Leitsatz

1. Die Bestimmungen des § 5 Abs. 1a EStG 2002 i.d.F. des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28.4.2006 (BGBl I 2006, 1095, BStBl I 2006, 353) und des § 254 HGB i.d.F. des BilMoG vom 25.5.2009 (BGBl I 2009, 1102, BStBl I 2009, 650) über die Bildung und Berücksichtigung von bilanziellen Bewertungseinheiten sind nicht rückwirkend auf die Zeiträume vor ihrem Inkrafttreten anzuwenden.

2. Vor dem Inkrafttreten jener Vorschriften kam die Bildung und steuerliche Anerkennung von bilanziellen Bewertungseinheiten nur in Betracht, wenn die strikte Beachtung des Einzelbewertungsgrundsatzes in Verbindung mit dem Imparitätsprinzip dazu führen würde, dass ein den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens widersprechendes Bild entsteht.

3. Eine Bewertungseinheit zwischen den durch CLN gesicherten Darlehensforderungen einer Bank und deren Rückzahlungsverpflichtungen aus den CLN ist ausgeschlossen, soweit nach den betreffenden Emissionsbedingungen (hier: Vereinbarung einer sog. Zinsunterbeteiligung zugunsten der Gläubiger der CLN) das Ausfallrisiko der Darlehensforderungen im Ergebnis bei der emittierenden Bank verbleibt.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 EStG 1997 i. d. F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, § 5 Abs. 1a EStG 2002 i.d.F. des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen, § 252 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4, § 253 Abs. 3 Satz 2, § 264 Abs. 2 HGB i.d.F. vor dem BilMoG, § 254 HGB i.d.F. des BilMoG

 

Sachverhalt

Die klagende Bank verfügte über Forderungen aus Hypothekendarlehen. Zur Entlastung von aus diesem sog. Kredit- oder Referenz-Pool resultierenden Risiken emittierte sie im Jahr 1999 Schuldverschreibungen im Gesamtnennbetrag von rd. 267 Mio. EUR. Sie gab sog. CLN aus, bei denen es sich um Kombinationen von Schuldverschreibungen mit sog. CDS handelt. Bei den CLN sind die emittierten Schuldverschreibungen von der emittierenden Bank nur dann zum vollen Nennwert zurückzuzahlen, wenn die in den jeweiligen Emissionsbedingungen vereinbarten sog. Kreditereignisse des Referenz-Pools nicht eintreten; bei Eintritt von Kreditereignissen werden die CLN nur in Höhe des Restwerts der Referenz-Pools zurückgezahlt. Für die von der Klägerin ausgegebenen CLN wurde als maßgebliches Kreditereignis der "Forderungsausfall" festgelegt (dazu § 9 Abs. 2 Satz 1 der Emissionsbedin­gungen). Die Klägerin emittierte die CLN in unterschiedlichen Tranchen, die sich nach dem Grad des Ausfallrisikos und der Zinshöhe unterschieden. Nach den Emissionsbedingungen sollten ausfallende Pool-Darlehen auf die CLN – beginnend mit der Tranche Y – aufsteigend angerechnet werden. Im Ergebnis führen Forderungsausfälle bei den Inhabern der CLN zu einem Verlust der Kapitalrückzahlung und danach zum Verlust der Zinsen. Die Abrechnungen erfolgten und erfolgen bis längstens 2040 quartalsweise, beginnend mit dem 27.2.2000. Den Gläubigern der Tranche mit dem höchsten Ausfallrisiko (CLN Klasse Y), auf die die gegebenenfalls ausfallenden Darlehen zuerst anzurechnen sind, sagte die Klägerin eine eingeschränkte Unterbeteiligung an bestimmten Zinseinnahmen aus dem Referenz-Pool bis zu einer maximalen Höhe (fixe Kappungsgrenze) von 9,3 Mio. EUR zu. Diese Sicherheit soll dann eintreten, wenn ausgefallene Forderungen nach den Emissionsbedingungen vom Kapitalrückzahlungsbetrag abzuziehen sind. Die Zinsunterbeteiligung ist außerdem noch auf einen positiven Saldo zwischen Zinsertrag aus dem Referenz-Pool und dem Zinsaufwand auf die CLN in den folgenden Perioden begrenzt (variable Kappungsgrenze).

In ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2000 passivierte die Klägerin die CLN als Verbindlichkeiten zum Rückzahlungspreis. Aufgrund drohender Ausfälle der Rückzahlungsforderungen aus acht einzelnen Kreditverhältnissen des Referenz-Pools bildete sie zudem eine Rückstellung von 5.463.684,37 EUR für die drohende Inanspruchnahme aus der Zinsunterbeteiligung. Das FA hielt nur wegen zweier jener acht Kreditverhältnisse die Passivierung von bereits entstandenen Verbindlichkeiten aus der Zinsunterbeteiligung (116.708 EUR; 110.833 EUR) für gerechtfertigt. Es liege eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften vor, die nach § 5 Abs. 4a EStG in der Steuerbilanz nicht gebildet werden dürfe. Die Klägerin meinte, hilfsweise müsse eine Teilwertabschreibung auf die ausfallbedrohten Darlehensforderungen vorgenommen werden. Das hielt das FA für unzutreffend: Eine Teilwertabschreibung dürfe wegen einer Bewertungseinheit von Darlehensforderungen und den zur Sicherung ausgegebenen CLN nicht vorgenommen werden; außerdem fehle es an einer voraussichtlich dauernden Wertminderung der Forderungen.

 

Entscheidung

Der BFH hob das klageabweisende FG-Urteil (Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.10.2013, 6 K 128/11, Haufe-Index 6205814, EFG 2014, 123) auf und verwies die Sache zur weiteren Sachaufklärung (zur Möglichkeit von Teilwertabschreibungen) an das FG zurück.

 

Hinweis

1. Der Kern der Entscheidung

Es geht um die steuerbil...

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