Leitsatz (amtlich)

1. Ob ein negativer Gewinnfeststellungsbescheid ergangen ist, muß ggf. durch Auslegung des Verwaltungsakts ermittelt werden.

2. Ein Verwaltungsakt kann wegen offenbarer Unrichtigkeit auch dann berichtigt werden, wenn sich sein Regelungsinhalt durch die Berichtigung in das Gegenteil verkehrt.

3. Zur Gewinnerzielungsabsicht bei einer mit Pferdezucht verbundenen landwirtschaftlichen Betätigung.

 

Orientierungssatz

1. Die vom FA im Anschluß an eine Betriebsprüfung erlassenen Berichtigungsbescheide, in denen der Gewinn aus Landwirtschaft und Forstwirtschaft auf 0 DM festgestellt worden ist, sind gemäß dem entsprechend anzuwendenden § 133 BGB dann als negative Gewinnfeststellungsbescheide zu werten, wenn die Bescheide ausdrücklich auf den Prüfungsbericht verweisen, in dem die Tätigkeit des Steuerpflichtigen als Liebhaberei gewertet und eine Berücksichtigung der daraus errechneten Verluste verneint worden ist, so daß auch der Steuerpflichtige den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht anders verstehen konnte (Rechtsprechung BFH, BVerwG, BGH; Literatur). Ob darüber hinaus die Umdeutung eines (positiven) auf 0 DM lautenden Feststellungsbescheids in einen negativen Feststellungsbescheid in Frage kommt, konnte offen bleiben.

2. Eine offenbare Unrichtigkeit i.S. von § 129 AO 1977 liegt vor, wenn das FA im Anschluß an eine Betriebsprüfung unter Hinweis auf das Ergebnis des Betriebsprüfungsberichts vorläufige Bescheide über die gesonderte Feststellung von Verlusten für endgültig erklärt bzw. erstmals erlassen hat, obwohl diese Verluste im Betriebsprüfungsbericht eindeutig als solche aus Liebhaberei qualifiziert worden sind, der Steuerpflichtige den Betriebsprüfungsbericht kannte und aus der Bescheiderläuterung ersehen konnte, daß das FA am Prüfungsergebnis festhalten wollte. Bei Anwendung des § 129 AO 1977 kommt es auch nicht darauf an, ob das FA am Erlaß des unrichtigen Bescheids ein Verschulden trifft (vgl. BFH-Rechtsprechung zu § 92 Abs. 2 AO bzw. § 129 AO 1977).

3. Bei einer mit einer Pferdezucht verbundenen landwirtschaftlichen Betätigung (Bewirtschaftung von Grünflächen und Ackerflächen) kann eine Gewinnerzielungsabsicht nicht allein deshalb verneint werden, weil über einen Zeitraum von 13 Jahren Verluste erwirtschaftet worden sind. Neben der Verlustperiode ist zu berücksichtigen, wie es zur Aufnahme der Pferdezucht gekommen ist, welche Überlegungen der Steuerpflichtige hierbei hinsichtlich einer Gewinnerzielung angestellt und ob er seine Maßnahmen an diesem Ziel ausgerichtet hat (BFH-Rechtsprechung zur Gewinnerzielungsabsicht bei gewerblichen Unternehmen, bei Betrieb eines Gestüts). Ferner ist zu prüfen, ob die Bewirtschaftung der Ländereien und die --möglicherweise aus persönlichen Gründen betriebene-- Pferdezucht selbständige Betriebszweige darstellten, die Bewirtschaftung der Ländereien eine eigene Grundlage für einen landwirtschaftlichen Betrieb darbot und der Steuerpflichtige hieraus einen Gewinn erwarten konnte und erwartet hat.

 

Normenkette

AO 1977 § 124 Abs. 1 S. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2b; EStG 1984 § 15 Abs. 2 S. 1; AO 1977 §§ 129, 128; AO § 92 Abs. 2; EStG § 13; BGB § 133; EStG § 2 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt eine Pferdezucht. Für die Jahre 1969 bis 1973 errechnete er Verluste, die für 1969 bis 1972 gesondert festgestellt wurden; die Bescheide waren vorläufig gemäß § 100 Abs.2 der Reichsabgabenordnung (AO). In den Jahren 1975 und 1976 fand eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer kam zu der Auffassung, daß es sich um eine steuerlich unerhebliche Liebhaberei handle. Dies blieb bei einer Besprechung im Dezember 1975 zwischen Bediensteten des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) und dem Kläger strittig. Der Kläger holte daraufhin zwei Gutachten ein. Nach Erstattung dieser Gutachten fand im September 1976 eine weitere Besprechung statt. Danach fertigte der Prüfer den Prüfungsbericht an, in dem er die Gutachten auswertete. Er blieb bei seiner Auffassung, daß es sich um Liebhaberei handle (Tz.33 des Betriebsprüfungsberichts).

Der Betriebsprüfungsbericht wurde dem Kläger zur Stellungnahme übermittelt; er äußerte sich jedoch nicht. Daraufhin wertete das FA den Betriebsprüfungsbericht im Dezember 1976 aus und erklärte die vorläufigen Gewinnfeststellungen 1969 bis 1972 unverändert für endgültig. Für 1973 wurde der beantragte Verlust festgestellt. In diesem Bescheid wird unter Hinweis auf den Betriebsprüfungsbericht angegeben, daß der Feststellung die Ergebnisse der Betriebsprüfung zugrunde lägen. In der Folge bemerkte das FA die Abweichung vom Betriebsprüfungsbericht und berichtigte im November 1977 die genannten Bescheide wegen offenbarer Unrichtigkeit; das FA stellte nunmehr die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in den Streitjahren 1969 bis 1973 auf null DM fest.

Hiergegen erhob der Kläger nach erfolglosem Einspruch Klage zum Finanzgericht (FG); dieses wies die Klage ab.

Mit der Revision wird fehlerhafte Anwendung der Abgabenordnung (AO 1977) gerügt.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil und die Berichtigungsbescheide des FA aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Die angefochtenen Berichtigungsbescheide stellen sich als negative Gewinnfeststellungsbescheide dar.

Mit den noch unter der Geltung der AO ergangenen vorläufigen Verlustfeststellungen 1969 bis 1972, der Endgültigerklärung dieser Bescheide sowie der erstmaligen Verlustfeststellung für 1973 hat das FA jeweils von der Bestimmung des § 6 Abs.1 der Verordnung für die Zuständigkeit im Besteuerungsverfahren vom 3.Januar 1944 (RGBl I, 11) Gebrauch gemacht, die die gesonderte Feststellung des Gewinns aus gewerblicher Tätigkeit durch das Betriebs-FA vorsah, sofern der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz im Bereich eines anderen FA und einer anderen Gemeinde hatte. Das FA hat diese Vorschrift auf die Feststellung land- und forstwirtschaftlicher Einkünfte ausgedehnt; die Bescheide sind bestandskräftig geworden.

Mit seinen nach Inkrafttreten der AO 1977 aufgrund von § 180 Abs.1 Nr.2 Buchst.b AO 1977 ergangenen Berichtigungsbescheiden wollte das FA deutlich machen, daß der Kläger eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei betreibe. Es hätte zu diesem Zweck die früheren Bescheide aufheben und die in den Feststellungserklärungen des Klägers enthaltenen Anträge auf Erlaß von Gewinnfeststellungsbescheiden ablehnen können; durch diesen Ablehnungsbescheid (§ 181 Abs.1 Satz 1, § 155 Abs.1 Satz 3 AO 1977) wäre mit verbindlicher Wirkung für die Einkommensteuerveranlagung festgestellt worden, daß die fragliche Betätigung des Klägers keinen Besteuerungstatbestand erfüllt und keine Besteuerungsgrundlage für die Einkommensteuer abgibt (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17.Januar 1985 IV B 65/84, BFHE 143, 10, BStBl II 1985, 299, m.w.N.).

Im Streitfall hat das FA die Einkünfte des Klägers demgegenüber jeweils auf null DM festgestellt. Ein derartiger Bescheid kann besagen, daß der Kläger im Jahr der Feststellung einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hat, daß sich aber Aufwendungen und Erträge ausgeglichen haben. Es würde sich in diesem Fall um einen positiven Feststellungsbescheid handeln, dessen Änderung im Wege der Anfechtungsklage gemäß § 100 Abs.2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erreicht werden kann, während gegenüber einer negativen Gewinnfeststellung Verpflichtungsklage mit dem Ziel erhoben wird, dem FA die Feststellung von Gewinnen oder Verlusten in bestimmter Höhe aufzugeben (BFH-Urteil vom 27.Januar 1977 IV R 173/75, BFHE 122, 5, BStBl II 1977, 510).

Im Wege der Auslegung läßt sich jedoch ermitteln, daß das FA negative Gewinnfeststellungsbescheide erlassen hat. Auch Verwaltungsakte sind der Auslegung unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zugänglich. Dabei kommt es jedoch nicht auf dasjenige an, was die Behörde mit ihrer Erklärung gewollt hat, sondern darauf, wie der Steuerpflichtige nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte; dabei gehen Unklarheiten zu Lasten der Behörde (BFH-Beschluß vom 25.August 1981 VII B 3/81, BFHE 134, 97, BStBl II 1982, 34; BFH-Urteil vom 26.August 1982 IV R 31/82, BFHE 136, 351, BStBl II 1983, 23; Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 28.Februar 1961 I C 54/57, BVerwGE 12, 87, 91; vom 18.Juni 1980 6 C 55/79, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 448.0., § 25a WPflG Nr.2).

Da der Verwaltungsakt mit dem Inhalt wirksam wird, mit dem er bekanntgegeben wird (§ 124 Abs.1 Satz 2 AO 1977), muß die Auslegung einen Anhalt in der bekanntgegebenen Regelung haben (vgl. Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2.Aufl., § 43 Anm.6; siehe auch Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 9.April 1981 IVa ZB 6/80, BGHZ 80, 246).

Im Streitfall erschöpfte sich der dem Kläger bekanntgegebene Berichtigungssammelbescheid für 1969 bis 1973 nicht in der Feststellung eines Gewinns von null DM. In ihm ist vielmehr auch auf Tz.33 des Betriebsprüfungsberichts verwiesen; an dieser Stelle hat der Betriebsprüfer seine Auffassung verdeutlicht, daß es sich bei der Betätigung des Klägers um eine Liebhaberei handle und daß die daraus errechneten Verluste steuerlich nicht wirksam werden könnten. Dies wurde zusätzlich auch dadurch deutlich, daß das FA gleichzeitig eine erstmalige Gewinnfeststellung für 1973 durchführte, hierin ebenfalls den Gewinn mit null DM festsetzte und in der Erläuterung ausführte, daß der Gewinn mit null DM festzusetzen gewesen sei, weil es sich um eine Liebhaberei handle. Da der Kläger die Feststellung von Verlusten erstrebt hatte, von einem ausgeglichenen Betriebsergebnis in allen Streitjahren aber weder seitens des Klägers noch des FA gesprochen worden war, konnte auch der Kläger die Willensäußerung des FA nur im Sinne eines negativen Gewinnfeststellungsbescheids verstehen. Ein solcher Bescheid kann auch in der Weise ergehen, daß das FG ausdrücklich feststellt, der Antragsteller habe keine Einkünfte der von ihm bezeichneten Art erzielt. Dies entspricht dem Regelungsgehalt eines Bescheids, mit dem die Feststellung der beantragten Einkünfte aus sachlichen Gründen abgelehnt wird.

Ob darüber hinaus die Umdeutung eines (positiven) auf null DM lautenden Feststellungsbescheides in einen negativen Feststellungsbescheid in Frage kommt (§ 128 AO 1977), kann dahinstehen, weil sich die angefochtenen Bescheide schon nach der gebotenen Auslegung als negative Gewinnfeststellungen darstellen.

2. Der Senat pflichtet der Auffassung des FG bei, daß das FA die vorausgegangenen Feststellungsbescheide nach § 129 AO 1977 berichtigen konnte.

a) Nach dieser Vorschrift können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten jederzeit berichtigt werden; das gilt auch dann, wenn ein Steuerbescheid bestandskräftig geworden ist. "Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten" müssen einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlich sein, d.h. es muß sich um mechanische Fehler handeln, die ebenso mechanisch, d.h. ohne weitere Prüfung erkannt und berichtigt werden können. Besteht auch nur die Möglichkeit eines Fehlers in der Tatsachenwürdigung oder Rechtsanwendung, so ist eine Berichtigung nach § 129 AO 1977 nicht zulässig (BFH-Urteil vom 24.Juli 1984 VIII R 304/81, BFHE 141, 485, BStBl II 1984, 785, m.w.N.).

Ob ein Verwaltungsakt den Regelungswillen der Finanzbehörde aus den genannten Gründen unrichtig wiedergibt, ist Tatfrage. Das FG hat hierzu nach einer Beweisaufnahme festgestellt, daß alle am Zustandekommen der Feststellungsbescheide beteiligten Beamten, nämlich der Mitarbeiter und die Sachbearbeiter sowie der Sachgebietsleiter der Veranlagungsstelle, in der Absicht und in der Meinung gehandelt hätten, das Ergebnis der Betriebsprüfung, wie es sich im Prüfungsbericht darstellte, steuerlich wirksam werden zu lassen. Beim Entwurf der Bescheide habe der Mitarbeiter fälschlich die Ausführungen in Tz.21 anstelle der Darstellung in Tz.33 des Betriebsprüfungsberichts als Ergebnis der Prüfung angesehen; der Sachbearbeiter und der Sachgebietsleiter hätten die Bescheide danach ungelesen und in der Meinung unterzeichnet, sie entsprächen dem Ergebnis des Prüfungsberichts.

Nach diesen tatsächlichen Feststellungen beruhten die Bescheide auf einem Verlesen des Mitarbeiters im Betriebsprüfungsbericht, nicht aber darauf, daß das FA unter Abweichung vom Betriebsprüfungsbericht aufgrund eigener Tatsachenwürdigung die Tätigkeit des Klägers als landwirtschaftlichen Betrieb ansehen wollte. Das FG hat für seine gleichlautende Würdigung neben den Zeugenaussagen vor allem angeführt, daß der Feststellungsbescheid für 1973 auf das Ergebnis des Betriebsprüfungsberichts hinwies, gleichwohl aber zu einer Verlustfeststellung gelangte. Der Kläger hat die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen. Die Beweiswürdigung des FG enthält auch keinen Verstoß gegen Erfahrungssätze und Denkgesetze. Entgegen der Revisionsauffassung durfte das FG aus den Aussagen des Mitarbeiters Folgerungen ziehen, obwohl er sich an den Hergang im einzelnen nicht mehr erinnern konnte.

Das FG konnte auch annehmen, daß es sich um eine offenbare Unrichtigkeit handelte. Offenbar ist eine Unrichtigkeit, wenn sie auf der Hand liegt, wenn sie durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist (BFH-Beschluß vom 4.September 1984 VIII B 157/83, BFHE 142, 13, BStBl II 1984, 834, m.w.N.). Das FG hat angenommen, daß die Unrichtigkeit der Feststellungsbescheide für den Kläger augenfällig war, weil er den Betriebsprüfungsbericht kannte und aus der Erläuterung zum Feststellungsbescheid 1973 ersah, daß das FA am Prüfungsergebnis festhalten wollte. Das FG hat hierbei berücksichtigt, daß das FA nicht an die Feststellungen des Betriebsprüfers gebunden war; es hat jedoch ausgeschlossen, daß der Kläger den Eindruck haben konnte, es wolle vom Betriebsprüfungsbericht abweichen. Diese Überlegungen sind folgerichtig; sie sind vom Kläger nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden.

b) Die Rechtsprechung ist auch bisher schon davon ausgegangen, daß bei der Auswertung von Betriebsprüfungsberichten offenbare Unrichtigkeiten i.S. von § 92 Abs.2 AO bzw. § 129 AO 1977 vorkommen können, sei es, daß ein Punkt des Berichts übersehen wird (BFH-Urteil vom 10.Februar 1967 VI R 5/66, BFHE 88, 155, BStBl III 1967, 348), sei es, daß die Prüfungsfeststellungen in widersprüchlicher Weise ausgewertet werden (BFH-Urteil vom 14.August 1975 IV R 150/71, BFHE 119, 201, BStBl II 1976, 764, 766). Der BFH hat gerade aus einem dem Steuerbescheid beigefügten Hinweis auf den Betriebsprüfungsbericht auf die Offenkundigkeit des Versehens geschlossen (Urteil in BFHE 88, 155, BStBl III 1967, 348). Im Streitfall wird zwar der Inhalt der zuvor maßgebenden Feststellungen durch die Berichtigung fast in sein Gegenteil verkehrt. Dies wird aber bei einer vergleichbaren Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 der Zivilprozeßordnung (ZPO) hingenommen (Thomas/Putzo, ZPO, Zivilprozeßordnung mit Nebengesetzen, 13.Aufl., § 319 Anm.1) und bildet auch bei Anwendung des § 129 AO 1977 kein Hindernis. Bei der Anwendung dieser Vorschrift kommt es auch nicht darauf an, ob das FA am Erlaß des unrichtigen Bescheids ein Verschulden trifft (Urteil in BFHE 88, 155, BStBl III 1967, 348). Die oberflächliche Behandlung des Steuerfalls durch die Bediensteten des FA hindert demnach die Berichtigung nicht.

3. Die bisherigen Feststellungen des FG erlauben jedoch nicht den Schluß, daß der Kläger ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig gewesen ist und deshalb Verluste nicht festgestellt werden können. Aus den Ausführungen des FG und des von ihm zitierten Betriebsprüfungsberichts ergibt sich, daß der Kläger im Jahre 1968 mit sieben Stuten eine Pferdezucht begonnen und das zugehörige Gelände durch Kauf und Pacht bis 1972 auf 4,6 ha Grünland und 1,15 ha Ackerland ausgedehnt hat. Zusätzlich hat der Kläger seit 1974 zunächst pachtweise, danach als Eigentümer eine Hofstelle von 25 ha bewirtschaftet und im Jahre 1980 weitere 30 ha Grünland und Ackerland hinzugepachtet. Das FG hat die Betätigung des Klägers als Liebhaberei angesehen, weil sich in den Veranlagungszeiträumen 1969 bis 1981 durchweg Verluste ergeben hätten und daraus bei objektiver Betrachtung geschlossen werden müsse, daß der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art der Betriebsführung von Anfang an nicht in der Lage gewesen sei, nachhaltig mit Gewinn zu arbeiten.

Der Senat kann offenlassen, ob diese Ausführungen angesichts der Besonderheiten des Streitfalls, die sich in der Übernahme der Hofstelle und in der späteren Erweiterung des Wirtschaftslandes zeigen, mit der bisherigen BFH-Rechtsprechung übereinstimmen. Sie sind jedoch nicht vereinbar mit den Überlegungen, denen der Große Senat des BFH in seinem Beschluß vom 25.Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766) gefolgt ist. Danach besteht die Gewinnerzielungsabsicht als Merkmal des gewerblichen Unternehmens (vgl. § 15 Abs.2 Satz 1 EStG 1984) in dem Bestreben des Unternehmers, eine Vermehrung seines Betriebsvermögens in Gestalt eines Totalgewinns über die Dauer seiner Betriebsinhaberschaft zu erreichen. Gleiches gilt für die Abgrenzung zwischen einer land- und forstwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und einer steuerrechtlich unbeachtlichen Liebhaberei. Ob der Steuerpflichtige sich im beschriebenen Sinne mit Gewinnerzielungsabsicht betätigt hat, ist wiederum Tatfrage. Sie muß anhand objektiver Feststellungen und nicht allein nach den Angaben des Steuerpflichtigen beantwortet werden. Hierbei hat auch die betriebliche Entwicklung, insbesondere eine längere Verlustperiode, ihre Bedeutung. Läßt sich feststellen, daß der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt, ist der Schluß gerechtfertigt, daß es sich um eine steuerlich unbeachtliche Betätigung handelt.

Das FG hat demgegenüber allein aus den aufgetretenen Verlusten auf den Mangel der Gewinnerzielungsabsicht beim Kläger geschlossen. Dies ist nicht ausreichend. Zwar liegen die Motive für eine Pferdehaltung und Pferdezucht gerade bei solchen Steuerpflichtigen häufig im privaten Raum, die, wie der Kläger, sonst nicht im Bereich der Land- und Forstwirtschaft tätig sind und aufgrund anderer Einkünfte über die erforderlichen Mittel zum Ausgleich von Verlusten verfügen. Das ist aber nicht zwingend. Deshalb wird das FG ermitteln müssen, wie es zur Aufnahme der Pferdezucht gekommen ist, welche Überlegungen der Kläger hierbei hinsichtlich einer Gewinnerzielung angestellt und ob er seine Maßnahmen an diesem Ziel ausgerichtet hat. Dies würde des weiteren voraussetzen, daß der Kläger auch den späteren Ausgleich der Anfangsverluste im Auge hatte (BFH-Urteil vom 21.März 1985 IV R 25/82, BFHE 143, 361, BStBl II 1985, 399).

Das FG wird auch ermitteln, ob die Bewirtschaftung der Ländereien, insbesondere der Ackerfläche und die --möglicherweise aus persönlichen Gründen betriebene-- Pferdezucht selbständige Betriebszweige darstellten und ob ferner die Bewirtschaftung der Ländereien eine eigene Grundlage für einen landwirtschaftlichen Betrieb darbot und der Kläger hieraus einen Gewinn erwarten konnte und erwartet hat. In diesem Fall hätte das FG zu erwägen, ob sich die Gewinnermittlung auf die einer erwerbswirtschaftlichen Betätigung zugänglichen Wirtschaftsgüter beschränkt und ob Belastungen aus der privat veranlaßten Pferdehaltung unberücksichtigt bleiben. Hierfür kann sprechen, daß eine gewinnträchtige Land- und Forstwirtschaft nicht durch die Eingliederung einer verlustbringenden Liebhaberei ihres Gewinnes entkleidet und dadurch im Ergebnis die Liebhaberei steuerlich begünstigt werden soll.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60696

BStBl II 1986, 293

BFHE 145, 226

BFHE 1986, 226

BB 1986, 1003-1004 (ST)

DB 1986, 1208-1209 (ST)

HFR 1986, 178-180 (ST)

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