Die Handelsbilanz soll als Teil des Jahresabschlusses ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermitteln.

Adressaten der Handelsbilanz sind

  • die nicht in der Geschäftsführung tätigen Gesellschafter des Unternehmens,
  • dessen Kreditgeber, Lieferanten, Kunden und Arbeitnehmer.

Diesen ist eines gemeinsam: Sie haben alle ein Interesse daran, dass das Unternehmen regelmäßige Zahlungen, z. B. in Form von Gewinnausschüttungen, Zins- und Tilgungsleistungen oder Löhnen erbringen kann. Allerdings haben diese Personengruppen nur bei Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften, an denen keine natürliche Person als voll haftender Gesellschafter beteiligt ist, die Möglichkeit, die Bilanz einzusehen. Alle anderen Unternehmen müssen ihren handelsrechtlichen Jahresabschluss nicht veröffentlichen bzw. hinterlegen.

Aus der Handelsbilanz kann eine den steuerlichen Vorschriften entsprechende Bilanz abgeleitet werden, die Steuerbilanz.[1] Zwingend ist die Erstellung einer Steuerbilanz jedoch nicht. Für Besteuerungszwecke genügt auch eine reine Handelsbilanz, deren Ergebnis in Form einer Überleitungsrechnung an die steuerrechtlichen Vorschriften angepasst wird. Hieraus wird bereits deutlich, dass Handels- und Steuerbilanz voneinander abweichen, weil mit beiden Rechenwerken unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Während die Handelsbilanz vom Vorsichtsprinzip geprägt ist, hat der Fiskus großes Interesse an einer periodengerechten Gewinnermittlung und steht handelsrechtlichen Möglichkeiten, diesen Gewinn zu mindern, ablehnend gegenüber.

 
Praxis-Tipp

Einheitsbilanz statt getrennter Handels- und Steuerbilanz

Da der Aufwand, gesonderte Handels- und Steuerbilanzen zu erstellen, für kleinere Unternehmen im Regelfall zu groß ist, begnügen sie sich meist mit einer Einheitsbilanz, die handels- und steuerrechtlichen Zwecken gerecht wird. Dies wird jedoch immer schwieriger, da die Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz immer größer werden.

2.1 Maßgeblichkeitsprinzip

Unverändert besteht allerdings eine Verbindung zwischen der Handels- und der Steuerbilanz, die auf das Maßgeblichkeitsprinzip zurückgeht. Dieses in § 5 Abs. 1 EStG geregelte Prinzip besagt, dass die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung in der Handelsbilanz ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden auch in der Steuerbilanz anzusetzen sind.

Dagegen wurde das Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit aufgehoben. Daher können steuerrechtliche Vergünstigungen auch dann beansprucht werden, wenn die entsprechenden Wahlrechte nicht in der Handelsbilanz ausgeübt worden sind. Derartige Wahlrechte sind z. B. die Bildung steuerfreier Rücklagen nach § 6b EStG und die Sonderabschreibungen nach § 7b EStG und § 7g EStG.

Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz gilt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern nur in folgendem Umfang:

  • Handelsrechtliche Aktivierungs- und Passivierungsgebote sowie -verbote sind auch für die Steuerbilanz bindend.
  • Handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte führen zu einer Aktivierungspflicht in der Steuerbilanz. Handelsrechtliche Passivierungswahlrechte lösen steuerrechtlich dagegen ein Passivierungsverbot aus.
  • Dies gilt aber nur insoweit, als den handelsrechtlichen Regelungen keine abweichenden steuerrechtlichen Regelungen entgegenstehen.

Beispiele für derartige Durchbrechungen enthalten insbesondere die steuerrechtlichen Regelungen zur Bildung und Bewertung von Rückstellungen, zur Vornahme von Abschreibungen bei außerplanmäßigen Wertminderungen sowie zur Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens.

2.2 Besonderheiten bei Personengesellschaften

Neben der Steuerbilanz gibt es 2 weitere Bilanzen, die nur steuerrechtlich Bedeutung haben und nur bei Personengesellschaften vorkommen können:

  • Sonderbilanzen enthalten vor allem das Vermögen, das im Eigentum eines Gesellschafters einer Personengesellschaft steht und der Personengesellschaft zur Verfügung gestellt wird. So ist z. B. ein Gebäude, das ein Gesellschafter an eine OHG vermietet, in dessen Sonderbilanz – nicht in der Gesamthandsbilanz der OHG – zu aktivieren.
  • Ergänzungsbilanzen nehmen nur Wertdifferenzen auf, die z. B. dadurch entstehen, dass ein Gesellschafter neu in eine Personengesellschaft eintritt und den bisherigen Gesellschaftern einen Ausgleich für die von ihnen gebildeten stillen Reserven zahlt, an denen er künftig beteiligt ist.
 
Praxis-Tipp

Anwendbarkeit handelsrechtlicher Regelungen

Bilanzierende Einzelunternehmer und Personengesellschaften müssen handelsrechtlich zwar nur die §§ 238263 HGB beachten. Es spricht aber nichts dagegen, dass sie auch die eigentlich nur für Kapitalgesellschaften geltenden §§ 264 ff. HGB anwenden.

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