Leitsatz

1. Die Bindungswirkung des Grundlagenbescheides gemäß § 7h Abs. 2 EStG erstreckt sich auf die in § 7h Abs. 1 EStG benannten Tatbestandsmerkmale. Eine im Grundlagenbescheid enthaltene "Vorbehaltsklausel", dass die Bescheinigung "nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung ist und die Finanzbehörde die weiteren steuerrechtlichen Voraussetzungen ... prüft", betrifft nur spezifisch steuerrechtliche Voraussetzungen.

2. Diese Grundsätze gelten ebenfalls bei der Anwendung des § 7h EStG im Rahmen der Steuerbegünstigung des § 10f EStG.

 

Normenkette

§ 7h, § 10f EStG, § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, § 177 BauGB, § 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück für 1 EUR und errichtete darauf unter Erhaltung historischer Kellergewölbe und eines Teils der Fassade ein Wohnhaus, welches sie überwiegend vermietete. Einen Raum im Erdgeschoss nutzte sie selbst.

Die zuständige Behörde bestätigte u.a. die Durchführung von Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S.v. § 177 BauGB.

Das FA lehnte die begehrte Sonder-AfA und den Abzugsbetrag nach § 10f EStG ab, denn die Klägerin habe einen Neubau errichtet.

Das FG hat die Klage abgewiesen (Sächsisches FG, Urteil vom 2.7.2014, 2 K 445/14, Haufe-Index 7714967).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage derzeit unbegründet sei. Zwar habe das FG zu Unrecht die Bindungswirkung des ressortfremden Grundlagenbescheids verkannt. Die "Vorbehaltsklausel" ändere daran nichts. Es fehle jedoch im Hinblick auf die teilweise Eigennutzung des Gebäudes an einer objektbezogenen Bescheinigung.

 

Hinweis

Das Besprechungsurteil enthält kaum etwas Neues:

1. Nach der Rechtsprechung des BFH prüft und bescheinigt die zuständige Gemeindebehörde abschließend und bindend, ob die in § 7h Abs. 1 genannten Voraussetzungen vorliegen, insbesondere, ob das Gebäude in einem Sanierungsgebiet liegt, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S.d. § 177 BauGB durchgeführt und ob Zuschüsse gezahlt worden sind.

Dadurch ist dem FA der Einwand, es liege ein "bautechnischer Neubau" vor, abgeschnitten. Das FA hat die rechtliche Einordnung durch die zuständige Behörde (Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen = kein Neubau) als ressortfremden Grundlagenbescheid hinzunehmen und umzusetzen.

2. Das gilt auch – und insofern geht das Urteil über die bisher entschiedenen Fälle hinaus –, wenn die Bescheinigung ausdrücklich den Hinweis enthält, dass die Finanzbehörde weitere Voraussetzungen prüft. Dieser "Vorbehalt" schränkt die Aufgaben und die Kompetenz der zuständigen Behörde nicht ein, sondern bezieht sich lediglich als Hinweis darauf, dass die Finanzbehörden in eigener Verantwortung andere Voraussetzungen prüfen.

3. Wird ein Grundstück unterschiedlich, nämlich teilweise selbst und teilweise durch Vermietung ­genutzt, muss die Bescheinigung "objektbezogen" ausgestellt sein, d.h. es bedarf u.U. mehrerer Bescheinigungen.

Liegt eine objektbezogene Bescheinigung nicht vor, ist die Klage (derzeit) unbegründet, weil die Bescheinigung materielle Voraussetzung für die Förderung ist. Die Bescheinigung kann aber bis zum Eintritt der Rechtskraft noch beigebracht werden. Der BFH hat deshalb im Streitfall einen Gerichtsbescheid erlassen, um der Klägerin Gelegenheit zur Reaktion zu geben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 6.12.2016 – IX R 17/15

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