Rz. 129

Für die Unternehmensanalyse und Unternehmensbeurteilung reicht es nicht, zu wissen, was in der Vergangenheit gewesen ist, ebenso wichtig sind Informationen darüber, wie sich das Unternehmen in der Zukunft weiterentwickeln wird. Im Rahmen der Jahresabschlussanalyse wird in verschiedener Form auf die Zukunft geschlossen.[1] Zum einen sind naive Formen der Extrapolation anzutreffen, mit denen in der Vergangenheit erkennbare Entwicklungen und Trends von Jahresabschlussangaben in die Zukunft verlängert werden. Derartige Prognoseversuche müssen unter dynamischen Unternehmens-, Markt- und Umweltverhältnissen fast zwangsläufig scheitern. Zum anderen finden sich Ansätze, im Rahmen der Bilanzanalyse Prognosen mit Hilfe mathematisch-statistischer Verfahren abzuleiten. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Methoden, die Absolutwerte prognostizieren, wie z. B. Zeitreihenverfahren oder Regressionsrechnungen, und solchen, die Zustände prognostizieren, wie z. B. Diskriminanzanalysen oder neuronale Netze.[2] Schließlich sind noch Ansätze zu erwähnen, die betriebswirtschaftliche Planungskalküle, wie z. B. Planerfolgsrechnungen oder Planbilanzen, als Instrument der prognostischen Jahresabschlussanalyse benutzen. Bei diesem Vorgehen wird eine flexible Kombination von Methoden und Informationen praktiziert, indem die Jahresabschlussdaten auf der Basis betriebswirtschaftlichen Erfahrungs- und Zusammenhangswissens unter Berücksichtigung aktueller Informationen, z. B. über Branchenkonjunktur, Lohn- und Preissteigerungsgeschehen, Devisenkurse usw., planerisch flexibel fortentwickelt werden und in der Gesamtschau die betreffende Prognoserechnung ergeben.

 

Rz. 130

Die mathematisch-statistischen Ansätze eignen sich zur Erfolgsprognose nur bedingt. Eine unmittelbar am Jahresergebnis ansetzende Prognose der absoluten Erfolgshöhe mit Hilfe von Zeitreihen- oder Regressionsverfahren scheitert i. d. R., da das Jahresergebnis eine statistisch zu unruhig verlaufende Größe ist und somit aus der Verlaufskurve der Vergangenheit nicht in akzeptierbaren Grenzen das Jahresergebnis der Folgeperiode abgeleitet werden kann. Die bisher vorliegenden Resultate zeigen, dass auf Grundlage von Diskriminanzanalysen Erfolgsprognosen mit ca. einem Jahr Zeitvorlauf möglich sind. Der Nachteil dieser Prognosen liegt allerdings darin, dass nur eine sehr globale klassifikatorische Einordnung von Unternehmen gelingt, nicht jedoch eine Bestimmung der absoluten Erfolgshöhe, was mit originären betriebswirtschaftlichen Erfolgsprognoserechnungen, wie z. B. einer Prognose-GuV, durchgeführt werden kann.

 

Rz. 131

Die differenziert-flexible GuV-Prognose[3] als betriebswirtschaftliches Prognosekalkül knüpft bei der Erfolgsprognose nicht unmittelbar an der Aggregatgröße Erfolg, sondern an den Komponenten des Erfolges an. Die Erfolgsprognose beruht auf einer prognostischen Ableitung der wesentlichen Aufwendungen und Erträge, woraus erst im zweiten Schritt als Konsequenz die Prognose des absoluten Erfolgsbetrages hervorgeht. Kennzeichen der differenziert-flexiblen GuV-Prognose ist die aktualisierte Fortschreibung der letzten GuV. Bei Durchführung einer derartigen Erfolgsprognose sind einige hintereinandergeschaltete Schritte notwendig:

  • Umstrukturierung der GuV unter dem Gesichtspunkt der prognostischen Fassbarkeit der Positionen;
  • Herausrechnung der unregelmäßigen und außerordentlichen/außergewöhnlichen Beträge aus den ordentlichen Ergebnisbereichen;
 

Rz. 132

Die in veröffentlichten Jahresabschlüssen wiedergegebene Erfolgsrechnung ist für die Ableitung einer Erfolgsprognose nicht optimal, denn es werden sowohl in der Gliederung wie auch bei den einzelnen Positionen ordentliche, unregelmäßige und außerordentliche/außergewöhnliche Komponenten vermengt. Diese Erfolgskomponenten sind jedoch unter dem Aspekt der Prognostizierbarkeit grundsätzlich verschieden zu sehen. Die in das ordentliche Jahresergebnis eingehenden Positionen sind unter normalen Verhältnissen bei sorgfältiger Auswertung der Jahresabschlüsse und bei Einbeziehung weiterer Informationen aus der Zwischenpublizität des Unternehmens sowie aus branchen- und volkswirtschaftlichen Berichten für eine Erfolgsprognose mit etwa 9 bis 12 Monaten Vorlauf relativ begründet, ggf. mit verschiedenen Szenarien unterlegt, weiterzuentwickeln.[4] Die unregelmäßigen und erst recht die außerordentlichen/außergewöhnlichen Aufwendungen und Erträge entziehen sich einem prognostischen Zugriff weitgehend, da sie wegen ihrer Unregelmäßigkeit zufälligen Einflüssen unterliegen und auch sehr stark von der Bilanzpolitik des Unternehmens abhängen. Zudem stellen außerordentliche/außergewöhnliche Aufwendungen und Erträge gem. § 277 Abs. 4 HGB a. F. bzw. § 285 Nr. 31 HGB nur extreme Vorkommnisse in der Erfolgsentwicklung des Unternehmens dar, die im Regelfall nicht zu prognostizieren sind. Die Grundstruktur einer externen Prognose-Erfolgsrechnung stellt sich demnach wie folgt dar (vgl. Abb. 11):

Abb. 11: Grundstruktur der externen Prognose-GuV

 

Rz. 133

Ker...

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