Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Herstellungskosten im Sinne des § 7b EStG gehört nicht der Wert der eigenen Arbeitsleistung.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1, § 6/2, § 7b

 

Tatbestand

Streitig ist, ob zu den Herstellungskosten auch der Wert der eigenen Arbeitsleistung gehört.

Der Steuerpflichtige hat im Rahmen der sogenannten Kleinsiedlung ein Einfamilienhaus errichtet, das er im Jahre 1951 bezogen hat. Die von ihm aufgewendeten Kosten betrugen 8 470 DM. Seine persönlichen Arbeitsleistungen bei der Errichtung des Hauses haben nach seinen Angaben einen Wert von 4930 DM.

Der Steuerpflichtige beantragt, die erhöhten Absetzungen des § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) unter Zugrundelegung der Summe der aufgewendeten Kosten und des Wertes seiner Arbeitsleistungen (= 13 400 DM) zu berechnen.

Das Finanzgericht hat dem Begehren des Steuerpflichtigen nicht stattgegeben. Es hat ausgeführt, daß der Begriff der Herstellungskosten nach den allgemeinen Grundsätzen des Einkommensteuerrechts bestimmt werden müsse. Daher gehöre der Wert der eigenen Arbeitsleistungen nicht zu den Herstellungskosten.

Die Rechtsbeschwerde des Steuerpflichtigen räumt ein, daß § 7b EStG im Rahmen der allgemeinen Vorschriften des EStG auszulegen sei. Dabei müsse allerdings dem Zweck der Vorschrift, der Förderung von Bauvorhaben zu dienen, Rechnung getragen werden.

Bauherr und Eigentümer des Baues sei - formaljuristisch gesehen - der Träger der Kleinsiedlung gewesen. Der Träger habe sich verpflichtet, dem Steuerpflichtigen das Haus nach Ablauf einer Probezeit unter gewissen Voraussetzungen zu übertragen. Bei dieser übertragung, die in Form eines Kaufvertrags mit anschließender Auflassung und Eintragung im Grundbuch erfolge, sei dem Träger ein Kaufpreis zu zahlen, der sich aus den vom Träger aufgewandten Kosten ergebe und vom Steuerpflichtigen belegt durch übernahme der Fremdhypotheken, durch bare Zahlung des Eigenkapitals und schließlich durch eigene Arbeitsleistungen, die der Steuerpflichtige ausführe, um bare Aufwendungen des Trägers für einen Bauunternehmer soweit wie möglich auszuschalten. Der Steuerpflichtige baue also nicht auf dem eigenen Grundstück, sondern - formaljuristisch gesehen - leiste er eine Arbeit für den Träger. Er bezahle den Träger sozusagen mit seiner Hände Arbeit, nicht mit Bargeld.

Der Vertreter des Steuerpflichtigen hat zugegeben, daß der Steuerpflichtige bereits zur Zeit der Herstellung des Baus als wirtschaftlicher Eigentümer handelte, und daß er - wirtschaftlich gesehen - für sich selbst arbeitete. Trotzdem könne es zweifelhaft sein, ob der Wert der eigenen Arbeitsleistungen des Steuerpflichtigen außer Ansatz zu lassen sei.

Der Vertreter des Steuerpflichtigen hat weiterhin darauf hingewiesen, daß nach § 7b Abs. 3 EStG in der Fassung vom 15. September 1953 die erhöhten Absetzungen auch vom Ersterwerber vorgenommen werden könnten. Im Fall des Ersterwerbs werde der Kaufpreis durch die übernahme von Hypotheken, durch Barzahlung und durch den Wert der Arbeitsleistungen des Kleinsiedlers belegt. Falls man beim Ersterwerb als Anschaffungskosten den gesamten Kaufpreis einschließlich des Wertes der Arbeitsleistungen des Siedlers ansehe, so sei nicht einzusehen, aus welchem inneren Grunde heraus man die Absetzung dann ohne Berücksichtigung der eigenen Arbeitsleistungen des Siedlers vornehmen solle, wenn die Absetzung schon im Jahre der Herstellung von dem Siedler als wirtschaftlichem Eigentümer in Anspruch genommen werde.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde kann keinen Erfolg haben.

Als Herstellungskosten kommen, wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, nur Aufwendungen in Geld oder geldwerten Gütern in Frage. Aus diesem Grunde ist der Wert der eigenen Arbeitsleistungen des Unternehmers ebenso außer Ansatz zu lassen, wie die Zinsen des Eigenkapitals. Diese Auffassung wird sowohl von der Rechtsprechung wie von dem Schrifttum vertreten. Siehe z. B. die Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 1349/28 vom 8. Mai 1929 (Reichssteuerblatt - RStBl. - S. 410) und VI A 1789/29 vom 6. Februar 1930 (RStBl S. 346) sowie Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl. Anm. 10b zu § 6 und Anm. 1b zu § 7b EStG, und Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 4. Aufl. Anm. 3b zu § 6 EStG.

Der allgemeine Begriff der Herstellungskosten im Sinne des Einkommensteuerrechts gilt auch für die Vorschrift des § 7b EStG. Ihr Sinn und Wortlaut bietet keinen Anlaß, den Begriff anders zu deuten. Die "Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund der Selbstkosten bei Leistungen für öffentliche Auftraggeber" (LSö) vom 15. November 1938 / 12. Februar 1942 können wegen ihres besonderen Charakters nicht zur Auslegung des Begriffs der Herstellungskosten im Sinne des § 7b EStG herangezogen werden.

Der Steuerpflichtige hat erklärt, daß er bereits zur Zeit der Errichtung des Gebäudes wirtschaftlicher Eigentümer des Baus gewesen sei. Diese Rechtsauffassung entspricht den Rechtsgrundsätzen des erkennenden Senats im Urteil IV 519/52 U vom 15. Mai 1953 (Bundessteuerblatt III S. 198, Slg. Bd. 57 S. 515). Hiernach braucht der Senat nicht in eine Prüfung der Frage einzutreten, ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn der Steuerpflichtige Ersterwerber im Sinne des Abs. 3 des § 7b EStG in der Fassung vom 15. September 1953 gewesen wäre. Der Senat beschränkt sich daher auf den Hinweis, daß die hierzu von dem Vertreter des Steuerpflichtigen gemachten Rechtsausführungen Bedenken begegnen. Auf die zum Grunderwerbsteuergesetz ergangene Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs II 10/49 vom 23. August 1949 (Slg. Bd. 54 S. 392) wird verwiesen.

Hiernach war die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408205

BStBl III 1955, 238

BFHE 1956, 104

BFHE 61, 104

BB 1955, 725

DB 1955, 743

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