Rz. 90

Neben der Erfolgsspaltung nach Ergebnisschichten sowie nach Unternehmenssegmenten ist die Aufwands- und Ertragsanalyse ein weiteres Element der strukturellen Analyse des Erfolgs, wobei dies auch bereits im Rahmen der flexiblen Analyse teilweise untersucht wurde. Mit ihr sollen der Anteil einzelner Teilergebnisse und Erfolgskomponenten an der Ergebnisentstehung tiefergehend untersucht werden. Dazu werden einzelne Größen der GuV ins Verhältnis zur Gesamtleistung, zum Umsatz oder zum Ergebnis vor Steuern gesetzt. Mit diesen Informationen können sodann z. B. Annahmen darüber getroffen werden, inwiefern die Veränderung einer bestimmten Aufwands- und Ertragsart den Unternehmenserfolg tangiert oder aber in welchen Aufwandsarten insbesondere Sparpotenzial enthalten ist. Auf einer tieferen Ebene ist anschließend zu klären, inwiefern die ermittelten Risikofaktoren durch das Unternehmen steuerbar sind. Wenn z. B. die Höhe der Aufwendungen überwiegend durch externe Sachverhalte determiniert wird, kann das analysierte Unternehmen nur beschränkt Einfluss auf die Aufwandsstruktur nehmen. Fremdbestimmung von Aufwands- und Ertragshöhen durch andere Unternehmen oder durch gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen (z. B. Gesetzesänderungen, Preisentwicklung oder Tarifpolitik) kann oftmals nur durch radikale Umstrukturierungen der Geschäftsstrategie neutralisiert werden.

 

Rz. 91

Theoretisch ist eine solche Analyse mit sämtlichen Aufwands- und Ertragsarten durchführbar. Beschränkungen ergeben sich lediglich aus dem Detailliertheitsgrad der Berichterstattung. Brauchbare Aussagen beispielsweise für eine prospektive Einschätzung der Erfolgsentwicklung von Unternehmen[1] erhält man allerdings nur in geringem Maße, sofern es sich bei den Aufwands- und Ertragsarten um unregelmäßige oder außergewöhnliche Werte handelt. Geeigneter hierfür erweist sich das Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit. Einen immer größer werdenden Anteil hieran besitzt das ordentliche Finanzergebnis. Da auf dieses zahlreiche Einflussfaktoren einwirken, sollte dem Finanzerfolg zwar eine gewichtigere Rolle im Rahmen der Aufwands- und Ertragsanalyse eingeräumt werden, im Vordergrund der Analyse steht in der Theorie aber immer noch eine Untersuchung der einzelnen Erfolgskomponenten des ordentlichen Betriebsergebnisses. Mit diesem können am besten die Nachhaltigkeit und Stabilität der Ergebnisentwicklung überprüft werden.[2]

 

Rz. 92

Grundsätzlich können im Rahmen der Aufwands- und Ertragsanalyse Struktur- und Quotenkennzahlen unterschieden werden. Dabei setzen Strukturkennzahlen eine Aufwands- oder Ertragsart ins Verhältnis zu der dazugehörigen Gesamtgröße, z. B. die Personalaufwendungen zur Summe aller Aufwendungen. Bei Quotenkennzahlen wird dagegen der Anteil der Teilgröße an Umsatz oder Gesamtleistung bestimmt. Letztere werden häufig auch als "Intensitätskennzahlen" bezeichnet. Der Vorteil von Quoten- oder Intensitätskennzahlen beruht auf 2 Aspekten: Zum einen sind die Größen "Umsatzerlöse" und "Gesamtleistung" weniger durch bilanzpolitische Gestaltung verzerrt. Zum anderen kann bei Quotenkennzahlen ein stärkerer Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen Zähler und Nenner angenommen werden, da beide Werte als nachhaltig bezeichnet werden können.[3] Bei Strukturkennzahlen wird dieses Verhältnis häufig dadurch gestört, dass im Nenner sowohl nachhaltige als auch außerordentliche Werte vermengt werden, was speziell bei Prognosen zu Fehlurteilen führen kann.

 

Rz. 93

Inwiefern bei der Berechnung von Quotenkennzahlen der Umsatz oder die Gesamtleistung im Nenner verwendet wird, hängt von der Gliederung der GuV ab. Dem Entsprechungsprinzip nach bietet sich hier beim Gesamtkostenverfahren die Gesamtleistung an, da die betrieblichen Aufwendungen (mit Ausnahme der Steuern) nicht nur auf die Umsatzerlöse entfallen, sondern auch auf die nicht verkauften Leistungen. Bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens wird dagegen der Umsatz im Nenner verwendet, da sich per Definition die ausgewiesenen Herstellungskosten nur auf die Leistungen beziehen, durch die die Umsatzerlöse erzielt werden konnten. In beiden Fällen ist aktuell die Vergleichbarkeit durch die Neudefinition der Umsatzerlöse eingeschränkt. Nur im Jahr der erstmaligen Anwendung des § 277 Abs. 1 HGB i. d. F. d. BilRUG war für das Vorjahr der Unterschiedsbetrag zwischen den verschiedenen Definitionen von den Unternehmen anzugeben (Art. 75 Abs. 2 EGHGB). Da in vielen Kennzahlenberechnungen die Umsatzerlöse einfließen, entstehen durch die abweichende Definition ggf. so große Veränderungen, dass eine zeitliche Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben ist. Sollen dennoch längerfristige Zeitvergleiche vorgenommen werden, so bietet es sich an, das Jahr vor der Umstellung doppelt abzubilden und so mit der alten Definition die vergleichbare Zeitphase klar abzuschließen und mit dem Wert mit neuer Definition wieder neu zu beginnen – sofern es wesentliche Unterschiede gibt. Selbst intern dürfte es nur mit großem Aufwand möglich sein, eine ...

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