Leitsatz (amtlich)

1. Ist in der Gesellschafterversammlung einer GmbH das Zustandekommen eines bestimmten Beschlusses vom Versammlungsleiter festgestellt worden, so ist der Beschluß mit dem festgestellten Inhalt vorläufig verbindlich; formelle oder materielle Mängel, die seine Anfechtbarkeit begründen, können nur durch Erhebung der Anfechtungsklage geltend gemacht werden (Ergänzung BGH, 1986-01- 20, II ZR 73/85, BGHZ 97, 28).

2. Eine Satzungsbestimmung, die für die Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses in einer GmbH eine Frist von weniger als einem Monat vorsieht, ist unwirksam.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Einziehung seiner Geschäftsanteile an der beklagten GmbH.

Die Beklagte stellt Tonträger her, die sie durch Dritte vertreiben läßt. Ihr Repertoire besteht vornehmlich aus Aufnahmen des Musikers H.. Gesellschafter und zugleich Geschäftsführer der Beklagten waren der Kläger mit zwei Geschäftsanteilen zu je 10.000 DM und 7.000 DM sowie Z. mit zwei Geschäftsanteilen von 10.000 DM und 24.000 DM, die er zur Hälfte treuhänderisch für H. hielt. § 10 Nr. 2d der Satzung der Beklagten sieht die Möglichkeit der Einziehung von Geschäftsanteilen durch Beschluß der Gesellschafterversammlung auch ohne Zustimmung des betreffenden Gesellschafters vor, wenn ein den Ausschluß des betroffenen Gesellschafters rechtfertigender wichtiger Grund vorliegt. Nach § 8 Nr. 3 der Satzung werden Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der vertretenen Stimmen gefaßt, wobei jeweils 1.000 DM eines Geschäftsanteils eine Stimme gewähren. Nach § 8 Nr. 4 ist über Gesellschafterbeschlüsse eine vom Versammlungsleiter zu unterzeichnende Niederschrift aufzunehmen, die jedem Gesellschafter in Ausfertigung zuzustellen ist. Gemäß Nr. 5 der bezeichneten Bestimmung können Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nur binnen einer Frist von vier Wochen ab Beschlußfassung durch Klage angefochten werden.

Im Sommer 1986 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Z. und H. sowie dem Kläger wegen dessen anderweiter Geschäftstätigkeit in der von ihm betriebenen F. GmbH und der W.-Gesellschaft mbH. In einer von Z. auf den 15. Dezember 1986 einberufenen Gesellschafterversammlung, der der Kläger fernblieb, wurde mit den Stimmen Z.'s und H.'s, der sich durch Rechtsanwalt B. vertreten ließ, die Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers gemäß § 10 Nr. 2d der Satzung wegen der angeblichen Konkurrenztätigkeit des Klägers beschlossen. Das Abstimmungsergebnis wurde von dem als Versammlungsleiter amtierenden Z. in einer von ihm unterzeichneten Niederschrift festgestellt. Der Einziehungsbeschluß wurde dem Kläger am 18. Dezember 1986 per Einschreiben/Rückschein mitgeteilt. Ein seinem Prozeßbevollmächtigten am 6. Januar 1987 telefonisch übermitteltes Abfindungsangebot über 30.000 DM lehnte er ab; der Wert seines Anteils sei wesentlich höher.

Der Kläger, der eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit in Abrede stellt, ist der Ansicht, der Einziehungsbeschluß sei nichtig oder unwirksam, weil weder ein wichtiger Grund vorgelegen noch der Beschlußantrag die erforderliche Mehrheit erhalten habe. Mit der gegen den Einziehungsbeschluß gerichteten, am 19. Januar 1987, einem Montag, bei Gericht eingegangenen Klage hat er beantragt, die Einziehung seines Geschäftsanteils für nichtig zu erklären, hilfsweise festzustellen, daß er durch den Einziehungsbeschluß vom 15. Dezember 1986 nicht aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt er seine bisherigen Klaganträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Zurückverweisung.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann die Unrichtigkeit einer Beschlußfeststellung auch im Recht der GmbH nur in Verbindung mit der Erhebung einer Anfechtungsklage geltend gemacht werden, wenn – wie im vorliegenden Fall – die Satzung der Gesellschaft die förmliche Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch den Versammlungsleiter vorschreibe und dieser entsprechend gehandelt habe. Danach müsse die Klage ohne Erfolg bleiben. Der gegen den Kläger gerichtete Einziehungsantrag sei mit allen in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen gefaßt worden, weil die irrtümliche Annahme des Gesellschafters Z., sein Treugeber H. sei für die treuhänderisch für ihn gehaltene Beteiligung abstimmungsberechtigt, unbeachtlich sei, so daß Z.'s Stimmabgabe mit allen Stimmen dieses Gesellschafters zu zählen sei. Mit der Geltendmachung von Anfechtungsgründen sei der Kläger ausgeschlossen, weil er die in § 8 Nr. 5 der Satzung festgelegte vierwöchige Anfechtungsfrist habe verstreichen lassen. Das Vorliegen eines die Einziehung rechtfertigenden wichtigen Grundes sei deshalb nicht zu prüfen. Dies hält rechtlicher Prüfung nur teilweise stand.

1. Nach der ursprünglichen Rechtsprechung des Senats ist (vom Fall der Nichtigkeit abgesehen) ein Beschluß durch Anfechtungsklage zu beseitigen, wenn der Beschlußinhalt, wie namentlich im Aktienrecht (§ 130 AktG) oder bei Satzungsänderungen in der GmbH (§ 53 Abs. 2 GmbHG), beurkundet werden muß und vom Vorsitzenden festgestellt worden ist. Ist dagegen, wie bei gewöhnlichen Gesellschafterbeschlüssen in der GmbH, eine Protokollierung ebenso entbehrlich wie die Leitung der Versammlung durch einen Vorsitzenden, so komme es, auch wenn ein Versammlungsleiter einen bestimmten Beschluß verkündet habe, auf das rechtlich zutreffende Ergebnis an. In diesem Fall sei die Anfechtungsklage nicht gegeben, das richtige Ergebnis vielmehr allein durch Feststellungsklage zu klären (BGHZ 14, 25, 36; 51, 209, 211ff.). Der Senat ist von dieser Rechtsprechung, die in der Literatur ganz überwiegend auf Ablehnung gestoßen war (vgl. Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG 6. Aufl. § 47 Rdnr. 151 und § 48 Rdnr. 53; Schilling/Zutt in Hachenburg, GmbHG 7. Aufl. Anh. § 47 Rdnr. 37; Schilling ebenda § 48 Rdnr. 15, 16; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 14. Aufl. Anh. zu § 47 Rdnr. 64), jedoch in der Folge bereits insoweit abgerückt, als er inzwischen davon ausgeht, auch die formal einwandfrei zustande gekommene Ablehnung eines Beschlußantrages mit Mehrheit oder infolge Stimmengleichheit sei ein Beschluß, der aus sachlichen Gründen nichtig oder anfechtbar sein könne, weil nur so für den antragstellenden Gesellschafter ein in allen Fällen ausreichender Rechtsschutz gewährleistet sei (BGHZ 88, 320, 328; 97, 28, 30). Darüber hinaus muß aber auch ein positiver Beschluß (also die Annahme eines Antrags) ungeachtet möglicher formeller oder materieller Mängel, wenn ein bestimmtes Beschlußergebnis vom Versammlungsleiter festgestellt worden ist, mit diesem Beschlußergebnis als vorläufig verbindlich gelten, so daß er nur durch Anfechtungsklage beseitigt werden kann.

Nach ganz herrschender Meinung ist die unrichtige Feststellung des Abstimmungsergebnisses, insbesondere auch wegen Mitzählens der Stimmen in Wahrheit nicht stimmberechtigter Personen, kein Nichtigkeits–, sondern lediglich ein Anfechtungsgrund (vgl. Schilling/Zutt aaO Anh. § 47 Rdnr. 89; Zöllner aaO Anh. § 47 Rdnr. 62, 63; Fischer/Lutter/Hommelhoff, GmbHG 12. Aufl. Anh. § 47 Rdnr. 35; Roth, GmbHG 2. Aufl. § 48 Anm. 3.3; Scholz/K. Schmidt aaO § 48 Rdnr. 53). Auf die vom Berufungsgericht zu Ungunsten des Klägers entschiedene Frage, ob der Beschluß trotz des Irrtums des Gesellschafters Z. über die Tragweite seiner Stimmabgabe im Hinblick auf die Mitwirkung eines Bevollmächtigten seines Treugebers mit der erforderlichen Stimmenmehrheit zustande gekommen ist, und die dagegen erhobenen Rügen der Revision ist deshalb nur dann einzugehen, wenn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Frist zur Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses bei Klageerhebung noch nicht verstrichen war. Die Ansicht des Berufungsgerichts beruht auf der Annahme, die in § 8 Nr. 5 der Satzung vorgeschriebene vierwöchige Anfechtungsfrist sei wirksam, weil diese Frist das Anfechtungsrecht in seinem Kern unberührt lasse; der Unterschied von drei Tagen zu der unstreitig zulässigen Vereinbarung der Einmonatsfrist aus § 246 Abs. 1 AktG sei unerheblich. Dem kann nicht gefolgt werden.

Die erst nachträglich durch die Novelle von 1884 in das deutsche Aktienrecht eingefügte Regelung des § 246 Abs. 1 AktG, die dem Aktionär das Recht zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen nur innerhalb einer zeitlichen Beschränkung beläßt, wie sie in der sonstigen Rechtsordnung vor allem bei der Anfechtung staatlicher Hoheitsakte und Gerichtsurteile anzutreffen ist, ist eine besonders strenge Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, daß die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften jederzeit geltend gemacht werden kann. Sie läßt dem Aktionär wenig Überlegungszeit für seine Entscheidung zur Klageerhebung, bei der es vielfach um die Beurteilung höchst komplexer und schwieriger Fragen geht, und versagt ihm den Rechtsschutz selbst für erst nach Fristablauf entdeckte Mängel. Sie muß daher als bewußte Bevorzugung der Interessen der Gesellschaft vor denjenigen des Gesellschafters gelten (ähnlich Zöllner aaO Anh. § 47 Rdnr. 4). Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist bei der Aktiengesellschaft wegen der Breitenwirkung von Hauptversammlungsbeschlüssen und des besonderen Angewiesenseins der Aktiengesellschaft auf Rechtssicherheit tragbar. Die Möglichkeit erst nach längerer Zeit anhängig werdender Anfechtungsklagen könnte ihre Investitionsentscheidungen, ihre Stellung am Kapitalmarkt und die Bewertung ihrer Aktien erheblich beeinträchtigen. Dagegen fordert der Gedanke der Rechtssicherheit bei der GmbH nicht in gleichem Maße eine enge zeitliche Begrenzung der Anfechtungsmöglichkeit. Die GmbH ist ihrer Struktur nach in aller Regel auf einen kleineren, leicht überschaubaren Kreis von Gesellschaftern beschränkt, die sich kennen und durch persönliche Beziehungen untereinander verbunden sind. Die Breitenwirkung von Gesellschafterbeschlüssen ist deshalb bei ihnen regelmäßig geringer und das Gewicht individueller Interessen entsprechend größer als bei der Aktiengesellschaft. Zudem werden die Auswirkungen einer Anfechtungsklage auf das Verhältnis der Gesellschafter untereinander häufig sehr erheblich sein und die Vertrauensgrundlage zwischen den Gesellschaftern, die für die Aktiengesellschaft typischerweise keine Rolle spielt, auf der die GmbH aber in der Regel beruht, nachhaltig in Mitleidenschaft ziehen. Aus diesem Grunde wird der Gesellschafter nicht selten bestrebt sein, eine Anfechtungsklage nicht eher zu erheben, als nicht ihre Aussichten und voraussichtlichen Folgen umfassend geklärt und alle Möglichkeiten zu außergerichtlicher Verständigung mit seinen Mitgesellschaftern erschöpft sind (vgl. zur unterschiedlichen Interessenlage in der Aktiengesellschaft und der GmbH bereits ausführlich BGHZ 11, 243, 244 – im Zusammenhang mit einer Nichtigkeitsklage – sowie Zöllner aaO Anh. § 47 Rdnr. 1 und 4; Immenga, GmbHRdsch. 1973, 5ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht S. 153 und 466f.). Nicht selten wird die Interessenlage sowohl der Gesellschaft als auch der Gesellschafter bei der GmbH mehr derjenigen in einer handelsrechtlichen Personengesellschaft ähneln als derjenigen in der typischerweise durch Anonymität gekennzeichneten Aktiengesellschaft. Diese Verschiedenheiten beider Gesellschaftsformen haben dazu geführt, daß die herrschende Meinung im rechtlichen Schrifttum inzwischen einer Lösung den Vorzug gibt, die den Gesellschafter der GmbH nicht an eine starre Frist bindet, sondern ihm das Recht zubilligt, die Anfechtungsklage innerhalb einer nach den konkreten Umständen des jeweiligen Falles angemessenen Zeitspanne zu erheben, wobei die Frist des § 246 Abs. 1 AktG nach oben hin lediglich als Leitbild für die dem Gesellschafter zumutbare Beschleunigung angesehen wird, und weitgehend Einigkeit besteht, daß die dem Aktionär zugebilligte Zeitspanne von einem Monat nach unten hin das absolute Minimum dessen ist, was auch dem Gesellschafter der GmbH zur Verfügung stehen muß, so daß eine kürzere Frist keinesfalls mehr als angemessen gelten könnte (vgl. Schilling/Zutt aaO Anh. § 47 Rdnr. 140, 141; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG § 47 Rdnr. 112; Fischer/Lutter/Hommelhoff aaO Anh. § 47 Rdnr. 45; Roth aaO § 47 Anm. 6.5.1. unter „Anfechtungsfrist”, Zöllner aaO Anh. § 47 Rdnr. 79; OLG Stuttgart NJW 1973, 2028). Aus ähnlichen Erwägungen hat der Senat die Frage der analogen Anwendbarkeit des § 246 Abs. 1 AktG auf die GmbH bisher offengelassen (so ausdrücklich BGHZ 80, 212, 217 und zuletzt Urt. v. 1. Juni 1987 – II ZR 128/86, BGHR GmbHG § 47 Abs. 1 „Anfechtungsfrist 1” = WM 1987, 1071, 1072). Sie bedarf auch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Es genügt vielmehr festzustellen, daß die typischen Unterschiede beider Gesellschaftsformen jedenfalls eher in die Richtung weisen, dem Interesse des Gesellschafters einer GmbH an einer ausreichend bemessenen Überlegungs- und Verhandlungsfrist mehr Raum zu geben als demjenigen des Aktionärs. Die sich aus der oben beschriebenen Interessenlage aufdrängende Interessenbewertung würde in ihr Gegenteil verkehrt, wollte man es für zulässig ansehen, daß der GmbH-Gesellschafter strenger behandelt würde als der Aktionär und an eine Frist gebunden werden könnte, die noch unter derjenigen liegt, die das Gesetz dem Aktionär für die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen zubilligt. Es ist deshalb der herrschenden Meinung zuzustimmen, wenn sie Anfechtungsfristen von weniger als einem Monat für schlechterdings unangemessen erachtet. Für Regelungen in der Satzung kann in diesem Punkte nichts anderes gelten. Eine unangemessen kurze Frist wird nicht dadurch zu einer angemessenen, daß sie bereits in der Satzung der Gesellschaft vorgesehen ist. Eine Satzungsbestimmung, die eine solche Frist vorsieht, ist unwirksam, weil sie das Recht des Gesellschafters zur Geltendmachung der Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen, das zu den unverzichtbaren, absolut unentziehbaren Gesellschafterrechten gehört und deshalb nicht im voraus ausgeschlossen oder eingeschränkt werden kann (herrschende Meinung, vgl. Schilling/Zutt aaO Anh. § 47 Rdnr. 106; Rowedder/Koppensteiner aaO § 47 Rdnr. 97; Roth aaO § 47 Anm. 6.6), in unzulässiger Weise verkürzen würde. Eine Regelung der Anfechtungsfrist in der Satzung dient zwar der Rechtssicherheit und müßte aus diesem Grunde selbst dann als zulässig gelten, wenn man mit der herrschenden Meinung eine entsprechende Anwendung des § 246 Abs. 1 AktG ablehnt und stattdessen allgemein die Geltung einer flexiblen, den Umständen nach angemessenen Frist für richtig hält. Der dabei denkbare Verlust an einzelfallorientierter Angemessenheit wird durch den Gewinn an Rechtssicherheit aufgehoben, der auch für den Gesellschafter mit einer typisierenden Regelung im Hinblick auf eine sichere Vorausberechenbarkeit der zur Verfügung stehenden Frist verbunden ist, so daß es insgesamt nicht berechtigt wäre, von einer Einschränkung des Anfechtungsrechts zu sprechen. Dies kann jedoch nicht für die Festsetzung einer bei wertender Betrachtung unter allen Umständen als unangemessen anzusehenden Frist gelten. Eine solche Fristbestimmung ist als unzulässiger Eingriff in ein nicht einschränkbares unverzichtbares Gesellschafterrecht von der Satzungsautonomie nicht mehr gedeckt (wie hier ausdrücklich Schilling/Zutt aaO Anh. § 47 Rdnr. 108; Rowedder/Koppensteiner aaO Rdnr. 97; Zöllner aaO Anh. § 47 Rdnr. 17). § 8 Nr. 5 der Satzung der Beklagten ist deshalb unwirksam. Es gilt stattdessen eine angemessene Frist. Da diese Frist in jedem Falle eingehalten ist, ist die Klage rechtzeitig erhoben.

3. Allerdings kann die Revision gleichwohl im Ergebnis keinen Erfolg haben, soweit sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts wendet, der Antrag auf Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers habe die nach der Satzung erforderliche Stimmenmehrheit erhalten, der Gesellschafter Z. habe nämlich mit allen ihm zustehenden 34 Stimmen für den Antrag gestimmt, weil seine irrtümliche Annahme, er sei mit den auf die treuhänderisch für H. gehaltene Hälfte der Beteiligung entfallenden 17 Stimmen nicht stimmberechtigt, unbeachtlich sei und sich die Stimmzählung allein nach Gesetz und Satzung richte. Denn das Ergebnis ist auch dann kein anderes, wenn man mit der Revision auf die tatsächliche Vorstellung Z.'s abstellt, er stimme nur mit 17 Stimmen ab, weil die anderen 17 Stimmen seinem Treugeber zustünden. Auch dann ist der Antrag mit der erforderlichen Stimmenmehrheit angenommen worden. Wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, bedarf es nach der Satzung der Beklagten für die Einziehung eines Geschäftsanteils aus wichtigem Grund nur der für Gesellschafterbeschlüsse allgemein vorgesehenen einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die in § 8 Nr. 3 enthaltene Regelung, wonach Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der vertretenen Stimmen gefaßt werden, ist als Verweisung auf das bei der Beschlußfassung vertretene Kapital und damit auf die gesetzliche Regelung des § 47 Abs. 1 GmbHG zu verstehen, da alle Geschäftsanteile mit dem gleichen (nach § 8 Nr. 1 jeweils eine Stimme pro 1000 DM Geschäftsanteil) Stimmrecht ausgestattet sind (vgl. Schilling in Hachenburg aaO § 47 Rdnr. 6). Auch der Kläger macht nicht geltend, daß mit der Erwähnung der vertretenen statt der abgegebenen Stimmen für sämtliche Gesellschafterbeschlüsse unabhängig von ihrer Bedeutung ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis aufgestellt werden sollte. Danach entscheidet die Mehrheit der abgegebenen gültigen Ja- und Nein-Stimmen. Stimmenthaltungen bleiben dabei ebenso wie ungültige Stimmen unberücksichtigt. Ist die Vorstellung Z.'s, er müsse sich der Abgabe der auf die treuhänderisch gehaltene Hälfte seiner Anteile entfallenden 17 Stimmen enthalten, weil er irrtümlich annahm, diese Stimmen stünden seinem Treugeber zu, erheblich, so hat er jedenfalls mit den anderen 17 Stimmen für den Antrag gestimmt. Diese Stimmabgabe ist gültig. Es besteht, wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat, kein Anhaltspunkt für die Annahme, Z. habe die ihm zustehenden Stimmen unzulässigerweise (vgl. Sen.Urt. v. 17. September 1964 – II ZR 136/62, WM 1964, 1188) in dem Sinne aufspalten wollen, daß er mit einem Teil seiner Stimmen anders stimmen wollte als mit dem anderen Teil oder sich der Stimme teilweise enthalten wollte. Er meinte lediglich, daß die Hälfte der auf seinen Geschäftsanteil entfallenden Stimmen einem anderen, seinem Treugeber, zustehe, wollte jedoch mit den ihm zustehenden Stimmen einheitlich für den Antrag stimmen. Jedenfalls in einem solchen Fall besteht kein Grund, der Stimmabgabe die Gültigkeit zu versagen. Die Abgabe der übrigen 17 Stimmen durch Rechtsanwalt B. als Bevollmächtigtem des Treugebers H. ist ungültig, da bei Treuhandverhältnissen der Treuhänder und nicht der Treugeber stimmberechtigt ist (herrschende Meinung, vgl. statt aller Zöllner aaO § 47 Rdnr. 26 und Rowedder/Koppensteiner aaO § 47 Rdnr. 17). Da ungültige Stimmen nicht mitgezählt werden, ist der Antrag mit sämtlichen gültig abgegebenen Stimmen (einstimmig) angenommen worden. Aus § 8 Nr. 2 der Satzung herrührende Bedenken gegen die Beschlußfähigkeit der Gesellschafterversammlung wären auch in diesem Fall nicht begründet. Nach dieser Bestimmung, die der Senat, da sie körperschaftlicher Natur ist, selbst auslegen kann, ist die Beschlußfähigkeit gegeben, wenn Gesellschafter, die mindestens 2/3 der insgesamt vorhandenen Stimmen auf sich vereinigen, anwesend oder vertreten sind. Die Satzung stellt mithin ausschließlich darauf ab, wie viele Stimmen objektiv auf die erschienenen oder vertretenen Gesellschafter entfallen. Durch Rechtsirrtum veranlaßte Fehlvorstellungen einzelner Gesellschafter über die Tragweite der von ihnen repräsentierten Stimmen sind danach für die Beschlußfähigkeit der Gesellschafterversammlung ohne Bedeutung. Da Z. bei zutreffender rechtlicher Würdigung 34 von 51, d.h. 2/3 der insgesamt in der Gesellschaft vorhandenen Stimmen zustanden, war die Voraussetzung des § 8 Abs. 2 der Satzung damit erfüllt.

4. Das Berufungsurteil muß jedoch aufgehoben werden, weil das Berufungsgericht aufgrund seiner rechtsfehlerhaften Annahme, der Kläger könne wegen Fristversäumnis keine Anfechtungsgründe mehr geltend machen, das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers nicht untersucht hat. Damit das Berufungsgericht sich mit dieser Frage auseinandersetzen und die für die Nachholung der bisher fehlenden Prüfung nötigen Feststellungen treffen kann, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

BGHZ, 66

NJW 1988, 1844

ZIP 1988, 703

DNotZ 1989, 21

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