Defizite der steuerrechtlichen Bewertung

Das zentrale Problem der Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen liegt in der zeitnahen Bewertung von hohen und weit in die Zukunft hineinreichenden Verpflichtungen, die z. T. noch durch spezifiziertes Vermögen gedeckt sind, sowie der Erfassung von deren jährlichen Veränderungen. Aufgrund der großen Volumina kann es etwa durch die Veränderung eines Berechnungsparameters zu enormen Anpassungsbeträgen kommen, die leicht ein operativ erwirtschaftetes Jahresergebnis übersteigen können.[1]  Bis zum Jahr 2010 reagierte die HGB-Rechnungslegung i. d. R. mit der Übernahme der durch Anwendung des Realisationsprinzips objektivierbar gemachten steuerrechtlichen Regelungen. Nach § 6a Abs. 1 EStG erfolgt die Bewertung der Pensionsrückstellungen mit dem Teilwertansatz unter Zugrundelegen der zum Zeitpunkt der Rückstellungsbildung geltenden Werte für Sterbewahrscheinlichkeit und begründete Pensionshöhe.[2]

Gesetzesänderungen

Die Pensionsverpflichtungen sind handelsrechtlich mit dem BilMoG seit dem Geschäftsjahr 2010 hinsichtlich Bewertung und Ergebniserfassung neu geregelt worden. Zwar erfolgte eine Annäherung an die IFRS, es kam aber nicht zu einer kompletten Übernahme. Dennoch wurde im Vergleich zur Altregelung durch die Festlegung der gesonderten Erfassung der Zinseffekte im Zinsergebnis das ordentliche Betriebsergebnis entlastet, was bis dahin im Rahmen von internen Performance-Betrachtungen ggf. zu bereinigen war. Zudem führt die notwendige erfolgswirksame Erfassung der Konsequenzen von Prämissenänderungen fortlaufend zu einer höheren Volatilität der Ergebnisse, was ebenfalls eine Überprüfung der eingesetzten Instrumente zur Performance-Messung und der daraus abgeleiteten Anreizsysteme zur Folge haben sollte. Damit die Volatilität nicht zu groß wird, hatte der Gesetzgeber eine Dämpfungskomponente durch die Verwendung eines zunächst auf der Basis der vergangenen 7 Jahre ermittelten Zinssatzes für die Abzinsung eingeführt – mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften ist eine Erweiterung des Durchschnittszeitraums auf 10 Jahre für die Ermittlung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen im HGB verankert worden, der bereits rückwirkend für nach dem 31.12.2014 und vor dem 1.1.2016 endende Geschäftsjahre Anwendung finden konnte. Ab dem Geschäftsjahr 2016 ist der per 31.12.2015 43 Basispunkte und zum 31.12.2017 sogar 88 Basispunkte niedrigere Zinssatz pflichtgemäß für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen zu verwenden, was zu einer (vorübergehenden) rein handelsrechtlichen (da steuerlich keine Änderung des § 6a EStG erfolgte) bilanziellen und erfolgsrechnerischen Entlastung der Unternehmen geführt hat und weiterhin führt. Dies verschärft jedoch angesichts des geringen Zinsniveaus die Problematik, dass diese Dämpfung zumindest temporär zu stillen Lasten in den Pensionsrückstellungen führt.

[1] Vgl. etwa die bei Lachnit/Müller, DB 2004, S. 497-506, dargestellten abschlussanalytischen Konsequenzen.
[2] Vgl. Kußmaul/Kihm, in: Küting/Langenbucher (Hrsg.), Internationale Rechnungslegung, FS Weber, 1999, S. 134-135.

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