Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdeckte Gewinnausschüttungen gegenüber einem beherrschenden Gesellschafter

 

Leitsatz (NV)

1. Sieht der mit einem beherrschenden Gesellschafter abgeschlossene Geschäftsführervertrag für jede Änderung die Schriftform zwingend vor, so sind Gehaltserhöhungen, die ohne schriftliche Änderungsvereinbarung gezahlt werden, als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln.

2. Wendet eine GmbH Prämien für eine Direktversicherung der Ehefrau des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers auf, so stellen die Zahlungen nur dann keine verdeckte Gewinnausschüttung dar, wenn sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen läßt, daß sie sich als steuerrechtlich anzuerkennendes Entgelt für die Arbeitsleistung der Ehefrau darstellen.

3. Nutzt der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer eigene Räume auch für Zwecke seiner GmbH, so begründet dies allein noch keine Betriebsstätte der GmbH.

 

Normenkette

KStG 1968 § 6 Abs. 1 S. 2; KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2; GewStG § 28

 

Verfahrensgang

FG des Saarlandes

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine GmbH, an der in den Streitjahren 1976-1978 der Gesellschafter-Geschäftsführer R zu 95 v.H. und dessen Ehefrau zu 5 v.H. beteiligt waren. In einer Außenprüfung stellte das FA folgende Sachverhalte fest:

1. Für R war in einem schriftlichen Geschäftsführervertrag ein monatliches Gehalt von 5 000 DM vereinbart, das später durch schriftliche Änderungsvereinbarung auf 7 000 DM mtl. angehoben wurde. Ab 1976 zahlte die Klägerin dem R 10 000 DM ohne schriftliche Änderungsvereinbarung, obwohl der Geschäftsführervertrag für jede Änderung die Schriftform zwingend vorsah. Das FA behandelte die Differenz zwischen 10 000 DM und 7 000 DM mtl. als verdeckte Gewinnausschüttung.

2. Die Klägerin hatte zu Gunsten des R eine Direktversicherung abgeschlossen und die Prämien dafür als Lohnaufwand behandelt, obwohl keine diesbezügliche Vereinbarung mit R bestand. Das FA behandelte die Prämien für die Direktversicherung als verdeckte Gewinnausschüttung.

3. R nutzte in seinem Einfamilienhaus bestimmte Räume für Zwecke der Klägerin. Bei den Abschlußarbeiten für 1978 verbuchte er über ein Verrechnungskonto einen Mietaufwand zu Lasten des Gewinns der Klägerin. Das FA behandelte auch diesen Betrag als verdeckte Gewinnausschüttung.

4. Die Klägerin schloß ferner eine Direktversicherung für die Ehefrau des R ab, ohne dazu eine konkrete Vereinbarung mit der Ehefrau zu treffen. Das FA behandelte auch diesen Betrag als verdeckte Gewinnausschüttung.

5. Schließlich begehrte die Klägerin mit Rücksicht auf die von R in dessen Einfamilienhaus im Interesse der Klägerin genutzten Räume eine Zerlegung der Gewerbesteuermeßbeträge, weil in dem Einfamilienhaus eine Betriebsstätte der Klägerin sich befunden habe. Das FA lehnte die Zerlegung ab.

Die Klage blieb ohne Erfolg. Der BFH hob die Vorentscheidung teilweise auf und verwies die Sache insoweit an das FG zurück. Im übrigen wies er die Revision als unbegründet zurück.

 

Entscheidungsgründe

1. . . .

2. Das FG hat dem Grunde und der Höhe nach zutreffend die Aufwendungen der Klägerin für Gehaltserhöhungen des Gesellschafter-Geschäftsführers, für Prämien auf Direktversicherungen zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers und für die angebliche Betriebsstätte in O als verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG 1968 und des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 qualifiziert.

a) Unter dem Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung sind - entsprechend ihrem Wesen und der systematischen Stellung des § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG 1968 bzw. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 - alle Vorgänge zu verstehen, durch die letztlich Vermögen einer Kapitalgesellschaft den Gesellschaftern bzw. diesen nahestehenden Personen zugeführt wird, wobei eine Beurteilung des Sachverhaltes geltend gemacht wird, die diesen nicht als Grundlage einer Ausschüttung erscheinen läßt, vielmehr eine solche verdeckt. Vermögensteile werden damit den Gesellschaftern in einer Form zugeführt, in der sie nicht als Ausschüttung erscheinen, sondern unter anderer Bezeichnung verborgen sind. Im allgemeinen liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn eine Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Dezember 1983 I R 70/77, BFHE 140, 221, BStBl II 1984, 384; vom 23. Mai 1984 I R 294/81, BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673; vom 24. Mai 1984 I R 166/78, BFHE 141, 176, BStBl II 1984, 747; vom 11. Dezember 1985 I R 164/82, BFHE 146, 126, BStBl II 1986, 469).

b) Bei Leistungen einer Kapitalgesellschaft an ihren beherrschenden Gesellschafter kommen unabhängig von der allgemeinen Begriffsbestimmung verdeckte Gewinnausschüttungen auch dann in Betracht, wenn nicht von vornherein klar und eindeutig bestimmt ist, ob und in welcher Höhe - einerlei ob laufend oder einmalig - ein Entgelt gezahlt werden soll (vgl. BFH-Urteil vom 30. Januar 1985 I R 37/82, BFHE 143, 263, BStBl II 1985, 345). Fehlt es an einer klaren und im voraus eindeutig getroffenen Vereinbarung, so besteht wegen des fehlenden Interessengegensatzes zwischen Gesellschaft und beherrschendem Gesellschafter die Möglichkeit, den Gewinn der Gesellschaft mehr oder weniger beliebig festzusetzen und ihn so zu beeinflussen, wie es bei einer steuerlichen Gesamtbetrachtung des Einkommens der Gesellschaft und des Gesellschafters jeweils am günstigsten ist.

c) Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer in den Jahren 1976 bis 1978 mit einem Anteil in Höhe von 95 v.H. des Stammkapitals an der Klägerin beteiligt war. Da gegen die entsprechende Feststellung keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen erhoben wurden, ist der Senat an sie gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Aus ihr folgt, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin deren beherrschender Gesellschafter war. Ein entsprechendes Beherrschungsverhältnis ist schon bei einer Beteiligung von mehr als 50 v.H. anzunehmen.

aa) Das FG hat ferner ungerügt festgestellt, daß die Klägerin mit ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer im Geschäftsführervertrag ein Festgehalt von monatlich 5 000 DM zuzüglich bestimmter in § 3 Abs. 2 und 3 sowie in § 4 des Vertrages erwähnter Sondervergütungen vereinbart hatte. Änderungen des Vertrages bedurften eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung und einer schriftlichen Vereinbarung, die von den Gesellschaftern und dem Geschäftsführer zu unterzeichnen war. Diesen Anforderungen haben die Vertragspartner nur einmal Rechnung getragen, als sie das Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers zum 1. Mai 1973 auf 7 000 DM monatlich anhoben. Den in 1976 und in 1977 vorgenommenen ,,Gehalts"-erhöhungen liegen dagegen weder ein schriftlicher Gesellschafterbeschluß noch eine schriftliche Vereinbarung mit dem Geschäftsführer zugrunde. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, daß die ,,Gehalts"-erhöhungen nicht auf einer im Interesse der Klägerin liegenden und ordnungsgemäß zustande gekommenen Vereinbarung beruhen. Sie können ebenso ausschließlich auf die einseitige Einflußnahme des beherrschenden Gesellschafters zurückgehen. Entsprechend kann die betriebliche Veranlassung der ,,Gehalts"-erhöhungen im nachhinein nicht festgestellt werden. Dann aber sind die ,,Gehalts"-erhöhungen nach der o.g. Rechtsprechung als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln.

Die demgegenüber von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen greifen nicht durch. Die Richtigkeit der Behauptung, die ,,Gehalts"-erhöhungen seien mündlich vereinbart worden, hat das FG als nicht nachgewiesen angesehen. Diese auf tatsächlichem Gebiet liegende Feststellung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Gerade dann, wenn ein Geschäftsführervertrag nur schriftliche Vertragsänderungen zuläßt, ist in der Regel davon auszugehen, daß die Vereinbarung dem Nachweis der betrieblichen Veranlassung der Vertragsänderung dienen soll, weshalb es im Zweifel an dem Nachweis fehlt, wenn die vertraglich vereinbarte Form nicht eingehalten wurde. Ob deshalb die ,,Gehalts"-erhöhungen zivilrechtlich wirksam vereinbart waren, ist steuerrechtlich entscheidungsunerheblich. Es kommt nur darauf an, ob nachweislich eine betriebliche Veranlassung für die Gehaltserhöhungen bestand oder nicht.

bb) Das FG hat ferner in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Klägerin zugunsten ihres Gesellschafter-Geschäftsführers eine Direktversicherung abschloß und die Prämien dafür als Lohnaufwand behandelte. Da es auch insoweit an einer dem § 8 des Geschäftsführervertrages entsprechenden schriftlichen Vereinbarung fehlt, gelten die Ausführungen zu II.2. c) aa) sinnentsprechend.

Zu Unrecht meint die Klägerin in diesem Zusammenhang, die Frage, ob eine Beschlußfassung formgerecht erfolgt sei, betreffe nur die innere Willensbildung der Klägerin und sei im Außenverhältnis unerheblich. Das Formerfordernis eines schriftlichen Gesellschafterbeschlusses und einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Geschäftsführer ist Gegenstand des Geschäftsführervertrages und bindet damit auch den Geschäftsführer in seiner vertraglichen Beziehung zur Klägerin.

cc) Schließlich hat das FG auch ungerügt festgestellt, es fehle an dem Nachweis des Abschlusses eines Mietvertrages zwischen der Klägerin und ihrem beherrschenden Gesellschafter bezüglich der Nutzung von Räumen in dem Einfamilienhaus des Gesellschafters in O. Zwar kann ein entsprechender Mietvertrag auch mündlich vereinbart werden. Auch findet insoweit § 8 des Geschäftsführervertrages keine Anwendung. Jedoch trägt die Klägerin die objektive Beweislast, wenn sich der mündliche Abschluß eines Mietvertrages nicht feststellen läßt. Dies gilt im Streitfall um so mehr, als nach den tatsächlichen Feststellungen des FG weitere Umstände gegen den Abschluß eines mündlichen Mietvertrages sprechen. So ist die angeblich vereinbarte Miete für 1978 nicht laufend an den Vermieter ausbezahlt, sondern erst im Verrechnungswege bei den Abschlußarbeiten 1978 nacherfaßt worden. Ferner ist das FG nach Beweisaufnahme zu der Auffassung gekommen, daß weder für den Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin noch für dessen Ehefrau eine betriebliche Veranlassung bestand, in dem Einfamilienhaus in O für die Klägerin zu arbeiten. Die entsprechenden Tätigkeiten wurden in O aus Gründen ausgeübt, die dem persönlichen Lebensbereich der beiden genannten Personen zuzuordnen sind. Bei dieser Sachlage ist die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung auch insoweit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

3. Allerdings tragen die tatsächlichen Feststellungen des FG dessen Entscheidung insoweit nicht, als es die von der Klägerin aufgewendeten Prämien für eine Direktversicherung der Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers als verdeckte Gewinnausschüttung behandelte.

a) Die Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers war zwar einerseits selbst zu 5 v.H. an der Klägerin beteiligt. Jedoch vermittelte ihr diese Beteiligung nicht die Stellung eines beherrschenden Gesellschafters. Andererseits war die Ehefrau nahestehende Person im Verhältnis zu dem beherrschenden Gesellschafter. Jedoch gilt für Leistungen an sie nicht der Geschäftsführervertrag. Auch lassen die Feststellungen des FG offen, ob nicht der mit der Ehefrau abgeschlossene Vertrag das Versprechen der Klägerin auf eine zusätzliche Alterssicherung der Ehefrau des beherrschenden Gesellschafters enthielt. Insoweit kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob der Abschluß der Direktversicherung nicht doch auf einer klaren und im voraus abgeschlossenen Vereinbarung beruht.

b) Zwar kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann vorliegen, wenn die Entlohnung der angestellten Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers unangemessen hoch gewesen sein sollte. Auch kann ein Indiz für eine unangemessen hohe Entlohnung dem Vergleich mit der Entlohnung anderer Arbeitnehmer der Klägerin (interner Betriebsvergleich) entnommen werden. Jedoch tragen die tatsächlichen Feststellungen des FG auch insoweit dessen Entscheidung nicht. Dazu verweist der erkennende Senat auf sein Urteil vom 8. Oktober 1986 I R 220/82 (BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205). Danach kann von einer betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen für die Alterssicherung eines Arbeitnehmer-Ehegatten ausgegangen werden, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststeht, daß sie sich als steuerrechtlich anzuerkennendes Entgelt für die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmer-Ehegatten darstellen. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist im wesentlichen nach den Grundsätzen eines internen Betriebsvergleichs zu beurteilen. Dabei ist es steuerrechtlich unschädlich, wenn eine betriebliche Altersversorgung nur einem bestimmten Kreis von Arbeitnehmern versprochen wird (vgl. BFH-Urteile vom 30. März 1983 I R 162/80, BFHE 138, 351, BStBl II 1983, 500; vom 28. Juli 1983 IV R 103/82, BFHE 139, 376, BStBl II 1984, 60). Sind vergleichbare andere Arbeitnehmer nicht beschäftigt, so sind die Prämienzahlungen jedenfalls dann als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, wenn andere betriebliche Erwägungen dafür sprechen, einen Teil des Arbeitsentgeltes in der Form von Prämienzahlungen auf eine Direktversicherung zu gewähren.

Mit Rücksicht auf diese Rechtsüberlegungen hätte das FG in tatsächlicher Hinsicht feststellen müssen, welche anderen Arbeitnehmer, denen die Klägerin keine gleichwertige Alterssicherung versprochen hat, aus welchen Gründen mit der angestellten Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers vergleichbar sind. Die Vergleichbarkeit mußte den Aufgabenbereich der Arbeitnehmer, deren Gesamtgehalt, die Arbeitgeber-Aufwendungen für die Alterssicherung und die Dauer der Beschäftigung im Betrieb der Klägerin umfassen. Umgekehrt reicht es nicht aus, daß das FG die Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers mit namentlich nicht näher bezeichneten Arbeitnehmern vergleicht, die im kaufmännischen Bereich der Klägerin tätig gewesen sein sollen.

Die im FG-Urteil nicht hinreichend getroffenen Tatsachenfeststellungen, die dem erkennenden Senat eine abschließende Prüfung der vom FG gezogenen Rechtsfolgen unmöglich machen, sind ein Mangel in der Urteilsfindung, der vom Revisionsgericht als materiell-rechtlicher Fehler von Amts wegen zu beachten ist. Er führt ohne Rücksicht auf das sonstige Vorbringen der Beteiligten zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit der Mangel sich auf sie ausgewirkt hat, und zur Zurückverweisung der Sache an das FG in dem entsprechenden Umfang. Da die Versicherungsaufwendungen zugunsten der Ehefrau des beherrschenden Gesellschafters sich auf alle Streitjahre auswirken, führt der Mangel zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit sie die Körperschaftsteuer 1976 bis 1978 und die einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge 1976 bis 1978 betrifft. Damit erhält das FG auch Gelegenheit, die dem geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1977 zugrunde liegenden Besteuerungsmerkmale in tatsächlicher Hinsicht festzustellen.

4. Das FA hat während des Revisionsverfahrens geänderte Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG 1977 zum 31. Dezember 1977 und zum 31. Dezember 1978 erlassen. Die Klägerin hat die Bescheide in das Revisionsverfahren übergeleitet (§ 121 i.V.m. §§ 68, 123 Satz 2 FGO). Zu den Änderungsbescheiden sind vom FG in tatsächlicher Hinsicht die Besteuerungsgrundlagen noch nicht festgestellt. Deshalb greift insoweit § 127 FGO ein. Die Vorentscheidung war, soweit sie die beiden Feststellungsbescheide betrifft, aufzuheben und auch in diesem Umfang an das FG zurückzuverweisen. Soweit die Revision den Feststellungsbescheid zum 31. Dezember 1976 betrifft, ist die Vorentscheidung aufzuheben, weil sie weder tatsächliche Feststellungen noch eine Begründung enthält.

5. Die Revision ist dagegen unbegründet, soweit das FG die Klage wegen Gewerbesteuerzerlegung 1978 abgewiesen hat.

a) Nach § 28 Abs. 1 GewStG ist ein einheitlicher Steuermeßbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile (Zerlegungsanteile) zu zerlegen, wenn im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden sind. Dabei bestimmt sich der Begriff der Betriebsstätte nach § 12 AO 1977 (vgl. Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, 6. Aufl., § 2 Anm. 66). Zwar kommt nach § 12 AO 1977 als Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage in Betracht, die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Diese Voraussetzung ist jedoch nur dann erfüllt, wenn der Unternehmer eine gewisse, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung hat und sie für eine gewisse Dauer zu unternehmerischen Zwecken benutzt. Die Verfügungsmacht kann sich aus der Rechtsstellung (z. B. Eigentum, Gebrauchsrecht) oder aus anderen Umständen ergeben. Die bloße Nutzungsmöglichkeit reicht nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 17. März 1982 I R 189/79, BFHE 136, 120, BStBl II 1982, 624). Es muß hinzukommen, daß dem Nutzenden mit der Überlassung eine Rechtsposition eingeräumt wird, die ihm ohne seine Mitwirkung nicht mehr ohne weiteres entzogen werden kann oder die ohne seine Mitwirkung nicht ohne weiteres verändert werden kann. An einer solchen Rechtsposition fehlt es, wenn weder ein dingliches Nutzungsrecht besteht, noch ein Mietverhältnis oder ein diesem gleichgelagertes Recht über die Nutzung bestimmter Räume vereinbart worden ist, das dem Gebrauchsinhaber das Recht vermittelt, der Zuweisung anderer als der ihm zur Nutzung überlassenen Räume zu widersprechen (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 12 AO Anm. 5).

b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die mit keinen Revisionsrügen angefochten wurden und deshalb den erkennenden Senat binden (§ 118 Abs. 2 FGO), bestand zwischen der Klägerin und ihrem beherrschenden Gesellschafter, der der Eigentümer des Einfamilienhauses in O war, für 1978 keine nach außen hin in Erscheinung tretende Vereinbarung über die Einräumung eines Nutzungsrechtes. Dazu nimmt der Senat auf seine Ausführungen unter II.2. c) cc) Bezug. Danach sprechen alle äußeren Umstände dafür, daß allenfalls der Gesellschafter-Geschäftsführer und seine Ehefrau die Räume in O in einer Weise nutzten, wie sie für Arbeitnehmer typisch ist, denen der Arbeitgeber es gestattet hat, bestimmte Aufgaben in bzw. von der eigenen Wohnung aus zu erledigen. Eine solche Gestattung begründet kein Nutzungsrecht des Arbeitgebers an den Wohnräumen des Arbeitnehmers und damit auch keine Betriebsstätte des Arbeitgebers. So gesehen waren die vom FG vorgenommenen Beweiswürdigungen möglich. Sie verstoßen weder gegen die Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze und binden deshalb den erkennenden Senat.

c) Die demgegenüber von der Klägerin erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Zu Unrecht vergleicht die Klägerin die Ehefrau ihres Gesellschafter-Geschäftsführers mit Frauen, die als Steuerberaterin, Zahnärztin, Heilpraktikerin o.ä. tätig sind. Der entscheidende Unterschied besteht darin, daß die Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers als Arbeitnehmerin tätig war, während die von der Klägerin angesprochenen Berufe selbständig ausgeübt werden. Schließlich besagt auch die von der Klägerin behauptete (Mit-)Benutzung der Garage als Lager nichts darüber, ob der Klägerin an der Garage ein selbständiges Nutzungsrecht eingeräumt war oder ob lediglich ihr Geschäftsführer seine Garage zur Unterbringung der Betriebsmittel (mit-)benutzte.

6. Im zweiten Rechtszug wird das FG das BFH-Urteil vom 20. August 1986 I R 87/83 (BFHE 147, 521, BStBl II 1987, 75) beachten müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415112

BFH/NV 1988, 122

BFHE 1987, 508

BB 1987, 1594

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge