Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den bei Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes (Kartoffelscheune) zu aktivierenden Aufwendungen gehört auch der Wert des im eigenen Wald gewonnen und beim Bau des Gebäudes verwendeten Holzes.

Als Wert des Holzes im Sinne des Rechtssatzes 1 sind mindestens dessen Herstellungskosten bzw. sein niedrigerer Teilwert anzusetzen. Die Herstellungskosten sind nach den Aufwendungen für den Erwerb und die Aufzucht des stehenden Holzes sowie den Bringungs- und Bearbeitungskosten zu schätzen.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 1, § 6/1/2

 

Tatbestand

Streitig ist, in welcher Höhe das zum Bau einer Kartoffelscheune im Betrieb des Steuerpflichtigen (Stpfl.) verwendete selbsterzeugte Holz als Herstellungskosten anzusehen ist.

Der Revisionskläger (Stpfl.), ein buchführender Land- und Forstwirt, errichtete die Scheune im Wirtschaftsjahr 1957/58 und verwendete dabei 40 Festmeter (fm) selbstgeschlagenes Holz aus eigenem Walde. Im Gegensatz zum Stpfl. aktivierte das Finanzamt (FA) das Holz in dem damit geschaffenen Wirtschaftsgut Gebäude mit 2.800 DM (70 DM pro fm).

Die Sprungberufung des Stpfl. hiergegen hatte nur insoweit Erfolg, als sich das FA mit einer Herabsetzung des zu aktivierenden Wertes des Holzes auf 1.600 DM einverstanden erklärte. Das Finanzgericht (FG) führte zur Streitfrage im wesentlichen aus: Die vom Stpfl. erbaute Kartoffelscheune gehöre zu den Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen. Solche Wirtschaftsgüter seien gemäß § 6 Abs. 1 Ziff. 1 EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder evtl. mit dem niedrigeren Teilwert anzusetzen. Der Begriff Anschaffungs- oder Herstellungskosten umfasse grundsätzlich alle Aufwendungen, die bei der Errichtung der Scheune entstanden seien. Dazu gehöre auch das zum Bau verwendete Holz aus eigenem Forst. Dieses Holz sei bereits unmittelbar nach dem Fällen zu einem bewertungsfähigen Wirtschaftsgut geworden (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - VI 19/43 vom 17. November 1943, RStBl 1944, 50). Das Holz sei mit den übrigen Aufwendungen für die Kartoffelscheune zu aktivieren. Die Kosten des Bauwerks setzten sich in solchen Fällen aus dem eigenen unmittelbaren Aufwand und den übrigen Baukosten zusammen. Die gegenteilige Auffassung des Stpfl. könne sich insbesondere nicht auf das Urteil des BFH IV 13/57 vom 27. November 1958, Information L 1959 S. 88/89, stützen. Hier habe es sich um einen nichtbuchführenden VOL- Landwirt gehandelt, der eine Aktivierungsmöglichkeit nicht habe und für den § 6 Abs. 1 Ziff. 1 EStG daher nicht gelte. Wenn sich nach § 2 Abs. 2 Ziff. 2 der Verordnung über landwirtschaftliche Buchführung vom 5. Juli 1935 (RGBl I S. 908) Die Bestandsaufnahme eines buchführungspflichtigen Land- und Forstwirts auch nicht auf das stehende Holz zu erstrecken brauche, so sei aber bei geschlagenem Holz mindestens der Ansatz des Teilwerts notwendig, weil das allein den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und den einkommensteuerlichen Vorschriften entspreche. Da eine genaue Wertfeststellung des Holzes in solchen Fällen auf erhebliche Schwierigkeiten stoße und der von den Beteiligten einverständlich angenommene Wert von 1.600 DM unter den obwaltenden Umständen zutreffend erscheine - nach Erklärung des Forstamts Harsefeld betrage in einer anderen Steuersache der Marktpreis pro fm Stammholz 61,60 DM, so daß sich nach einem üblichen Abzug von etwa 35 v. H. rd. 40 DM je fm ergeben -, schließe sich die Kammer dieser Schätzung an.

 

Entscheidungsgründe

Die ab 1. Januar 1966 als Revision zu behandelnde Rb. des Stpfl. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG.

Hinsichtlich der von der Vorinstanz dargestellten Grundsätze über die Aktivierungspflicht des geschlagenen Holzes unter dem Gesichtspunkt der Herstellungskosten für die Kartoffelscheune ist dem FG in vollem Umfang beizutreten.

Es bestehen jedoch Bedenken, ob das FG bei der Frage der Bewertung des Holzes mit 1.600 DM von zutreffenden überlegungen ausgegangen ist. Entscheidend für die Bewertung des Holzes als Herstellungskosten des Gebäudes ist, mit welchem Wert das Holz als Material auszuweisen war. Nach dem Urteil des BFH I 175/60 U vom 11. Oktober 1960, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 71 S. 649 - BFH 71, 649 -, BStBl III 1960, 492, ist verwendetes eigenes Material bei der Herstellung eines Wirtschaftsgutes mit dem Buchwert anzusetzen.

Als Buchwert des Holzes in seiner Eigenschaft als Baumaterial wären die Herstellungskosten des Holzes zu ermitteln gewesen. Der Stpfl. hätte allerdings nach § 6 Abs. 1 Ziff. 2 letzter Satz EStG das geschlagene Holz auch mit einem über den Herstellungskosten liegenden Teilwert bewerten können. Er war hierzu aber nicht gezwungen, vgl. Urteil des Senats IV 268/59 S vom 19. Dezember 1962, BFH 77, 107, BStBl III 1963,357, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des RFH und des BFH. Es ist deshalb nicht richtig, wenn das FG ausführt, das geschlagene Holz hätte zumindest mit dem Teilwert angesetzt werden müssen. Hierauf aber beruht die Schätzung des FG mit 1.600 DM. Dabei spielt es keine Rolle, daß FA und Stpfl. sich auf diesen Betrag einigte. Entscheidend ist, daß dieser Betrag möglicherweise nicht die Herstellungskosten des geschlagenen Holzes wiedergibt und der Stpfl. dann mit dem Ansatz des Teilwerts nicht einverstanden gewesen wäre. Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen, damit dieses in eine Schätzung der Herstellungskosten des selbstgeschlagenen Holzes eintritt. Ergibt sich hierbei ein unter 1.600 DM liegender Betrag, so ist dieses der Betrag, den der Stpfl. mindestens als Herstellungskosten für das Holz als Material bei der Kartoffelscheune ansetzen muß. Er kann aber nach § 6 Abs. 1 Ziff. 2 letzter Satz EStG auch den höheren Teilwert ansetzen. Ergibt sich bei der Herstellungskostenschätzung ein höherer Betrag als 1.600 DM, sind diese aber der niedrigere Teilwert, so muß es beim Ansatz der 1.600 DM verbleiben.

Zur Ermittlung der Herstellungskosten des Holzes bemerkt der Senat folgendes: Die Ermittlung der Herstellungskosten des geschlagenen Holzes ist unabhängig davon, wie das stehende Holz vom Stpfl. behandelt wurde. Auch wenn dieses im Gegensatz zur Entscheidung des Senats IV 268/59 S nicht aktiviert wurde, sind als Herstellungskosten des geschlagenen Holzes die auf es entfallenden Erwerbs- und Aufzuchtkosten sowie die Bringungskosten und weiteren Bearbeitungskosten anzusetzen. Diese Kosten müssen unter Berücksichtigung aller Umstände geschätzt werden. Eine Gewinnrealisierung gegenüber der Behandlung des stehenden Holzes muß in Kauf genommen werden. Soweit sich aus dem Urteil des Senats IV 13/57 eine andere Auffassung ergeben sollte, hält der Senat an ihr nicht fest.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412286

BStBl III 1967, 3

BFHE 87, 28

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