2.9.2.1 Verpflichtung zum so genannten "Bilanzeid"

 

Rz. 227

In Umsetzung der EU-Transparenz-Richtlinie (Richtlinie 2004/109/EG) hat der deutsche Gesetzgeber mit dem am 20.1.2007 in Kraft getretenen "Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG)"[1] die bestehenden nationalen Rechnungslegungsvorschriften um einen so genannten "Bilanzeid", d. h. eine schriftliche Erklärung hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in Abschlüssen und Lage- bzw. sonstigen Rechnungslegungsberichten, ergänzt.[2]

 

Rz. 228

Zur Abgabe dieses "Bilanzeides" sind die gesetzlichen Vertreter all derjenigen Kapitalgesellschaften verpflichtet, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind (§ 2 Abs. 14 WpHG, so genannte Inlandsemittenten) und die keine Kapitalanlagegesellschaften im Sinne von § 327a HGB sind.

 

Rz. 229

Bei der Unterzeichnung des Jahresabschlusses nach § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB ist nunmehr die Einhaltung der für den Jahresabschluss geltenden Vorgaben im Sinne von § 264 Abs. 2 HGB schriftlich zu versichern. Im Einzelnen ist zu erklären, dass der Jahresabschluss nach bestem Wissen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft vermittelt (true-and-fair-view-Prinzip) oder, wenn dies aufgrund besonderer Umstände nicht der Fall sein sollte, dass im Anhang die erforderlichen zusätzlichen Angaben gemacht werden.

 

Rz. 230

Gemäß § 289 Abs. 1 Satz 5 HGB gilt die Verpflichtung zur Abgabe des "Bilanzeides" auch für den Lagebericht. Insofern ist zu versichern, dass der Lagebericht den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis und die Lage des Unternehmens nach bestem Wissen so darstellt, dass dieser ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt und die wesentlichen Chancen und Risiken der voraussichtlichen Entwicklung der Gesellschaft richtig darstellt.

 

Rz. 231

Auch der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht sind mit einer entsprechenden Erklärung, die alle in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen betrifft, zu versehen.[3] Im Wege der Verweisung wird zudem klargestellt, dass dies sowohl für IFRS-Konzernabschlüsse als auch für HGB-Konzernabschlüsse (§ 315a Abs. 1 HGB) und für den nach § 325 Abs. 2a Satz 3 HGB freiwillig offengelegten IFRS-Einzelabschluss gilt.

 

Rz. 232

Schließlich müssen auch der Jahresfinanzbericht[4] sowie der Halbjahresfinanzbericht[5] mit einem "Bilanzeid" versehen werden.

 

Rz. 233

Durch den Wissensvorbehalt ("nach bestem Wissen") soll klargestellt werden, dass nur vorsätzliches und nicht auch fahrlässiges Handeln bei Abgabe der Erklärung rechtliche Folgen auslöst. Welche Anforderungen aber letztlich an die subjektive Seite zu stellen sind, ist unklar.[6]

 

Rz. 234

Die Neuregelungen gelten für alle Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2006 beginnen.[7]

[1] Das "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG" ist veröffentlicht im BGBl 2007 I S. 10 ff.
[2] Vgl. hierzu auch Velte, StuB 3/2007, S. 102 ff.; Fleischer, ZIP 3/2007, S. 97 ff.; Heldt/Ziemann, NZG 2006, S. 652 ff.; Beiersdorf/Buchheim, BB 2006, S. 1674 ff. und BB 2007, S. 99 ff.; Bosse, DB 2007, S. 39 ff.; Hutter/Kaulamo, NJW 2007, S. 471 ff. und 550 ff.; Nießen, NZG 2007, S. 41 ff.; Noack, WM 2007, S. 377 ff.; Pirner/Lebherz, AG 2007, S. 19 ff.; Rodewald/Unger, BB 2006, S. 1917 ff.
[6] Es wird wohl nicht genügen, wenn sich die gesetzlichen Vertreter darauf berufen, von etwaigen Unrichtigkeiten nicht gewusst zu haben. Jene haben sich vielmehr aufgrund ihrer Sorgfaltspflichten als ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter zu bemühen, ein möglichst vollständiges Wissen hinsichtlich der vorgeschriebenen Rechnungslegungsangaben zu erhalten. Allerdings dürften mit dem "Bilanzeid" versicherte zukunftsorientierte Aussagen in einem Lagebericht aufgrund ihrer geringeren Verlässlichkeit anders zu bewerten sein als vergangenheitsorientierte Aussagen.

2.9.2.2 Unrichtige Abgabe des "Bilanzeides"

 

Rz. 235

Nach § 331 Nr. 3a HGB macht sich nunmehr auch strafbar, wer entgegen § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB, § 289 Abs. 1 Satz 5 HGB, § 297 Abs. 2 Satz 4 HGB oder § 315 Abs. 1 Satz 5 HGB eine Versicherung nicht richtig abgibt.

Strafbar ist danach nur die nicht richtige Abgabe des "Bilanzeides". Die unterlassene Abgabe des "Bilanzeides" stellt keine Straftat dar.

Die Tat wird mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

2.9.2.3 Unterlassene Abgabe des "Bilanzeides"

 

Rz. 236

Nach § 120 Abs. 2 Nr. 15 WpHG handelt ordnungswidrig, wer die gemäß § 114 Abs. 2 Nr. 3 WpHG bzw. § 115 Abs. 2 Nr. 3 WpHG vorgeschriebene Abgabe des "Bilanzeides" im Jahres- und Halbjahresfinanzbericht un...

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