Leitsatz (amtlich)

Bringt ein Einzelunternehmer einen Teilbetrieb in eine Personengesellschaft ein, so ist ein anläßlich der Einbringung erzielter Gewinn nur dann als Veräußerungsgewinn gemäß §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt, wenn sämtliche stillen Reserven des Teilbetriebs aufgedeckt wurden (Anschluß an BFH-Urteile vom 25. November 1980 VIII R 32/77, BFHE 132, 425, BStBl II 1981, 419; vom 26. Februar 1981 IV R 98/79, BFHE 133, 186, BStBl II 1981, 568).

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1 Nr. 1, § 34 Abs. 2 Nr. 1; UmwStG 1969 § 22 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Witwe und Alleinerbin ihres inzwischen verstorbenen Ehemannes, mit welchem sie zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurde.

Der Ehemann betrieb bis zum 31. Dezember 1972 als Alleinunternehmer ein Sägewerk, einen Steinbruch und einen Verarbeitungsbetrieb (L-Werk). Nach dem 1. Januar 1973 betrieb er das Sägewerk allein weiter. Den Steinbruch veräußerte er zum 1. Januar 1973 an eine AG. Das L-Werk wurde zum 1. Januar 1973 in die neu gegründete L-Werke GmbH & Co. KG (im folgenden KG) eingebracht. Auf das L-Werk entfiel vor der Einbringung ein Buchkapital von 102 954, 15 DM. Die Einbringung ging in der Weise vonstatten, daß der Ehemann ein Drittel des Buchkapitals selbst einbrachte, ein Drittel an seinen Neffen unentgeltlich übertrug und ein Drittel an die E-GmbH & Co. KG für 200 000 DM verkaufte. Dieses Unternehmen wurde neben dem Ehemann der Klägerin und dem Neffen Kommanditist der KG. Persönlich haftende Gesellschafterin der KG wurde die L-GmbH. Diese wurde indes am Gesellschaftsvermögen kapitalmäßig nicht beteiligt. Die KG führte die Buchwerte des Ehemannes und des Neffen weiter. Bezüglich des von der E-GmbH & Co. KG erworbenen Gesellschaftsanteils wurden die stillen Reserven in Höhe von 165 681,95 DM in einer Ergänzungsbilanz aufgedeckt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte für den von dem Ehemann erzielten Veräußerungsgewinn von 165 681,95 DM die Steuervergünstigung des § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Sprungklage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, daß dem Ehemann die Tarifbegünstigung nicht zustehe, da er bei der Veräußerung des Betriebs an die KG die stillen Reserven nur zu einem Drittel aufgelöst habe. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs sei nur dann begünstigt, wenn die stillen Reserven in vollem Umfang und nicht nur zu einem Bruchteil aufgelöst würden.

In ihrer Revision beantragte die Klägerin (sinngemäß), die Vorentscheidung aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid dahin abzuändern, daß auf den Veräußerungsgewinn die Tarifvergünstigung gemäß §§ 16, 34 EStG angewendet werde. Sie führt aus, daß die streitige Rechtsfrage im Einkommensteuergesetz 1972 und im Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform vom 14. August 1969 (UmwStG 1969) nicht ausdrücklich geregelt sei. Es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, bei Veräußerung von Betriebsvermögenskomplexen wie im vorliegenden Fall den halben Steuersatz zu gewähren.

Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Veräußerungsgewinne im Sinne des § 16 EStG unterliegen dem Steuersatz für außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 Abs. 1 und 2 EStG. Die Vorschrift des § 16 EStG betrifft Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung eines ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils. Keiner dieser Fälle liegt hier vor.

Für die Entscheidung ist mit dem FG davon auszugehen, daß der Ehemann der Klägerin das L-Werk als Teilbetrieb in die KG eingebracht hat, wobei der Neffe S zu einem Drittel unentgeltlich beteiligt wurde und die E-GmbH & Co. KG für ihre Drittelbeteiligung eine Ausgleichszahlung von 200 000 DM an den Einbringenden direkt entrichtete. Die Einbringung selbst geschah nach den Feststellungen des FG zu Buchwerten, nämlich auf der Grundlage eines Kommanditkapitals von 105 000 DM. Die Einbringung stellte sich somit, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, als eine Veräußerung des Teilbetriebs an die L-Werke GmbH & Co. KG dar, bei welcher die stillen Reserven des eingebrachten Teilbetriebs in der Eröffnungsbilanz der neugegründeten KG nicht voll aufgedeckt wurden. Nach § 22 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1969 darf aber die Tarifvergünstigung des § 34 Abs. 1 EStG nur angewendet werden, wenn das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Teilwert angesetzt wird. Es genügte nicht, daß in der Ergänzungsbilanz für die E-GmbH & Co. KG die geleistete Ausgleichszahlung als (zusätzliche) Anschaffungskosten der übernommenen Wirtschaftsgüter, soweit sie auf diese Gesellschafterin entfielen, zu behandeln waren. Zur näheren Begründung bezieht sich der erkennende Senat auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. November 1980 VIII R 32/77 (BFHE 132, 425, BStBl II 1981, 419). Nach dieser Entscheidung steht dem seinen Betrieb in eine Personengesellschaft einbringenden Einzelunternehmer für einen anläßlich dieser Einbringung erzielten Gewinn die Vergünstigung der §§ 16, 34 EStG nur zu, wenn sämtliche stillen Reserven aufgedeckt werden. Die Aufdeckung lediglich des Teiles der stillen Reserven, der dem Anteil der Mitgesellschafter am Vermögen der Personengesellschaft entspricht, reicht nicht aus. Im gleichen Sinne hat der IV. Senat des BFH in einem Urteil vom 26. Februar 1981 IV R 98/79 (BFHE 133, 186, BStBl II 1981, 568) entschieden, daß eine Ausgleichszahlung, die ein Freiberufler anläßlich der Einbringung seiner Praxis in eine Sozietät von einem Mitgesellschafter erhält, jedenfalls dann nicht gemäß § 16 Abs. 4, § 34 Abs. 1 EStG steuerbegünstigt ist, wenn nicht alle stillen Reserven der Praxis aufgedeckt werden. Im Streitfall handelt es sich zwar nicht um eine Betriebsveräußerung im ganzen, sondern um die Einbringung nur eines Teilbetriebs. Es gelten jedoch für die Frage, ob der Vorgang tarifbegünstigt ist, die gleichen Voraussetzungen.

Die Revisionsklägerin kann nicht mit dem Einwand gehört werden, daß in dem Einbringungsvorgang wirtschaftlich die Übertragung von Mitunternehmeranteilen liege und daß dieser Vorgang nicht anders besteuert werden könne als die entgeltliche Übertragung des Anteils an einem Mitunternehmeranteil, welcher nach herrschender Meinung zu einem tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn führe. Es trifft zwar zu, daß die entgeltliche Veräußerung eines Anteils an einem Mitunternehmeranteil im Sinn des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG tarifbegünstigt ist (vgl. dazu Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, Anm. IV 2 zu § 16, m. w. N.; Klein/Flockermann/Kühr, Einkommensteuergesetz, Anm. 4b, 4d zu § 16; Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 104 zu § 16 EStG, m. w. N.; vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 1980 IV R 178/76, BFHE 130, 42, 46, BStBl II 1980, 383, 385). Dieser Fall liegt jedoch nicht vor. Bei der Einbringung wurde kein Mitunternehmeranteil übertragen. Denn dies hätte zur Voraussetzung gehabt, daß ein solcher Anteil schon vor der Einbringung bestanden hätte. Mitunternehmeranteile sind jedoch erst infolge des Einbringungsvorganges entstanden. Die Beteiligten haben keine Gestaltung gewählt, aufgrund deren der Einbringungsvorgang förmlich als Einbringung von Mitunternehmeranteilen zu werten wäre. Die Beteiligten müssen sich für die steuerliche Behandlung an der von ihnen gewählten Gestaltung festhalten lassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74126

BStBl II 1982, 62

BFHE 1981, 270

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