Rz. 54

In der Bilanzanalyse zielen Auswertungsmaßnahmen darauf, die betriebswirtschaftliche Urteilsbildung über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu unterstützen. Durch die verschiedenen Ausprägungen der Rechnungslegungssysteme ist eine einheitliche standardisierte Aufbereitung kaum durchführbar. Sie muss vielmehr fallweise erfolgen, wobei die zentralen Erkenntnisziele Erfolg und Finanzen im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Die bestehenden Unterschiede zwischen HGB und IFRS lassen sich von externer Seite nicht komplett im Rahmen einer Aufbereitung beseitigen – zu groß sind die Unterschiede bezüglich Ausweis-, Ansatz- und Bewertungsvorschriften und es fehlen weitgehend die dafür notwendigen Informationen. So gibt es etwa nach IFRS den Ausweis/die Anhangangabe von außerordentlichen/außergewöhnlichen Ergebnissen nicht, dagegen kennt das HGB keine Separierung von nicht fortzuführenden Aktivitäten. Nach HGB überwiegt immer noch stark die Anschaffungskostenobergrenze bei der Bewertung, während nach IFRS pflichtgemäß oder per Wahlrecht nicht unerhebliche Teile der Vermögenswerte zum Marktzeitwert angesetzt sein müssen oder können.

 

Rz. 55

Die teilflexible Erfolgs- und Finanzlageanalyse ist daher nur hinsichtlich des Analyseziels und der Systematik der Zielerreichung starr anzuwenden, d. h., die inhaltliche Ausgestaltung hat sich konsequent an den von der analysierenden Person vorzugebenden Abbildungswünschen auszurichten. Flexibel müssen aber zwangsläufig die Zuordnungen sein, wie z. B. einzelner Positionen im Rahmen der Erfolgsspaltung, aufgrund der durch fehlende Informationen nicht möglichen Vereinheitlichung der Datenbasis in der Aufbereitung. Es ist jedoch im Hinblick auf die geforderte Stetigkeit davon auszugehen, dass diese teilflexiblen Instrumente zumindest im Zeitablauf für ein Unternehmen weitgehend unverändert angewendet werden können. Für die Interpretation der Ergebnisse im überbetrieblichen Vergleich kann zudem eine Unterteilung der Zuordnungen in pflichtmäßige, eindeutig bestimmbare und zusätzliche, freiwillige, unternehmensindividuelle Informationen vorgenommen werden. Während Ersteres zu einem vergleichbaren, aber auf Kompromissen zwischen Zielerreichung und vorhandenem Datenmaterial beruhenden Analysemethodenergebnis führt,[1] ergibt der Einbezug der weiteren Informationen ein genaueres Ergebnis, allerdings nur für das analysierte Unternehmen. Darüber hinaus können eventuell unternehmensgrößen-, unternehmensart- und branchengemäße Übereinstimmungen festgestellt und berücksichtigt werden. Die teilflexiblen Analyseinstrumente stellen eine Fortsetzung der Aufbereitungsinstrumente dar, weil die Analyse der Erfolgs- und Finanzlage sich sinnvollerweise nur an den Erwartungen der analysierenden Person orientieren kann. Somit lässt sich eine Bereinigungsrechnung als Überleitungsrechnung zwischen der extern vorgeschriebenen und der erwarteten Darstellung des Analysten und umgekehrt verstehen.

[1] Beispiel hierfür sind etwa freiwillige Angaben über stille Reserven, die für überbetriebliche Vergleichszwecke nur tauglich sind, wenn alle zu vergleichenden Unternehmen die Angaben publiziert haben.

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