Leitsatz

Vorschüsse auf künftige Provisionsansprüche sind als erhaltene Anzahlungen zu passivieren, sofern mit deren Realisierung noch nicht sicher gerechnet werden kann.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist als selbstständiger Versicherungsvertreter tätig. Provisionsabrechnungen erfolgen durch die Versicherungsgesellschaft monatlich. Dabei werden zustehende Provisionen um negative Geldwerte aus Storno vermindert. Außerdem ist der Auftraggeber in bestimmten Fällen berechtigt, die Provisionen in Raten gutzuschreiben oder den Geldwert einem Rückstellungskonto zuzuführen. Die Vertragsbedingungen sehen vor, dass die Provision das Schicksal der Prämie teile und vorschüssig in der Erwartung gut geschrieben würden, dass die zur Erfüllung der Stornohaftungszeit erforderlichen Prämien gezahlt würden. Geschehe dies nicht, würden die gutgeschriebenen Einheiten jeweils anteilig belastet. Außerdem legt die Versicherungsgesellschaft ein Stornoreservekonto für mögliche Rückforderungen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses an. Der Kläger bildete für vereinnahmte aber noch stornobedrohte Provisionen einen Passivposten für erhaltene Anzahlungen. Ferner wies er für die Stornoreserve sowohl eine sonstige Forderung sowie eine Rückstellung in gleicher Höhe aus.

 

Entscheidung

Eine Realisierung der Provision ist gegeben, wenn der Kläger einen praktisch nicht mehr entziehbaren Anspruch auf Provisionszahlung erlangt hat. Sind die Zahlungen nur als Vorschüsse auf künftige Provisionsansprüche anzusehen, mit deren Entstehung noch nicht sicher gerechnet werden kann, kommt eine Erfassung als realisierter Gewinn noch nicht in Betracht. Solche Vorschüsse sind als "erhaltene Anzahlungen" zu passivieren.

Aus den Vertragsunterlagen ergibt sich, dass der Kläger für neu vermittelte Versicherungsverträge zunächst einen bloßen Provisionsvorschuss in der Erwartung vollständiger Prämienzahlungen erhält, weil die Provision das Schicksal der Prämie teilt. Sicher verdient sind diese Vorschusszahlungen erst, wenn der Versicherungsnehmer in der sogenannten Stornohaftungszeit, alle Prämien gezahlt hat. Gehen diese Prämien nicht in voller Höhe ein, geht dem Kläger eine bereits ausgezahlte Provision zeitanteilig verloren. Die erhaltenen Zahlungen sind pro rata temporis auf bereits sicher verdiente Provisionen und noch nicht verdiente Vorschüsse aufzuteilen. In dieser Höhe ist ein Passivposten für erhaltene Anzahlungen zu bilden.

Eine Rückstellung für die Stornoreserve ist aber nicht anzuerkennen. Bei dem Stornoreservekonto handelt es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung um eine von Kläger erbrachte Sicherheitsleistung, vergleichbar mit einer Mietkaution, bei der eine Gewinnminderung erst bei tatsächlicher bzw. bevorstehender Inanspruchnahme zu berücksichtigen ist.

Für die Stornoreserve kommt eine Gewinnminderung, entweder durch Wertberichtung des Aktivposten oder Passiervierung, erst in Betracht, soweit der Kläger nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses konkret damit rechnen muss, dass die Stornoreserve nicht mehr ausgezahlt werden wird.

 

Hinweis

Im Zusammenhang mit den noch nicht im Gewinn zu erfassenden Provisionsansprüchen ist zu beachten, dass nach Auffassung des FG Münster die jeweils bis zum Bilanzstichtag angefallenen und den bis dahin erbrachten Vermittlungsleistungen zuzuordnenden Aufwendungen als "unfertige Arbeiten" zu aktivieren sind (FG Münster, Urteil v. 21.12.2011, 9 K 3802/08 K,G,F,Zer; Revision eingelegt, Az beim BFH, I R 15 / 12).

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Beschluss vom 21.11.2012, 2 K 38/12

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