Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine ordnungsmäßige Buchführung verlangt - von der Führung eines gemeinsamen Haushaltskontos gegebenenfalls abgesehen - im allgemeinen den Nachweis der Entnahmen des einzelnen Gesellschafters einer OHG auf einem besonderen Entnahmekonto.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 10/1/3

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung der Steuerbegünstigung des nicht entnommenen Gewinns gemäß § 10 Abs. 1 Ziff. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949.

Der Beschwerdeführer (Bf.) und sein Schwager sind die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft. Sie sind je zur Hälfte am Kapital und Gewinn der Gesellschaft beteiligt. In den Schlußbilanzen zum 31. Dezember 1948 und 31. Dezember 1949 ist das Kapital der Gesellschaft in einer Summe ausgewiesen. Den Abzug des nicht entnommenen Gewinns in der beantragten Höhe von .. DM bzw. .. DM hat das Finanzamt versagt, weil die Gesellschaft in den Schlußbilanzen weder getrennte Kapitalkonten noch Privatkonten für beide Gesellschafter ausgewiesen hat und die Privatentnahmen schätzungsweise je zur Hälfte auf die Gesellschafter aufgeteilt worden sind. Im Gegensatz hierzu hat es die Vergünstigung des § 7a EStG anerkannt.

Der Bf. machte hiergegen geltend: Die Privatsteuern und gewisse persönliche Aufwendungen der Gesellschafter seien auf besonderen Konten eines jeden Gesellschafters verbucht worden. Alle anderen Entnahmen, einschließlich derjenigen für den gemeinsamen Haushalt, seien auf einem Sonderkonto, dem sogenannten gemeinsamen Haushaltskonto verbucht. Es liege in der Sammelkontoführung höchstens ein formaler Mangel der Buchführung, der, weil er jederzeit leicht zu beheben sei, keine ihn benachteiligenden Folgen haben könne. übrigens sei das Sammelkonto bisher auch anläßlich der Betriebsprüfungen vom Finanzamt nicht beanstandet worden. Die jetzige erstmalige Beanstandung und im Zusammenhang damit die Ablehnung der Steuervergünstigung verstoße gegen Treu und Glauben. Im Einspruchsverfahren habe er bereits eine Aufstellung über die Aufteilung der Entnahmen und die Entwicklung und Aufteilung der Kapitalkonten für jeden der beiden Gesellschafter eingereicht. In dieser Aufstellung sei das gemeinsame Haushaltskonto in vier Teile aufgegliedert. Soweit es aus dem Buchungstext noch möglich sei, sei darin eine individuelle Aufteilung der Beträge auf den Bf. und seinen Schwager vorgenommen. Danach würden sich für den Bf. in II/1948 insgesamt etwa 160 DM und 1949 insgesamt etwa 837 DM als spezielle, nachweislich auf ihn entfallende Entnahmen ergeben. Im übrigen sei das Sammelkonto nach sogenannten Diversen (wie Licht, Gas, Heizung usw.) und nach den sonstigen Barentnahmen gegliedert. Diese beiden Gruppen würden insgesamt für II/1948 rund 3 822 DM und für 1949 etwa 7.280 DM ausmachen. Diese Entnahmen seien in der Aufstellung auf ihn (Bf.) zu 1/3 und auf den anderen Gesellschafter zu 2/3 "ungefähr entsprechend dem Familienstand" aufgeteilt. Gegen eine solche Aufteilung nach einem bestimmten Schlüssel sei nichts einzuwenden. Auch sehe das Finanzamt zu Unrecht in der nachträglichen Aufstellung getrennter Konten eine Bilanzänderung. Hinsichtlich der Führung des Sammelkontos verwies der Bf. auf die Ausführungen in der Deutschen Steuer-Zeitung 1949 S. 414 und Finanz-Rundschau 1952 S. 5.

Das Finanzgericht sah die Berufung als unbegründet an und führte hierzu folgendes aus: Es stehe fest, daß außer für die persönlichen Steuern eines jeden Gesellschafters keine getrennten Privatkonten für die beiden Gesellschafter geführt worden seien, und daß daher mit Ausnahme weniger noch nachträglich aus dem Buchungstext für die einzelnen Gesellschafter sich ergebender Beträge für sämtliche anderen Entnahmen aus dem Sammelkonto die Höhe der tatsächlichen Entnahmen des Bf. und damit auch der steuerbegünstigte Teil seines Gewinnes nicht ermittelt werden könne. Unter diesen Voraussetzungen könne die Vergünstigung des § 10 Abs. 1 Ziff. 3 EStG nicht gewährt werden. Würde eine solche Vereinbarung der Aufteilung der Entnahmen nach einem vereinbarten Schlüssel steuerlich anerkannt werden, so hätten es die Gesellschafter in der Hand - ungeachtet der Höhe des von jedem Gesellschafter tatsächlich entnommenen Gewinns -, die auf ihr Einkommen entfallende Steuer zu "regulieren". Die Führung eines gemeinschaftlichen Privatkontos mit einer schlüsselmäßigen Aufteilung der Entnahmen sei steuerlich nur vertretbar, soweit es sich um Entnahmen handele, aus denen ein gemeinsamer Aufwand bestritten werde wie Licht, Heizung, Miete, und der Anteil jedes Gesellschafters an diesen summarisch verbuchten Entnahmen nur nach einem vorher festgelegten Verhältnis (Schlüssel) zu ermitteln sei. Im Streitfall umfasse jedoch das Sammelkonto auch rein persönlichen Aufwand des einzelnen Gesellschafters.

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Steuerpflichtigen macht hiergegen geltend, daß es die Frage der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und die Ermittlung des nicht entnommenen Gewinns nicht berühre, wie die Gesellschafter gewisse über ein gemeinsames Entnahmekonto verbuchte Entnahmen im Innenverhältnis ausgewiesen. Entnahmen seien nach § 4 Abs. 1 EStG die nach Abzug der Einlage entnommenen Beträge. Die Höhe dieser Beträge stehe aber einwandfrei fest, da die Kapitalkonten in der Buchführung ausgewiesen seien und des weiteren die Höhe der mit den Einlagen saldierten Entnahmen. Das Finanzgericht führt hierzu noch folgendes aus:

Auf dem gemeinsamen Privatkonto seien nicht nur die Ausgaben für den gemeinsamen Haushalt, sondern auch andere Privatentnahmen enthalten. Die Aufteilung auf die einzelnen Gesellschafter sei erfolgt, soweit dies nach dem Buchungstext möglich gewesen sei. Hierbei sei zu beachten, daß die Bezeichnung der Entnahmen teilweise nicht zutreffend sein könne. Es sei völlig unmöglich, daß der für Haushaltsentnahmen bezeichnete Betrag in vollem Umfang lediglich dem Haushalt gedient haben könne. Für den Bf. seien in II/1948 lediglich 160,64 DM für persönliche Zwecke enthalten, die zudem zweckgebundenen Ausgaben gedient hätten. Man müsse somit annehmen, daß in dem Betrag für den Haushalt auch sonstige Barentnahmen für den Bf. enthalten seien.

Nach den Akten haben die Gesellschafter seit 1934 Gewinne und Entnahmen gleichmäßig mit je 50 % verteilt. Es erscheinen deshalb auch in der DM-Eröffnungsbilanz für beide Gesellschafter gleich hohe Kapitalkonten. In den Jahren II/1948 und 1949 sind die Salden der Konten für persönliche Steuern auf das gemeinsame Haushalts- und Entnahmekonto, und dessen Salden wiederum zu je 50 % auf die einzelnen Kapitalkonten übertragen worden.

Die Unterschiede in den Entnahmen auf den Konten für persönliche Steuern und auf dem gemeinsamen Haushalts- und Entnahmekonto sind nach der geschilderten anderweiten Aufteilung dem Konto des Bf. in 1950 gutgeschrieben und dem Konto des Schwagers des Bf. belastet worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Den Vorbehörden ist darin beizupflichten, daß die Führung eines Sammelkontos für die Gesellschafter einer OHG, die sich aus Angehörigen einer Familie zusammensetzen, rechtlich von Bedeutung sein kann. Wie bereits das Finanzgericht ausgeführt hat, ist es unbedenklich, wenn Gesellschafter, die einen gemeinsamen Haushalt führen, den Aufwand für diesen gemeinsamen Haushalt auf einem gemeinsamen Entnahmekonto verbuchen. Dieses Vorgehen entspricht dem wirtschaftlich gegebenen Tatbestand. Die Aufteilung muß stets im Wege der Schätzung erfolgen. Dagegen wird man im allgemeinen verlangen müssen, daß Entnahmen für einen bestimmten einzelnen Gesellschafter auf einem Einzelkonto nachgewiesen werden. Die Verteilung der Entnahme unter die Gesellschafter ist von wesentlicher Bedeutung für die Beurteilung der wirtschaftlich gegebenen Gewinnverteilung. Die Gesellschafter können durch eine Verteilung der Entnahmen unter die Gesellschafter, die den tatsächlichen Verhältnisses, das heißt den tatsächlichen Entnahmen widerspricht, die Gewinnverteilung, wie sie formal im Gesellschaftsvertrag vorgenommen wird, wesentlich verändern. Man wird in einer derartigen Maßnahme keine Schenkung des Gesellschafters erblicken können, der weniger entnommen hat, als dem Verteilungsschlüssel entspricht, sondern eine änderung des Gewinnverteilungsschlüssels. Es ist deshalb erforderlich, Unterlagen darüber zu erhalten, wie die Entnahmen den Kapitalkonten der einzelnen Gesellschafter belastet worden sind. Hieraus ergibt sich, daß das Rechtsproblem seine entscheidende Bedeutung bei der Frage der Anerkennung des vertragsmäßigen Gewinnverteilungsschlüssels hat.

Im vorliegenden Fall haben die Vorbehörden Folgerungen der oben bezeichneten Art aus der Führung des Sammelkontos und hinsichtlich des Verteilungsschlüssels für das gemeinsame Entnahmekonto nicht gezogen. Diese tatsächliche Feststellung der Vorbehörden ist auch für die Frage der Nachprüfung der Entnahmen hinsichtlich der Vergünstigung des nicht entnommenen Gewinns von Bedeutung. Die Vorbehörden haben grundsätzlich anerkannt, daß die Buchführung ordnungsmäßig ist. Sie haben deshalb die Vergünstigung des § 7a EStG gewährt, die an die gleichen Voraussetzungen gebunden ist. Wie bereits oben ausgeführt, trifft es wohl zu, daß die Entnahmen und die Einlagen in der Buchführung im einzelnen - also nicht saldiert - ausgewiesen werden müssen. Im vorliegenden Falle handelt es sich jedoch nicht um sehr hohe Beträge. Die Vorbehörden haben die Saldierungen anerkannt. Man wird diesen Mangel der Buchführung nicht als so wesentlich ansehen können, daß man die Vergünstigung des nicht entnommenen Gewinns versagt. Im Ergebnis steht der Saldo der Entnahmen des Jahres, auf den es in der Hauptsache ankommt, durch die Kapitalkonten der Gesellschafter fest. Es ist denkbar, daß in einem anders gelagerten Fall, wo es sich um erheblichere Beträge handelt, deren Nachprüfung für die sachliche Würdigung notwendig erscheint, anders zu entscheiden ist. Im vorliegenden Fall ist der Mangel nicht so wesentlich, daß die Vergünstigung versagt werden kann.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408033

BStBl III 1954, 344

BFHE 1955, 345

BFHE 59, 345

DB 1954, 1035

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