Der Grundsatz des Bilanzenzusammenhangs ergibt sich aus § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB. Er besagt, dass die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz eines Geschäftsjahrs mit denen der Schlussbilanz des vorangegangenen Geschäftsjahrs übereinstimmen müssen. Dadurch soll die vollständige Erfassung des Gewinns gewährleistet werden. Selbst wenn die Schlussbilanz des Vorjahrs falsch ist und nicht mehr korrigiert werden kann, bildet sie die Eröffnungsbilanz des nächsten Jahres. Der Grundsatz des Bilanzenzusammenhangs hat Vorrang vor dem Grundsatz der periodengerechten Gewinnermittlung.

Ist ein Ansatz in der Bilanz falsch, weil er gegen Vorschriften des HGB oder EStG verstößt, darf die Bilanz auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt durch eine entsprechende Mitteilung an das Finanzamt noch geändert werden, solange dies verfahrensrechtlich möglich ist.[1] In diesem Fall handelt es sich um eine Bilanzberichtigung, also eine Korrektur eines handels- oder steuerrechtlich unzutreffenden Bilanzansatzes. Eine solche Bilanzberichtigung gilt nur bei einem unrichtigen Ansatz von Wirtschaftsgütern dem Grunde oder der Höhe nach. Eine Änderung des steuerlichen Gewinns ohne Auswirkung auf einen Bilanzansatz ist keine Bilanzberichtigung.

 
Praxis-Tipp

Pflicht zur Bilanzberichtigung

Auch wenn die Regelung zur Bilanzberichtigung so klingt, als bestünde ein Wahlrecht, besteht eine Pflicht zur Berichtigung, wenn es andernfalls zu einer Steuerverkürzung kommt.

Von der Bilanzberichtigung zu unterscheiden ist die Bilanzänderung. Eine Bilanzänderung liegt vor, wenn ein zutreffender Bilanzansatz durch einen anderen zutreffenden Bilanzansatz ersetzt wird. Das ist regelmäßig nur möglich, wenn der Bilanzierende ein Wahlrecht hat,

  • ein Wirtschaftsgut in der Bilanz anzusetzen oder nicht,
  • ein Wirtschaftsgut mit unterschiedlichen Beträgen zu bewerten.

Die Durchführung einer Bilanzänderung bei einer dem Finanzamt eingereichten Bilanz setzt voraus,[2] dass

  • ein Bilanzierungs- oder ein Bewertungswahlrecht vorliegt,
  • der Antrag auf Bilanzänderung vor der Bestandskraft der Veranlagung gestellt wird,
  • die Bilanzänderung in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung steht,
  • die Bilanzänderung nur bis zur Höhe der Gewinnberichtigung durch die Bilanzberichtigung durchgeführt wird,
  • die Bilanzänderung sich auf den Gewinn der Steuerbilanz, nicht aber auf eine außerbilanzielle Hinzurechnung bezieht.[3]

Liegen diese Voraussetzungen vor, kann die Bilanzänderung ohne Zustimmung des Finanzamts vollzogen werden. Die Grundsätze zur Bilanzänderung gelten auch dann, wenn keine Steuerbilanz erstellt, sondern die Handelsbilanz nur um eine Überleitungsrechnung ergänzt wird.[4]

Ist bei der Bilanzierung ein Fehler unterlaufen, muss er in der letzten, noch nicht bestandskräftigen Bilanz korrigiert werden. Dies bedeutet z. B., dass

  • weder aktivierte noch als Betriebsausgaben abgesetzte nachträgliche Anschaffungskosten für ein betriebliches Gebäude dessen Buchwert in der ersten, noch offenen Bilanz gewinnneutral zu erhöhen und die Abschreibung auf Basis der so erhöhten Bemessungsgrundlage neu zu berechnen ist;
  • eine irrtümlich unterlassene Abschreibung durch die Verteilung des zu hohen Restbuchwerts auf die verbleibende Restnutzungsdauer nachzuholen ist;
  • ein bisher versehentlich nicht aktiviertes Wirtschaftsgut mit dem Wert zu erfassen ist, den es aufweisen würde, wenn es seit der Anschaffung oder Herstellung zutreffend bilanziert worden wäre; dabei gehen die unterlassenen Abschreibungen allerdings verloren;
  • bisher überhöhte Abschreibungen nicht zu einer Aufstockung des Buchwerts des betreffenden Wirtschaftsguts führen, sondern der Buchwert auf die verbleibende Nutzungsdauer zu verteilen bzw. bei Gebäuden der zutreffende Abschreibungssatz anzuwenden ist;
  • weder rechtswidrig noch willkürlich unterlassene Passivierungen gewinnmindernd zu berücksichtigen sind,
  • unzutreffend gebildete Passivposten in der ersten, noch offenen Bilanz gewinnerhöhend auszubuchen sind.

Ein Bilanzansatz ist solange korrekt, wie er der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht. Ändert der BFH seine Rechtsprechung zu einem späteren Zeitpunkt, berührt dies einen davon abweichend in der Vergangenheit gewählten Bilanzansatz nicht. Auch wenn eine Bilanzierungsfrage bislang nicht geklärt, der bisherige Bilanzansatz im Sinne kaufmännischer Sorgfalt aber richtig war, bleibt es nach erstmaliger, aber davon abweichender Rechtsprechung bei dem bisherigen Ansatz. In beiden Konstellationen darf keine Bilanzberichtigung vorgenommen werden.[5]

 
Praxis-Tipp

Bilanzierung bei unklarer Rechtslage

Ist eine Bilanzierungsfrage bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung noch nicht höchstrichterlich geklärt, ist das Finanzamt auch dann nicht an die Auffassung des Steuerpflichtigen zur Bilanzierung gebunden, wenn diese Auffassung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns vertretbar war.[6]

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