Leitsatz

Erfasst die von der Denkmalbehörde nach § 82i Abs. 2 EStDV (heute: § 7i Abs. 2 EStG) erteilte Bescheinigung Tatbestandsmerkmale, die zugleich denkmalschutzrechtliche und steuerrechtliche Bedeutung haben, so ist die in der Bescheinigung zum Ausdruck kommende denkmalschutzrechtliche Beurteilung (hier: der Wiederherstellung eines eingestürzten Hauses) auch steuerrechtlich bindend.

 

Normenkette

§ 82i EStDV

 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtigen hatten ein Grundstück mit einem eingestürzten alten Bauernhaus erworben, das sie für rund 900 000 DM wiederherstellten. Für Aufwendungen von rund 700 000 DM machten sie die erhöhten AfA nach § 82i EStDV (jetzt § 7i EStG) geltend. Das FA lehnte dies mit der Begründung ab, ein Wiederaufbau eines Gebäudes sei nicht begünstigt.

Die Steuerpflichtigen konnten allerdings eine Bescheinigung der Denkmalbehörde vorweisen, nach der das neu errichtete Gebäude ein Denkmal sei und die daran durchgeführten Arbeiten zur Erhaltung als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich seien.

 

Entscheidung

Der BFH führte aus, die Bescheinigung sei zwar denkmalschutzrechtlich unzutreffend. Denn ein Wiederaufbau (Neubau) könne kein Baudenkmal sein. Trotzdem sei die in der Bescheinigung ausgedrückte denkmalschutzrechtliche Auffassung als Grundlagenbescheid für das FA bindend.

Dem FA verbleibt in einer solchen Situation nur die Möglichkeit, die Denkmalbehörde auf die Unrichtigkeit der Bescheinigung hinzuweisen, um eine Rücknahme zu erreichen. Im Streitfall hatte die Denkmalbehörde einen Widerruf der Bescheinigung abgelehnt, da der Begünstigungszeitraum bereits abgelaufen war und ein Widerruf lediglich mit Wirkung für die Zukunft möglich gewesen wäre.

 

Hinweis

Nach § 82i Abs. 2 EStDV (jetzt: § 7i Abs. 2 EStG) kann die 10%ige AfA von den Herstellungskosten bei Baudenkmalen nur in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige die Voraussetzungen des Abs. 1 für das Gebäude (Denkmaleigenschaft) und für die Erforderlichkeit der Herstellungskosten (zur Erhaltung als Baudenkmal und zu einer sinnvollen Nutzung) durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachgewiesen hat.

Die Entscheidung enthält grundlegende Ausführungen zur Bedeutung der Bescheinigung der Denkmalbehörde. Danach gilt Folgendes:

Die Bescheinigung ist ein Grundlagenbescheid. Verbindlich für das FA sind die Feststellungen über die Denkmaleigenschaft sowie über die Erforderlichkeit der Aufwendungen zur Erhaltung als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung. Die übrigen Fördervoraussetzungen (z.B. ob ein Anbau noch zum denkmalgeschützten Gebäude gehört oder ein selbstständiges Wirtschaftsgut darstellt; ob Herstellungskosten oder sofort abziehbare Betriebsausgaben/Werbungskosten vorliegen) beurteilt das FA in eigener Zuständigkeit.

Werden von der Bescheinigung Tatbestandsmerkmale erfasst, die zugleich denkmalschutzrechtliche und steuerrechtliche Bedeutung haben, ist die denkmalschutzrechtliche Beurteilung aber auch steuerrechtlich bindend.

Die Reichweite der Bescheinigung ist durch Auslegung zu ermitteln. Sie ist auch dann bindend, wenn sie denkmalschutzrechtlich unzutreffend ist. Für die Praxis bedeutet dies, dass die Weichen endgültig bei der Denkmalschutzbehörde gestellt werden. Eine unzutreffende Bescheinigung kann vom FA nicht korrigiert werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.9.2001, IX R 62/98

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge