlungen, in deren Verlauf der Kläger sich auch zur gewünschten Übernahme eines Teils der Planungskosten bereit erklärt hatte, wurde ihm wie den anderen betroffenen Eigentümern ein überarbeiteter Planentwurf zur Stellungnahme vorgelegt.

Hierauf reagierte der Kläger mit der Übersendung eigener Planentwürfe, die vom Bauausschuss zur Kenntnis genommen wurden, aber keinen Einfluss auf die endgültige Planung hatten. Nach weiteren Verhandlungen kam es schließlich zur Verabschiedung eines auch vom Kläger gebilligten Bebauungsplans.

Mit der Klage gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre, in denen die Grundstücksveräußerungsgewinne erfasst worden waren, machte der Landwirt geltend, die Initiative zur Ausweisung des Baugebiets sei von der Gemeinde ausgegangen.

Das FG sah den Landwirt dennoch als gewerblichen Grundstückshändler an, weil er über die Parzellierung und den Verkauf hinausgehende Aktivitäten entfaltet und insbesondere an der Planung mitgewirkt habe.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des Landwirts statt. Er habe keine Aktivitäten zur Erschließung der Baugrundstücke entfaltet. Die von ihm vorgelegten Planentwürfe seien als Stellungnahme im Rahmen der Bürgerbeteiligung an der Bauleitplanung zu verstehen. Die bloße Übernahme eines Teils der Planungskosten sei ebenso wenig Merkmal einer gewerblichen Tätigkeit wie die Bereitstellung von Ausgleichsflächen für den Naturschutz.

 

Hinweis

1. Die Parzellierung und der anschließende Verkauf bislang land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen sind nach der Rechtsprechung des BFH für sich genommen nicht mehr als Hilfsgeschäfte der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit. Dabei ist ohne Bedeutung, welche Größe das betroffene Areal hat. Der Rahmen eines solchen Hilfsgeschäfts wird erst dann verlassen, wenn der Landwirt über die Parzellierung und den Verkauf hinausgehende Aktivitäten entfaltet, um das Grundstück zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen. Solche Aktivitäten werden etwa darin gesehen, dass sich der Landwirt um die Aufstellung eines Bebauungsplans bemüht oder aktiv an der Erschließung des Geländes teilnimmt.

2. Im Besprechungsurteil führt der BFH seine Rechtsprechung fort, ohne neue Kriterien aufzustellen. Dass die Entscheidung zur Veröffentlichung bestimmt wurde, kann mit der großen Anzahl der Grundstücke und dem Hinweis auf die Unbeachtlichkeit der Anzahl für die Zuordnung der Veräußerungsgeschäfte erklärt werden.

Außerdem erscheint der Hinweis darauf bedeutsam, dass nicht jeder vom Landwirt erarbeitete Planentwurf bereits als Aktivität zur Baureifmachung zu werten ist. Hier war zunächst ein Planentwurf von der Gemeinde erstellt worden. Der Alternativentwurf des Landwirts stellte deshalb nichts weiter als eine Reaktion im Rahmen der bestehenden Mitwirkungsrechte dar. Die Übernahme von Erschließungskosten war nicht vom Landwirt angeboten, sondern ihm von der Baubehörde auferlegt worden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 8.9.2005, IV R 38/03

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