Die nach Handelsrecht zu erstellende Bilanz wird Handelsbilanz, die nach steuerrechtlichen Vorschriften zu erstellende Bilanz Steuerbilanz genannt. Das Verhältnis wird durch den sog. Maßgeblichkeitsgrundsatz bestimmt. Danach ist der jeweilige Handelsbilanzansatz grundsätzlich für die Steuerbilanz dem Grunde und der Höhe nach zu übernehmen.[1] Davon gibt es vor allem die folgenden Ausnahmen:

  • Ein in der Handelsbilanz gewählter Ansatz ist steuerrechtlich nicht zulässig, z. B. Ansatz selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände (steuerrechtlich: Wirtschaftsgüter)[2]
  • eine in der Handelsbilanz gewählte Bewertungsmethode ist steuerrechtlich nicht zulässig, z. B. Bewertung des Vorratsvermögens nach der Fifo-Methode[3]
  • eine steuerrechtlich bestehende Bewertungsmethode ist handelsrechtlich nicht zulässig, z. B. Übertragung stiller Reserven bei Veräußerung bestimmter Anlagegüter[4]
  • für ein handelsrechtlich bestehendes Ansatz- oder Bewertungswahlrecht besteht steuerlich kein Spielraum, z. B. bestimmte Positionen bei der Berechnung der Herstellungskosten[5]
  • handels- und steuerrechtlich bestehende Ansatz- und Bewertungsregelungen weichen voneinander ab, z. B. Ansatz und Bewertung von Pensionsverpflichtungen i. S. v. § 6a EStG
  • für eine handelsrechtlich vorgeschriebene Regelung besteht steuerlich ein Wahlrecht, z. B. Teilwertabschreibung des Umlaufvermögens[6]
  • ein Ansatz- oder Bewertungswahlrecht wird in der Steuerbilanz anders ausgeübt als in der Handelsbilanz, z. B. lineare und degressive Absetzung für Abnutzung.[7]

Besteht handelsrechtlich ein Ansatz- oder Bewertungswahlrecht, steuerrechtlich jedoch keine oder keine abweichende Regelung, wird das handelsrechtliche Aktivierungswahlrecht steuerlich zur Aktivierungspflicht und das handelsrechtliche Passivierungswahlrecht steuerlich zum Passivierungsverbot.[8] In diesen Fällen können Handels- und Steuerbilanz übereinstimmen, müssen es aber nicht.

Seit Aufgabe der Anknüpfung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses an den Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit durch das BilMoG wurde die handelsrechtliche Rechnungslegung einfacher. Steuerrechtlich können Bilanzierungs- oder Bewertungswahlrechte seither unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden. Voraussetzung für ihre Anerkennung ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.[9]

Die Aufhebung der umgekehrten Maßgeblichkeit hat bei steuerlichen Wahlrechten Auswirkung, die bisher nur in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz – über die Position "Sonderposten mit Rücklagenanteil" – ausgeübt werden durften, sowie bei steuerrechtlichen erhöhten Abschreibungen oder Sonderabschreibungen, z. B. Rücklage für Ersatzbeschaffung[10], Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter[11], erhöhte Absetzungen bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen oder erhöhte Absetzungen bei Baudenkmalen.[12]

Eine Übersicht über die Auswirkungen des BilMoG auf die Steuerbilanz enthält eine Kurzinformation der OFD Münster.[13]

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