Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Vermögensverwaltung oder gewerblicher Grundstückshandel?

 

Leitsatz (NV)

Die Veräußerung von nicht mehr als drei Grundstücksobjekten ist als private Vermögensverwaltung zu beurteilen, auch wenn der Veräußerer einen Beruf des Baugewerbes oder einen dem Baugewerbe nahestehenden Beruf ausübt (Anschluß an das BFH-Urteil vom 14. März 1989 VIII R 373/83, BFHE 158, 214).

 

Normenkette

EStG 1971 § 15 Nr. 1; GewStDV § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war als freier Architekt überwiegend für die M-Baugesellschaft mbH & Co. KG (M-KG) tätig. Außerdem bezog er ab 1971 für seine Geschäftsführertätigkeit bei der M-KG Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

1971 erwarb der Kläger von der M-KG Miteigentumsanteile an einem bebauten Grundstück und ließ im eigenen Namen durch die M-KG zwei Penthouse-Wohnungen errichten, die er im Streitjahr 1972 veräußerte. 1972 kaufte der Kläger außerdem einen Bauplatz, den er im selben Jahr wieder veräußerte.

Nach einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Grundstücksgeschäfte des Klägers seien als gewerbliche Tätigkeit anzusehen. Bei der Beurteilung, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorliege, sei auf die Veräußerungen innerhalb der letzten acht Jahre abzustellen. In diesem Zeitraum seien folgende Grundstücksan- und -verkäufe festgestellt worden: 1972 zwei Eigentumswohnungen und ein Bauplatz, 1973 eine Eigentumswohnung, 1975 zwölf Eigentumswohnungen und ein Teileigentum sowie 1976 zweimal Teileigentum.

Für das Streitjahr 1972 ermittelte der Prüfer einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von . . . DM. Für das Jahr 1973 ist kein Gewinn entstanden. Vom Jahr 1975 an ging auch der Kläger von einem gewerblichen Grundstückshandel aus und versteuerte entsprechende Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte der Auffassung des Prüfers und setzte im endgültigen Einkommensteuerbescheid 1972 für den Grundstückshandel bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb einen Betrag von . . . DM an. Der Einspruch des Klägers war erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) beurteilte die Veräußerung der beiden Wohnungen und des Bauplatzes im Streitjahr 1972 als gewerbliche Tätigkeit. Es führte aus, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei bei in der Baubranche tätigen Steuerpflichtigen eher gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen als bei anderen Steuerpflichtigen. Im Streitfall habe der Kläger seine Kenntnisse, Erfahrungen und Beziehungen, die er aufgrund seiner Architekten- und Geschäftsführertätigkeit bei der M-KG gewonnen habe, in erheblichem Maße eingesetzt. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache sei der An- und Verkauf von drei Grundstücksobjekten innerhalb so kurzer Zeit ausreichend für die Annahme eines Grundstückshandels. Mithin sei es unerheblich, ob auch ein zeitlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang mit den An- und Verkäufen in den Jahren 1975 und 1976 bestehe.

Mit der vom BFH zugelassenen Revision trägt der Kläger vor, das FG habe zu Unrecht gewerblichen Grundstückshandel angenommen. Nach der Entscheidung des BFH vom 9. Dezember 1986 VIII R 317 /82 (BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244) liege bei einer Veräußerung von bis zu drei Objekten stets private Vermögensverwaltung vor. Diese Grenze sei im Streitfall nicht überschritten, da er im Streitjahr nur zwei Wohnungen und einen Bauplatz veräußert habe.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1972 statt der gewerblichen Einkünfte in Höhe von . . . DM Spekulationseinkünfte gemäß § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von . . . DM anzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Der Begriff des gewerblichen Unternehmens i. S. von § 15 Nr. 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung stimmt inhaltlich grundsätzlich mit dem Begriff des Gewerbebetriebs i. S. von § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) überein. Danach ist ein gewerbliches Unternehmen (Gewerbebetrieb) jede selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Es darf sich aber weder um Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch um Ausübung eines freien Berufes noch um eine andere selbständige Arbeit im Sinne des Einkommensteuerrechts handeln (vgl. § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung - GewStDV -, § 15 Abs. 2 EStG ab 1984). Außerdem muß die Betätigung nach ständiger Rechtsprechung des BFH den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschreiten (z. B. Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 unter C III 3b aa (1).

Für das zuletzt genannte Abgrenzungsmerkmal stellt die Rechtsprechung bei Tätigkeiten auf dem Bau- und Grundstücksmarkt darauf ab, ob die Grundstücksgeschäfte noch als Nutzung des Grundbesitzes durch Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz angesehen werden können oder ob die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Vermögensumschichtung entscheidend in den Vordergrund tritt (z. B. Urteil in BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244, m. w. N.). Die Veräußerung von Grundbesitz ist daher der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen, wenn der Steuerpflichtige damit höhere Erträge aus dem vorhandenen Vermögen anstrebt. Veräußert er dagegen den Grundbesitz, um Substanzwertsteigerungen auszunutzen, wird er gewerblich tätig (BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244).

Ein gewichtiges Indiz für die Abgrenzung ist dabei, ob der Steuerpflichtige beruflich mit dem Bau- und Grundstücksmarkt verbunden ist, z. B. als Architekt, Bauingenieur, Immobilienmakler, Bauunternehmer oder Baubetreuer. Bei Steuerpflichtigen, die beruflich den Bau- und Grundstücksgeschäften nahestehen, nimmt die Rechtsprechung eher gewerblichen Grundstückshandel an als bei anderen Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Urteile vom 11. Oktober 1985 III R 196/81, BFH / NV 1986, 279; vom 10. Februar 1987 VIII R 167/85, BFH / NV 1987, 440, und vom 28. September 1987 VIII R 46/84, BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65).

Da bei der Veräußerung von nur wenigen Objekten häufig objektive Anhaltspunkte für eine zweifelsfreie Beurteilung fehlen, hat der BFH aus Gründen der Vereinfachung und der Rechtssicherheit die Errichtung und den Verkauf von weniger als vier Eigentumswohnungen oder vier Wohngebäuden als private Vermögensverwaltung angesehen (BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244, unter Hinweis auf das nicht veröffentlichte Urteil vom 2. Juni 1976 I R 57/74; Urteile vom 22. Mai 1987 III R 212/83, BFH / NV 1987, 717; vom 3. Juni 1987 III R 209/83, BFHE 150, 418, BStBl II 1988, 277; vom 23. Oktober 1987 III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; vom 18. Januar 1989 X R 108/88, BFHE 156, 115, und vom 14. März 1989 VIII R 373/83, nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt, BFHE 158, 214).

Der III. und VIII. Senat des BFH haben in diesen Entscheidungen die Annahme privaten Grundstückshandels ausschließlich auf die geringe Anzahl der errichteten und veräußerten Objekte gestützt, unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige beruflich der Baubranche nahesteht. Der erkennende Senat hat dagegen in der in BFHE 156, 115 veröffentlichten Entscheidung ausdrücklich offengelassen, ob eine andere Beurteilung gegeben sein könnte, wenn zwischen den Grundstücksgeschäften und der sonstigen gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ein Zusammenhang erkennbar ist.

Der erkennende Senat schließt sich nunmehr ebenfalls der Auffassung des III. und VIII. Senats an, wonach bei Errichtung und Verkauf von Wohnungen und Gebäuden oder - wie im Streitfall - auch bei Erwerb und Verkauf von unbebauten Grundstücken stets private Vermögensverwaltung anzunehmen ist, wenn insgesamt weniger als vier Objekte veräußert werden, ohne daß es darauf ankommt, in welchem Beruf der Steuerpflichtige tätig ist. Denn die für die zahlenmäßige Begrenzung sprechenden Gründe gelten gleichermaßen, wenn ein der Baubranche nahestehender Steuerpflichtiger Grundstücke erwirbt oder Gebäude errichtet und anschließend veräußert. Die berufliche Tätigkeit auf dem Bau- und Grundstücksmarkt ist aber nach wie vor gewichtiges Indiz für einen Gewerbebetrieb, wenn mehr als drei Objekte erworben / errichtet und veräußert werden.

2. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist - die maßgebenden BFH-Urteile waren zum Zeitpunkt der FG-Entscheidung noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht -, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie war daher an das FG zurückzuverweisen.

Der Kläger hat im Streitjahr 1972 nur zwei im eigenen Namen errichtete Eigentumswohnungen und einen im selben Jahr erworbenen Bauplatz verkauft. Ein gewerblicher Grundstückshandel könnte daher nur angenommen werden, wenn der Kläger in den Folgejahren weitere Grundstücksgeschäfte getätigt hätte. Das FG hat hierzu - aus seiner Sicht zu Recht - keine genauen Feststellungen getroffen. Es wird im einzelnen zu ermitteln haben, wann und welche Grundstücke der Kläger nach 1972 erworben, bebaut und wieder veräußert hat, und prüfen müssen, ob diese An- und Verkäufe mit den Grundstücksgeschäften des Streitjahres 1972 zeitlich und wirtschaftlich zusammenhängen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416791

BFH/NV 1990, 19

BFH/NV 1990, 440

BFHE 1990, 161

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