Leitsatz (amtlich)

Wird von einer der Baubranche beruflich nicht verbundenen Person auf einem ihr bereits längere Zeit gehörenden Grundstück ein Mietwohngebäude mit acht Wohneinheiten errichtet und werden die Wohnungen auf die Dauer von fünf bis zehn Jahren vermietet, so läßt eine zwei Jahre später erfolgende Umwandlung von sieben Wohneinheiten in Eigentumswohnungen und deren Veräußerung innerhalb der darauf folgenden vier Jahre den Gesamtvorgang nicht zu einer gewerblichen Betätigung werden.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt einen Getränkehandel. Zusammen mit seiner Ehefrau, der Klägerin und Revisionsbeklagten, errichtete er 1972 auf einem beiden Ehegatten je zu 1/2 gehörenden unbebauten Grundstück ein Mietwohnhaus mit acht Wohnungen, einem Ladenlokal sowie sechs Garagen. Die erstellten acht Wohnungen wurden nach Bezugsfertigkeit Anfang 1972 fremdvermietet. Mit den Mietparteien wurden Mietverträge über eine Mietdauer von fünf bzw. zehn Jahren fest vereinbart. In 1974 verminderten sich die Mieteinnahmen, weil verschiedene Wohnungen längere Zeit leerstanden. Die Kläger teilten daraufhin im Oktober 1974 das Grundstück in acht Eigentumswohnungen und ein Teileigentum (Geschäftslokal) auf. Vier der Eigentumswohnungen wurden noch im Streitjahr 1974 an verschiedene Erwerber veräußert. Eine weitere Veräußerung fand in 1976 statt, zwei Wohnungen wurden in 1978 verkauft. Das Ladenlokal sowie die letzte Eigentumswohnung behielten die Kläger zur Eigennutzung zurück.

Die Kläger behandelten die Bebauung und Veräußerung der Eigentumswohnungen als private Vorgänge, indem sie den Aufwand und den Ertrag aus den Veräußerungen nicht als Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen erklärten. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stellte diesen Sachverhalt bei einer im Jahre 1978 für die Streitjahre durchgeführten Außenprüfung fest. Im Anschluß an die Prüfung behandelte er die Veräußerung der Grundstücke als betriebliche Vorgänge einer zwischen den Klägern in 1974 gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

Nach erfolglosem Einspruch der Kläger hob das Finanzgericht (FG) auf deren Klage die angefochtenen Feststellungs- sowie Einheitswertbescheide auf. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, die Tätigkeit der Kläger liege noch im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Denn die Verwertung der Vermögenssubstanz trete gegenüber der Nutzung des Grundstücks durch Fruchtziehung (Vermietung) zurück. Sowohl die eigentliche Verkaufstätigkeit der Kläger als auch die Aufteilung des Grundstücks in Eigentumswohnungen habe sich auf die für den bloßen Verkauf erforderlichen Handlungen beschränkt. Diese Handlungen stellten sich als nur technisch bedingte Vorbereitungshandlungen für den Verkauf einzelner Wohnungen dar. Weitere Tätigkeiten, die über eine Verwaltung und Nutzung des Vermögens hinausgehen würden, seien nach den Umständen des Streitfalles von den Klägern nicht ausgeübt worden. Entscheidend für die Beurteilung der Tätigkeit der Kläger als private Vermögensverwaltung sei die fehlende zeitliche Verflechtung zwischen Bau und Verkauf der Wohnungen. Zwischen dem Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit in 1972 und der Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum im Oktober 1974 liege ein Zeitraum von 2 1/2 Jahren, der von den Klägern für die Vermietung genutzt worden sei. Ein gewerblicher Grundstückshandel, wie ihn das FA annehme, könne allenfalls dann bejaht werden, wenn sich die Bebauung und Veräußerung als ein einheitlicher Vorgang darstellen würde, der durch keine wesentliche private Vermögensnutzung unterbrochen worden sei. Den Klägern sei es gelungen, anhand eines teilweise von ihrem Anwalt geführten Schriftwechsels nachzuweisen, daß sie den Versuch unternommen haben, die Mieter an den vertraglich eingegangen Verpflichtungen festzuhalten. Darüber hinaus hätten die Kläger, wie sich gleichfalls aus diesen Unterlagen ergebe, zunächst den weiteren Versuch unternommen, die leerstehenden Wohnungen zu vermieten, bevor sie --die Kläger-- die Aufteilung in Wohnungseigentum vorgenommen hätten. Eine Zielsetzung, die von vornherein mindestens auch eine gewinnbringende Veräußerung des bebauten Grundstücks ernstlich beabsichtigte (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8.Juli 1982 IV R 20/78, BFHE 136, 252, BStBl II 1982, 700), könne den Klägern nicht nachgewiesen werden.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 15 Abs.1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie des § 2 Abs.1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Der Verkauf der Eigentumswohnungen in den Jahren 1974 bis 1978 stelle nicht das Ende einer auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit dar. Es fehle hier insoweit an einer der Veräußerung vorausgehenden "längerfristigen Nutzung durch Fruchtziehung". Das Erfordernis der Langfristigkeit in diesem Zusammenhang ergebe sich aus der vom BFH entwickelten Voraussetzung der "zeitlichen Verflechtung zwischen Bau und Verkauf von Eigentumswohnungen" für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels. Von Bedeutung sei insbesondere, daß bei der Lebensdauer eines Gebäudes von mehreren Jahrzehnten und der damit verbundenen entsprechend langen Nutzungsmöglichkeit durch Vermietung der Zeitraum von 2 1/2 Jahren nicht ins Gewicht falle. Die einem Gebäude innewohnende potentielle Vermietungsmöglichkeit sei damit bei weitem nicht ausgeschöpft. Die hier durchgeführten Vermietungen hätten daher vom Ausgang des Geschehens her gesehen den Charakter einer Interimslösung. Dies werde vor allem deutlich in der raschen Bereitschaft der Kläger, auf die Schwierigkeiten mit den Mietern durch Veräußerung der Wohnungen zu reagieren. Dem FG könne auch insoweit nicht gefolgt werden, als es für die Frage nach der "Fruchtziehung von einigem Gewicht" auf die erzielten Mieteinnahmen abstelle. Es übersehe dabei, daß dieser Betrag bis zur Veräußerung der letzten beiden Wohnungen sich als ein notwendiges Nebenprodukt darstelle. Da die Kläger nach der Aufteilung in Wohnungseigentum den verbliebenen Mietern nicht unter dem Gesichtspunkt der Vertragsuntreue hätten kündigen können, hätten sie die vereinbarten Mietentgelte hinnehmen müssen.

Das FA beantragt die Aufhebung des FG-Urteils und die Abweisung der Klage.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Sie beziehen sich im wesentlichen auf die Begründung der Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Denn das FG ist ohne Rechtsverstoß zu der Auffassung gelangt, daß die Kläger kein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 Abs.1 Nr.1 EStG betrieben haben.

Ein Gewerbebetrieb ist anzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) --vgl. nunmehr § 15 Abs.2 EStG-- erfüllt sind und sich die Tätigkeit nach den Umständen des Einzelfalles nicht als private Vermögensverwaltung darstellt. Es muß sich hiernach um eine selbständige und nachhaltige Betätigung handeln, die mit Gewinnabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs oder einer anderen selbständigen Arbeit i.S. des EStG anzusehen ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH wird bei der Errichtung und dem Verkauf von Eigentumswohnungen der Bereich der privaten Vermögensverwaltung überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 17.Januar 1973 I R 191/72, BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260, sowie Urteil des Senats vom 9.Dezember 1986 VIII R 317/82, BFHE 148, 480).

Das FG hat unter zutreffender Anwendung dieser Grundsätze zu Recht eine private Vermögensverwaltung seitens der Kläger bejaht. Die Gesamtbetrachtung (vgl. BFH-Urteil vom 11.Oktober 1985 III R 196/81, BFH/NV 1986, 279) der von den Klägern entwickelten Maßnahmen läßt deutlich werden, daß es den Klägern in erster Linie auf die Nutzung ihres Grundstücks im Sinne einer Fruchtziehung ankam. Entscheidend ins Gewicht fällt dabei das Zusammentreffen folgender Umstände:

1. Die Kläger waren mit Bau- und Grundstücksmarkt in keiner Weise beruflich verbunden (vgl. BFH/NV 1986, 279, sowie Urteil des Senats vom 10.Februar 1987 VIII R 167/85, BFH/NV 1987, 440). Sie waren weder Architekten oder Bauingenieure, noch Immobilienmakler noch Bauunternehmer oder Baubetreuer.

2. Die Kläger erwarben nicht ein Grundstück zum Zwecke der Bebauung, sondern sie bebauten ein bereits längere Zeit in ihrem Eigentum befindliches bisher offenbar unbebautes Grundstück.

3. Die errichteten Wohneinheiten entstanden nicht in der rechtlichen Gestalt von Eigentumswohnungen, sondern waren zunächst rechtlich unselbständige zur Vermietung an verschiedene Interessenten bestimmte Teile des Gesamtobjekts.

4. Ein auf Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gerichteter Wille der Kläger zur Zeit der Bebauung ist nicht erkennbar. Die Umstände sprechen eher gegen eine solche Absicht. Denn die Wohnungen wurden nach ihrer Fertigstellung durch ihre Vermietung nur noch eingeschränkt zur Veräußerung verwertbar. Zwar hindert die Vermietung einer Wohnung deren Verkauf rechtlich nicht. Der Verkäufer muß jedoch zum einen die Rechte des Mieters, so wie sie sich aus dem mit dem Verkäufer geschlossenen Vertrag ergeben, gegen sich gelten lassen (§ 571 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--). Er riskiert zum anderen, daß der Mieter sich über die vertraglichen Rechte hinaus auf die verschiedenartigen Mieterschutzvorschriften des BGB beruft (§§ 556a ff., 564a BGB) und die Herausgabe der Wohnung anschließend noch durch die Inanspruchnahme von Räumungsschutz (§§ 721, 794a der Zivilprozeßordnung --ZPO--) erheblich verzögert. Dies kann jedenfalls nach der in den Streitjahren geltenden Rechtslage nicht unbeachtet bleiben. Daß es sich um für den Eigentümer besonders günstige Mietverträge handelte, die den Wert der Wohnungen hätten erhöhen können, hat das FG nicht festgestellt.

Das Urteil des BFH in BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260 steht diesen Überlegungen nicht entgegen. Zwar ist in jener Entscheidung ausgesprochen, daß die Einordnung der Tätigkeit als gewerblich nicht deshalb außer Betracht bleiben kann, weil zunächst eine Vermietung der Wohnung geplant war. Dieser Gedanke greift indes im vorliegenden Falle nicht ein. Denn hier wurden längerfristige Mietverträge nicht nur geplant, sondern tatsächlich abgeschlossen und zunächst auch durch Einzug der Mieter vollzogen. Die Kläger haben sogar die Erfüllung dieser Mietverträge seitens der Mieter mit anwaltschaftlicher Unterstützung verfolgt und dadurch, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, zum Ausdruck gebracht, daß sie an ihrer Vermietungskonzeption festhalten wollten.

5. Auch ab 1974 ist kein Übergang von der privaten Vermögensverwaltung zur gewerblichen Betätigung erfolgt. Denn im Zusammenhang mit dem nach den tatsächlichen Feststellungen des FG erstmals 1974 gefaßten Entschluß, die Wohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln und zu veräußern, wurden keine wesentlichen Baumaßnahmen vorgenommen (vgl. BFH-Urteil vom 10.August 1983 I R 120/80, BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137).

 

Fundstellen

Haufe-Index 61733

BStBl II 1988, 65

BFHE 151, 74

BFHE 1988, 74

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