Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezeichnung des Revisionsklägers; Sicherungsabtretung

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Angabe des richtigen Revisionsklägers genügt es, wenn dieser innerhalb der Rechtsmittelfrist aus den sonstigen Umständen, insbesondere aus den Akten der Vorinstanz, festgestellt werden kann.

2. Zur Abgrenzung der - für Bankunternehmen zulässigen - Sicherungsabtretung von der - nichtigen - Abtretung erfüllungshalber.

 

Normenkette

AO 1977 § 46 Abs. 4-5; FGO § 120 Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), ein Kreditinstitut, ließ sich zur Sicherung ihres zur Vorfinanzierung des Steuererstattungsanspruchs gewährten Darlehens von dem Steuerpflichtigen S. dessen Anspruch auf Steuererstattung aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich 1979 abtreten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) zahlte von dem Erstattungsbetrag nur einen Teilbetrag an die Klägerin aus. Hinsichtlich des restlichen Erstattungsbetrages von . . . DM erklärte das FA die Aufrechnung mit einer Forderung des Landesarbeitsamtes. Der Einspruch und die Klage der Klägerin gegen den ihr erteilten Abrechnungsbescheid blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG), das über die Art und Weise des Zustandekommens des Darlehensvertrages sowie über die Modalitäten der Darlehensauszahlung Beweis erhoben hat durch Vernehmung des Steuerpflichtigen und des Geschäftsführers des bei dem Lohnsteuer-Jahresausgleich mitwirkenden Lohnsteuerhilfevereins als Zeugen, führte aus:

Die Klage gegen den Abrechungsbescheid sei mangels Vorliegens einer Sicherungsabtretung nicht begründet (§§ 46 Abs. 4, 218 Abs. 2 Satz 2, 37 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Wenn auch in dem zwischen der Klägerin und dem Steuerpflichtigen abgeschlossenen Darlehensvertrag vereinbart worden sei, daß der Darlehensnehmer zur ,,Sicherung des Darlehens" den Anspruch auf Erstattung zuviel bezahlter Lohn- und Lohnkirchensteuer 1979 abtrete, so hindere diese Bezeichnung allein nicht die Feststellung, daß tatsächlich eine nichtige Abtretung erfüllungshalber vorliege (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Oktober 1983 VII R 146/82, BFHE 139, 491, BStBl II 1984, 183, 184 zu 3. c). Die Abgrenzung erfordere eine Gesamtschau des Vereinbarten. Da die Klägerin hier keine bankübliche Prüfung der Wirtschaftslage des Steuerpflichtigen vorgenommen und überdies ausdrücklich vereinbart habe, daß die Rückzahlung des Darlehens mit bedingter Fälligkeit aus der abgetretenen Steuererstattung erfolge, überwiege nicht der Sicherungscharakter der Abtretung. Es liege vielmehr eine schädliche Abtretung erfüllungshalber vor.

Mit der vom FG zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, das FG messe bei der Abgrenzung der - zulässigen - Sicherungsabtretung von der - verbotenen - Abtretung erfüllungshalber der unterlassenen banküblichen Prüfung der Bonität des Darlehensnehmers und der nach dem Vertrag vorgesehenen vorzeitigen Rückzahlung des Darlehensbetrages aus der Steurerstattung zu Unrecht entscheidende Bedeutung bei. Dabei lasse es die besonderen Verhältnisse des Kleinkreditgeschäfts der Teilzahlungsbanken als Massenverfahren und den besonderen Charakter der abgetretenen Steuererstattungsansprüche außer Betracht. Bei Kleinkrediten bis etwa 2 000 DM bedürfe es nicht der Einholung von Auskünften über den Darlehensnehmer bei der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung GmbH (Schufa), die für diesen Geschäftszweig nur geringen Wert hätten. Denn mit den abgetretenen Lohnsteuererstattungsansprüchen, deren Höhe - wie im Streitfalle - zuvor im Auftrag des Darlehensnehmers von Lohnsteuerhilfevereinen berechnet und schriftlich bestätigt werde und die sodann zu 80 v. H. beliehen würden, stünde den Teilzahlungsbanken ein Sicherungsmittel von großer Bonität zur Verfügung. Nachkalkulationen hätten ergeben, daß die Forderungsausfälle 20 v. H. nicht überstiegen, so daß bei der Abtretung der öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüche keine Unterbesicherung vorliege. Die Einholung von Auskünften verbiete sich auch im Hinblick auf die gebotene kurze Bearbeitungszeit und die Notwendigkeit, die Kreditkosten möglichst gering zu halten.

Wenn nach den Vertragsbedingungen die Darlehensrückzahlung unabhängig von der Darlehenslaufzeit aus der abgetretenen Steuererstattung vorgesehen sei, so diene dies allein der Forderungssicherung, denn die Auszahlung des Erstattungsbetrags an den Steuerpflichtigen hätten den Verlust der Sicherungsgrundlage zur Folge. Weiterhin solle durch diese Vereinbarung die Bearbeitungspraxis der FÄ nicht erschwert werden, die sonst den Erstattungsbetrag hinterlegen oder in Verwahrung nehmen müßten.

Schließlich liege die Pfandverwertung bei vorzeitiger Auszahlung der Steuererstattung auch im Zinsinteresse des Darlehensnehmers. Bei der streitbefangenen Abtretung stehe somit der Sicherungszweck eindeutig im Vordergrund. Die vom FG angeführten Kriterien reichten für die Annahme einer nichtigen erfüllungshalber vorgenommenen Abtretung nicht aus.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Abrechnungsbescheid des FA in der Fassung der Einspruchsentscheidung dahin abzuändern, daß für sie ein Erstattungsanspruch aus abgetretenem Recht von . . . DM festgestellt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision ist zulässig, obwohl in der Revisionsschrift zunächst eine andere Teilzahlungsbank als die Klägerin als Verfahrensbeteiligte benannt worden ist.

Nach allgemeiner Ansicht folgt aus der Pflicht zur Bezeichnung des angefochtenen Urteils in der Revisionsschrift (§ 120 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), daß diese auch die Beteiligten angeben muß. In ihr muß hinreichend und richtig zum Ausdruck kommen, für wen und gegen wen die Revision eingelegt wird (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 30. April 1980 VII R 94/74, BFHE 130, 480, BStBl II 1980, 588; Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 18. Dezember 1985 VIII ZR 278/85, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1987, 369; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 120 Rz. 6; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 120 FGO Tz. 6). Im Streitfall ist eine falsche Klägerin und Revisionsklägerin in der Revisionsschrift benannt worden. Der Richtigstellung dieses Verfahrensbeteiligten in dem späteren Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten vom 5. Februar 1986 kann keine Heilung dieses Mangels beigemessen werden, da sie erst nach Ablauf der Revisionsfrist (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO) erfolgt ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. November 1976 I R 114/75, BFHE 120, 341, BStBl II 1977, 163; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 5). Nach der Rechtsprechung genügt es aber, wenn die für die Zulassung des Rechtsmittels erforderlichen Angaben - hier die Bezeichnung des richtigen Revisionsklägers - noch innerhalb der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels aus sonstigen Umständen, insbesondere aus den Akten der Vorinstanz festgestellt werden können. Das ist im finanzgerichtlichen Verfahren deshalb regelmäßig - und so auch hier - der Fall, weil die Revision beim FG einzulegen ist (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO) und diesem die Akten vorliegen, aus denen sich die erforderlichen Angaben ergeben. Das Gesetz verlangt nicht, daß auch dem BFH bereits innerhalb der Revisionsfrist alle maßgeblichen Angaben bekannt sind (vgl. Urteil in BFHE 130, 480, BStBl II 1980, 588, 590, m. w. N.; Urteil vom 1. Oktober 1980 II R 37/78, BFHE 131, 527, BStBl II 1981, 105, 106; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 6).

Die Revisionsschrift der Klägerin entspricht demnach trotz der Angabe des falschen Verfahrensbeteiligten den an die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu stellenden Anforderungen. Denn das FG konnte nach Einlegung der Revision noch innerhalb der Revisionsfrist den Gerichtsakten zweifelsfrei entnehmen, daß die Revision für die Klägerin als Unterlegene im angefochtenen Urteil eingelegt werden sollte und nicht für die andere Teilzahlungsbank, die mit dem vorangegangenen gerichtlichen Verfahren nichts zu tun hatte. Es war somit erkennbar, daß die Bezeichnung der falschen Klägerin und Revisionsklägerin auf einem Versehen des Prozeßbevollmächtigten beruhte.

2. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Das FG hat zu Recht entschieden, daß die Abtretung des streitbefangenen Steuererstattungsanspruchs an die Klägerin erfüllungshalber erfolgt und deshalb nichtig ist. Der Klägerin steht demgemäß der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu.

a) Nach § 46 Abs. 4 AO 1977 ist der geschäftsmäßige Erwerb von Erstattungs- und Vergütungsansprüchen zum Zwecke der Einziehung oder sonstigen Verwertung auf eigene Rechnung - auch Bankunternehmen (Satz 3) - nur gestattet, wenn es sich um Fälle der Sicherungsabtretung handelt (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. Oktober 1985 VII R 196/82, BFHE 144, 526, BStBl II 1986, 124). Ist die Abtretung nicht lediglich zum Zwecke der Sicherung, sondern erfüllungshalber erfolgt, so ist sie wegen Verstoßes gegen die vorbezeichnete Vorschrift nichtig (§ 46 Abs. 5 AO 1977). Der erkennende Senat hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH und des zivilrechtlichen Schrifttums für die Abgrenzung der Sicherungsabtretung im Sinne des § 46 Abs. 4 AO 1977 von der Abtretung erfüllungshalber folgende Rechtsgrundsätze aufgestellt:

Eine Sicherungsabtretung ist grundsätzlich dadurch gekennzeichnet, daß der Abtretungsempfänger die Forderung nicht behalten, sondern sie nur vorübergehend für den Abtretenden zu Sicherungszwecken innehaben soll. Dementsprechend kann in der Regel eine Sicherungsabtretung nur dann angenommen werden, wenn der Sicherungsnehmer Befriedigung zunächst aus dem zu sichernden Anspruch suchen muß und sich erst nach Erfolgslosigkeit dieser Bemühung aus der Sicherung befriedigen darf. Zwar hat die Rechtsprechung abweichend von diesem Grundsatz eine Abtretung zur Sicherung auch in Fällen bejaht, in denen Abtretender und Abtretungsempfänger eine direkte Bezahlung der abgetretenen Forderung an den letzteren vereinbart haben. Voraussetzung ist aber in diesen Fällen, daß der Sicherungszweck im Vordergrund steht; bei der Prüfung dieser Frage ist ein strenger Maßstab anzulegen. Der Sicherungszweck muß in einem solchen Maße überwiegen, daß andere Motive der Beteiligten nur eine untergeordnete Rolle spielen. Insbesondere muß es als ausgeschlossen angesehen werden können, daß sich der Abtretende durch den Vertrag seiner Steuererstattungsforderung begeben wollte. Er muß auch nach der Abtretung seine Einflußmöglichkeiten auf das Schicksal der abgetretenen Forderung im wesentlichen uneingeschränkt behalten, insbesondere selbst entscheiden können, ob und inwieweit Rechtsbehelfe gegen die den Erstattungsanspruch betreffenden Verwaltungsakte eingelegt werden sollen. Räumt der Abtretende dagegen dem Abtretungsempfänger ins Gewicht fallende Einwirkungsmöglichkeiten auf den Erstattungsanspruch ein und begibt er sich damit selbst weitgehend der Verfügungsmacht über diesen Anspruch, so muß in der Regel davon ausgegangen werden, daß er infolge der Vorfinanzierung an dem weiteren Schicksal des Erstattungsanspruchs kein Interesse mehr hat, er diesen Anspruch vielmehr als ,,verkauft" ansieht. Ob dies der Fall ist, kann nicht allein nach dem Wortlaut des Kreditvertrages beurteilt werden. Es ist vielmehr auf die gesamten Umstände, unter denen die Geschäftsbeziehungen begründet worden sind, und auf ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen (vgl. die Urteile des Senats vom 3. Februar 1984 VII R 72/82, BFHE 140, 412, BStBl II 1984, 411; VII R 102/83, BFHE 140, 415, BStBl II 1984, 413; vom 4. Oktober 1983 VII R 143/82, BFHE 139, 487, BStBl II 1984, 178, und in BFHE 139, 491, BStBl II 1984, 183).

Die Vorinstanz hat die vorstehend dargestellten Rechtsgrundsätze auf den Streitfall angewandt. Sie ist danach in Auslegung des Darlehensvertrages und der Darlehensbedingungen und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, unter denen der Darlehensvertrag und die Abtretung zustandegekommen sind, zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß der Klägerin der Lohnsteuererstattungsanspruch 1979 des Steuerpflichtigen nicht nur zur Sicherheit, sondern erfüllungshalber abgetreten worden ist.

b) Willenserklärungen und Verträge sind grundsätzlich Gegenstand der tatsächlichen Feststellungen. Ihre Auslegung obliegt daher dem FG als Tatsacheninstanz. Der BFH kann die Auslegung der Vorinstanz nur daraufhin überprüfen, ob diese die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) beachtet und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat (ständige Rechtsprechung vgl. BFH-Urteile vom 6. Februar 1985 I R 80/81, BFHE 143, 426, 428, BStBl II 1985, 420, und vom 28. Januar 1986 IX R 12/80, BFHE 146, 68, 70, BStBl II 1986, 348; Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz. 17). Bei der Auslegung des vom FG in Bezug genommenen Darlehensvertrages, den die Klägerin im Streitfall mit dem Darlehensnehmer und Zedenten abgeschlossen hat, sind dem FG derartige Rechtsverstöße nicht unterlaufen. Der Senat ist daher an die Würdigung der Vorinstanz gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).

Das FG hat zu Recht die Abgrenzung der - hier nach dem Wortlaut vereinbarten - Sicherungsabtretung von der Abtretung erfüllungshalber nach der Gesamtschau der Vertragsvereinbarungen vorgenommen. Es war berechtigt, der mangelnden Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Zedenten (Bonität) und der ausdrücklichen Vereinbarung, daß die Rückzahlung des Darlehens aus der abgetretenen Steuererstattung erfolgen sollte, entscheidende Bedeutung in dem Sinne beizumessen, daß bei der Abtretung des Steuererstattungsanspruchs der Sicherungszweck nicht im Vordergrund stand und folglich die Abtretung erfüllungshalber vorgenommen worden ist. Denn aus den vorstehenden Umständen ergibt sich, daß die Partner des Darlehensvertrages von vornherein die Darlehenstilgung aus anderen Mitteln des Darlehensnehmers als der zu erwartenden Steuererstattung nicht in Erwägung gezogen haben, die Abtretung des Erstattungsanspruchs also zum Zwecke der Erfüllung erfolgt ist. Diese tatsächliche Würdigung entspricht dem Revisionsvorbringen der Klägerin, soweit diese für die Praxis des Kleinkreditgeschäfts der Teilzahlungsbanken bestätigt, daß die Bonität der Darlehensforderung nicht nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Darlehensnehmers überprüft wird, sondern die Befriedigung allein aus dem abgetretenen Steuererstattungsanspruch gesucht wird, dessen Höhe zuvor von den bearbeitenden Steuerberatern oder Lohnsteuerhilfevereinen errechnet und bestätigt wird. Aus der vom FG zur Erforschung der Begleitumstände des Darlehensvertrages durchgeführten Beweisaufnahme ergibt sich, daß auch im Streitfall der vom Darlehensnehmer zu erwartende Lohnsteuererstattungsanspruch zum Zwecke der Vorfinanzierung durch ein Kreditinstitut von seinem Lohnsteuerhilfeverein errechnet und bescheinigt worden ist.

Die Ausführungen des FG reichen zu einer Überprüfung der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung der Vorinstanz durch das Revisionsgericht aus. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die in der Vorentscheidung in Bezug genommenen Urteile des VIII. Senats der FG Berlin vom 25. Februar 1985 VIII 356 und 362 /83 und VIII 186 und 225/84, die - soweit sie nicht veröffentlicht sind (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1985, 530, 532) - dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin und dem Senat aus anderen Verfahren bekannt sind. In den genannten Urteilsfällen ist das FG für mit dem Streitfall vergleichbare Kreditgeschäfte mit Abtretungen von Steuererstattungsansprüchen unter ausführlicher Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, daß keine Sicherungsabtretungen, sondern Abtretungen erfüllungshalber vorliegen. Die dortigen Ausführungen, auf die der Senat Bezug nimmt, treffen weitgehend auch für den Streitfall zu.

Für das vom FG gefundene Ergebnis - nichtige Abtretung erfüllungshalber - spricht auch im Streitfall insbesondere die Tatsache, daß der Darlehensnehmer und Zedent im Zeitpunkt der Abtretung, wie es sich aus dem in Bezug genommenen Darlehensvertrag ergibt, arbeitslos war. Die Abtretung hatte demnach Tilgungsfunktion, da die Klägerin mit einer Befriedigung ihrer Darlehensforderung aus anderen Mitteln des Darlehensnehmers nicht rechnen konnte. Gegen eine Sicherungsabtretung spricht ferner, daß nach den Darlehensbedingungen der Erstattungsbetrag, auch wenn er den Darlehensbetrag überstieg, in voller Höhe an die Klägerin auszuzahlen war und der übersteigende Betrag nach Abzug aller Zinsen, Gebühren und Kosten - soweit er 30 DM überstieg - erst von dieser an den Darlehensnehmer (Erstattungsgläubiger) ausgekehrt werden sollte. Schließlich hat sich der Abtretende nach den Darlehensbedingungen seiner Einwirkungsmöglichkeiten auf den Steuererstattungsanspruch dadurch begeben, daß er die Klägerin ermächtigt hat, eine zur Steuerberatung befugte Person zu beauftragen, gegen den Steuerbescheid Rechtsbehelf einzulegen und Klage zu erheben. Zu diesem Zwecke hat er den Anspruch auf Herausgabe der Steuerunterlagen gegen die steuerberatende Stelle (Lohnsteuerhilfeverein) an die Klägerin abgetreten.

Die Einwendungen der Revision gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des FG greifen nicht durch. Die Klägerin zieht die Feststellungen der Vorinstanz nicht in Zweifel. Sie gibt lediglich eine Begründung dafür, warum die Teilzahlungsbanken in der Praxis des Kleinkreditgeschäfts auf die sonst bankübliche Bonitätsprüfung verzichten und sich mit der Abtretung der Lohnsteuererstattungsansprüche der Darlehensnehmer zufrieden geben, aus denen dann die Darlehensrückzahlung unmittelbar erfolgen soll. Die dafür angeführten Gründe (erhöhte Sicherheit öffentlich-rechtlicher Ansprüche, kurze Bearbeitungszeit, Kosten- und Zinsersparnis) stehen aber der Schlußfolgerung des FG, daß die Abtretung des Erstattungsanspruchs erfüllungshalber erfolgt ist, nicht entgegen. Auch wenn die dargestellte Darlehens- und Abtretungspraxis bei Kleinkreditgeschäften der Interessenlage aller Beteiligten (einschließlich des FA) entspricht, folgt daraus nicht, daß bei der Abtretung des Erstattungsanspruchs der Sicherungszweck im Vordergrund steht. Ob diese Voraussetzung für die Annahme einer Sicherungsabtretung im Sinne des § 46 Abs. 4 AO 1977 gegeben ist, richtet sich vielmehr gemäß der Rechtsprechung des Senats nach der objektiven Vertragsgestaltung und den gesamten Umständen, unter denen die Geschäftsbeziehungen begründet worden sind. Die Beteiligten mögen beachtliche Gründe dafür haben, Kleinkredite in der dargestellten Form abzuwickeln.

Wenn das Darlehen aber von vornherein aus der abgetretenen Steuerforderung getilgt werden soll und andere Tilgungsmöglichkeiten nicht vorhanden bzw. nicht ernstlich in Erwägung gezogen worden sind, so ist es gerechtfertigt, der Abtretung Tilgungsfunktion beizumessen und sie nach § 46 Abs. 4 und 5 AO 1977 als nichtig anzusehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415981

BFH/NV 1989, 212

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