Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine betriebliche Forderung darf der Kaufmann solange nicht als wertlos abschreiben, solange er in der Bilanz eine betriebliche Verbindlichkeit gegenüber seinem Schuldner passiviert hat.

Wird eine betriebliche Forderung des Kaufmanns gegen seinen Gläubiger dadurch wertlos, daß er eine betriebliche Verbindlichkeit gegenüber demselben Gläubiger mit einer privaten Forderung aufrechnet, so darf der Wertverlust den Gewinn nicht berühren.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 2, § 6/1/3

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die beschwerdeführende Ehefrau (Bfin.) eine Warenforderung an ihren Sohn abschreiben durfte, obwohl sie in der Bilanz eine Betriebsschuld gegenüber ihrem Sohn auswies.

Im Jahre 1956 buchte die Bfin. eine Warenforderung gegen ihren Sohn in Höhe von 5870 DM wegen Uneinbringlichkeit aus. Aus Leihwagenmiete aus den Jahren 1954 und 1955 hatte sie zum gleichen Zeitpunkt ihrerseits eine Schuld an ihren Sohn in Höhe von 5315 DM. Diese Schuld ließ die Bfin. in der Bilanz stehen.

Das Finanzamt erhöhte auf Vorschlag des Betriebsprüfers den Gewinn des Jahres 1956 um 5315 DM, indem es die Schuld der Bfin. gegenüber ihrem Sohn zugunsten des Gewinns auflöste. Buchmäßig verrechnete das Finanzamt diesen Betrag mit der Warenforderung der Bfin. gegen ihren Sohn von 5870 DM und machte insoweit die Gewinnminderung aus der Abschreibung der Warenforderung rückgängig.

Der Einspruch und die Berufung hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Bfin. ist ebenfalls nicht begründet.

Die Bfin. durfte die Warenforderung von 5870 DM gegen ihren Sohn aus folgenden überlegungen nicht in vollem Umfang zu Lasten des Gewinns abschreiben. Da die Bfin. gegenüber ihrem Sohn eine betriebliche Schuld in Höhe von 5315 DM passiviert hatte, aus der sie sich durch Aufrechnung mit ihrer Warenforderung befriedigen konnte, war ihre Forderung in jedem Falle solange nicht als wertlos anzusehen, als die Bfin. die Schuld als vollwertig in ihrer Bilanz stehenließ und damit jederzeit die Möglichkeit der Verrechnung hatte. Solange also die Bfin. die Schuld gegenüber ihrem Sohn auswies, durfte sie insoweit ihre betriebliche Forderung unabhängig von ihrer Wertlosigkeit nicht zu Lasten des Gewinns ausbuchen. Denn die Forderung war wegen der bestehenden Verrechnungsmöglichkeit nicht wertlos.

Der Einwand der Bfin., es dürfe ihr nicht die Möglichkeit genommen werden, die Schuld gegenüber ihrem Sohn mit ihrer privaten Darlehnsforderung zu verrechnen und dadurch die Grundlage für die Abschreibung der betrieblichen Forderung zu schaffen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Es kann zwar der Bfin. nicht verwehrt werden, ihre Schuld durch Verrechnung mit der privaten Darlehnsforderung gegen ihren Sohn zu tilgen. Das bleibt ihr bürgerlich-rechtlich und steuerlich unbenommen. Damit würde sie aber ihre betriebliche Warenforderung durch eine auf außerbetrieblichen Erwägungen beruhende Maßnahme wertlos machen. Denn die Erhaltung von Privatvermögen darf nicht zu Lasten des Wertes von Betriebsvermögen gehen. Solche außerbetriebliche Vorgänge dürfen den Gewinn nicht berühren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424130

BStBl III 1965, 686

BFHE 1966, 513

BFHE 83, 513

BB 1965, 1346

DB 1965, 1801

DStR 1965, 762

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