Entscheidungsstichwort (Thema)

Pferdezucht als Teilbetrieb; Liebhaberei als neue Tatsache i. S. des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Pferdezucht ist bei der Frage der Liebhaberei kein selbständig zu beurteilender Teilbetrieb, wenn sie in die übrige Landwirtschaft voll integriert ist, weil Wiesen und Weiden, Betriebsanlagen und Personal unterschiedslos in beiden Zweigen eingesetzt werden.

2. Im Hinblick auf die Frage der Liebhaberei sind neue Tatsachen i. S. des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO, die zum Nichtansatz der Verluste aus Landwirtschaft und damit zu höheren Steuerfestsetzungen berechtigen, unter Ausschluß der dem FA bereits bekannt gewesenen bisherigen Verluste der Landwirtschaft alle näheren Umstände, Vorgänge und Besonderheiten der Betriebsführung, die im Zusammenhang mit den ununterbrochen erzielten Verlusten nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zu dem Schluß berechtigen, der Betrieb werde nicht ernstlich mit Gewinnerzielungsabsicht geführt und könne bei der Art der Bewirtschaftung nachhaltig keine Gewinne erzielen.

 

Normenkette

AO § 222 Abs. 1 Nr. 1; GDL § 12 Abs. 2; EStG § 4 Abs. 1, 13

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bezog als Beteiligter an einer X-Gesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb; daneben hatte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Diese Einkünfte sind dem Grunde und der Höhe nach unstreitig.

Außerdem hatte der Kläger für die Streitjahre Verluste aus Land- und Forstwirtschaft erklärt. Diese Verluste sind aufgrund einer am 1. Januar 1964 eingerichteten Buchführung ermittelt worden. (Vorher wurden sie durch Einnahmeüberschußrechnung ermittelt.) Sie stammen aus einem land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz, den der Kläger aufgrund einer Erbauseinandersetzung im Jahre 1950 in einer Größe von 14,22 ha erworben und den er bis zum Jahre 1965 auf 39 ha erweitert hat. Bis zum Jahre 1962 wurden die Grundstücke überwiegend forstwirtschaftlich genutzt. Im Jahre 1962 nahm der Kläger eine Pferdezucht auf. In den Wirtschaftsjahren 1963/64 und 1964/65 begann der Kläger bis zu 11,27 ha Fläche durch Ackerbau zu nutzen. Die dafür mit beachtlichem Kostenaufwand angeschafften Maschinen nutzte er jedoch nur kurze Zeit, da er die ackerwirtschaftliche Nutzung mit Ablauf des Wirtschaftsjahres 1966/67 wieder aufgab. Er wandelte die Ackerflächen in Wiesen und Weiden um. Im Jahre 1968 begann er eine Rinderhaltung. Die Grünflächen wurden für die Pferde und für die Rinderhaltung genutzt. Von 1962 bis 1969 erklärte der Kläger folgende Verluste aus Land- und Forstwirtschaft:

Kalenderjahr 1962 16 013 DM

Kalenderjahr 1963 37 505 DM

Kalenderjahr 1964

(1. Januar bis 30. Juni) 25 998 DM

Wirtschaftsjahr 1964/65 63 278 DM

Wirtschaftsjahr 1965/66 84 426 DM

Wirtschaftsjahr 1966/67 52 140 DM

Wirtschaftsjahr 1967/68 35 351 DM

Wirtschaftsjahr 1968/69 48 159 DM.

Auch für die weiteren Wirtschaftsjahre sind, abgesehen vom Wirtschaftsjahr 1975/76, nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt - FA -) ausschließlich Verluste erklärt worden. Das Wirtschaftsjahr 1975/76 habe nur deshalb mit einem Gewinn von 8 503 DM abgeschlossen, weil in ihm ein Veräußerungsgewinn für Anlageverkäufe von 24 448 DM enthalten sei. Nach Abzug dieses Veräußerungsgewinns verbleibe für das Wirtschaftsjahr 1975/76 ein Verlust von 15 945 DM.

Auf dem Grundbesitz befand sich ein 1937/38 errichtetes Jagdhaus. Dieses ließ der Kläger in den Jahren 1959 und 1960 erweitern und ausbauen. Es dient ihm von dieser Zeit an als Familienwohnsitz. Der eingezäunte Hofraum wurde auf etwa 5 ha erweitert. Darauf wurden ein Freischwimmbecken und ein Tennisplatz angelegt. 1963 wurde ein Wirtschaftsgebäude auf diesem Grundstück errichtet.

Das FA übernahm bei den endgültigen Steuerfestsetzungen für die Streitjahre die vom Kläger angegebenen Verluste aus Land- und Forstwirtschaft. Aufgrund einer im Jahre 1970 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Verluste aus der Landwirtschaft seien steuerlich unbeachtlich, da der Betrieb der Landwirtschaft als Liebhaberei anzusehen sei; er sei nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt und könne sowohl seiner Wesensart als auch seiner Bewirtschaftung nach auf Dauer gesehen nachhaltige Gewinne nicht abwerfen. Zu diesem Ergebnis sei er, der Prüfer, nach einer Besichtigung des Anwesens gekommen. Erst die Auswertung der Einzelfeststellungen durch Augenscheinseinnahme an Ort und Stelle habe den Schluß zugelassen, daß der Kläger sich in einer schön gelegenen Gegend einen Landsitz für Wohnzwecke und zur gesellschaftlichen Repräsentation geschaffen habe. Auf eine ertragbringende Bewirtschaftung der für die Landwirtschaft genutzten Flächen habe der Kläger verzichtet. Diese Grundstücke habe er zu Anlagezwecken angeschafft.

Das FA folgte den Feststellungen und der Würdigung des Betriebsprüfers und berichtigte die Steuerfestsetzungen der Streitjahre nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) mit der Maßgabe, daß die in Tz. 27 des Betriebsprüfungsberichts vom 16. August 1971 genannten Verluste aus Forstwirtschaft anzuerkennen seien, weil es für die steuerliche Anerkennung forstwirtschaftlicher Einkünfte genüge, daß derartige Flächen bewirtschaftet und abgeerntet würden. Der gegen die Berichtigungsveranlagung erhobene Einspruch des Klägers blieb erfolglos.

Mit der Klage wandte sich der Kläger in erster Linie gegen die Auffassung des FA, für die Veranlagungszeiträume 1965 bis 1968 lägen die Voraussetzungen einer Berichtigung gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO vor. Darüber hinaus machte er geltend, sein landwirtschaftlicher Betrieb sei keine Liebhaberei. Eine in der Folgezeit zwischen den Beteiligten erzielte Einigung wurde vom FA widerrufen. Es vertrat nunmehr die Auffassung, die Ergebnisse der Buchführung seien für die Besteuerung ohne Bedeutung. Der Kläger sei nicht buchführungspflichtig gewesen. Einen Antrag, die Ergebnisse der Buchführung der Besteuerung zugrunde zu legen, habe der Kläger nicht gestellt. Die Einkünfte aus der Landwirtschaft des Klägers seien deshalb nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft (VOL) oder dem Gesetz über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen (GDL) zu ermitteln. Dies führe für keines der Streitjahre zu Verlusten, da für die Streitjahre keine Schuldzinsen geleistet worden seien, die die als positive Einkünfte anzusetzenden Beträge übersteigen würden. Die Pferdezucht falle nicht in den landwirtschaftlichen Betrieb. Die sich daraus ergebenden Verluste seien als Verluste einer Liebhaberei steuerlich unbeachtlich. Die Verwendung bestimmter Flächen für die Pferdezucht stelle lediglich eine Nutzungsentnahme für den privaten Bereich dar.

Der Kläger räumte zwar ein, daß im Streitfall kein ausdrücklicher isolierter Antrag gestellt worden sei, die Ergebnisse der freiwilligen Buchführung der Besteuerung zugrunde zu legen. Das sei aber bei Abgabe der Steuererklärungen durch die Vorlage von Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen geschehen. Davon seien auch noch in der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 1978 die Beteiligten ausgegangen. Das FA könne ihm (dem Kläger) jedenfalls den fehlenden Antrag ohne Verstoß gegen Treu und Glauben nicht entgegenhalten.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt, weil für die angefochtenen Berichtigungsveranlagungen für die Jahre 1965 bis 1968 weder die Voraussetzungen des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO vorlägen noch andere steuerrechtliche Verfahrensvorschriften die Berichtigung der bestandskräftigen endgültigen Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre zuließen.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO sowie der §§ 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a. F. und 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Hilfsweise stützt das FA die Revision auf die Verletzung der §§ 76 und 119 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen, hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet.

1. Das FG ist zu dem vertretbaren Ergebnis gelangt, daß die Pferdezucht des Klägers und die übrige kleine Landwirtschaft eine nicht trennbare betriebliche Einheit darstellten, weil die Pferdezucht in die Landwirtschaft voll integriert gewesen sei, Wiesen und Weiden und auch die Betriebsanlagen beiden Betriebszweigen gedient hätten und auch das Personal unterschiedslos in beiden Zweigen eingesetzt worden sei. Was das FA in der Revision gegen diese Würdigung einwendet, beschränkt sich auf rechtliche Erwägungen, die die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht zu erschüttern vermögen. Die ohne von Amts wegen zu beachtende Mängel zustande gekommene Entscheidung des FG ist daher insoweit für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

Dagegen kann nach der Rechtsprechung nicht in Frage gestellt werden, daß die ca. 28 ha umfassende Forstwirtschaft des Klägers ein selbständiger Teilbetrieb innerhalb der Land- und Forstwirtschaft gewesen ist. Das wird auch von den Beteiligten nicht bestritten.

Auf der Grundlage dieser damit feststehenden Einteilung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Klägers ist die übrige Entscheidung des FG revisionsrechtlich zu prüfen.

2. Zunächst ist über die weitere Streitfrage zu entscheiden, ob der Gewinnermittlung des landwirtschaftlichen Betriebs - also einschließlich der Pferdezucht, aber ohne Forstwirtschaft - die aufgrund freiwilliger Buchführung erstellten Bilanzen des Klägers zugrunde zu legen sind, wovon das FA in den ursprünglichen Bescheiden und auch bei den Berichtigungsveranlagungen ausgegangen ist, oder ob die Gewinne ab dem Wirtschaftsjahr 1965/66 mangels eines Antrags nach § 12 Abs. 2 GDL nach dem GDL zu ermitteln sind. Im letzteren Falle wären zwar die ursprünglichen bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 1965 bis 1968 unrichtig; sie könnten aber nicht mehr berichtigt werden, da es sich insoweit nur um eine andere rechtliche Beurteilung handelt, die nicht zur Berichtigung bestandskräftiger Veranlagungen berechtigt. Damit wären aber sämtliche in Hinsicht auf den landwirtschaftlichen Betrieb geltend gemachten neuen Tatsachen bedeutungslos, da sie sich im Rahmen der GDL-Gewinnermittlung nicht auswirken. Verluste können im Rahmen der GDL-Gewinnermittlung nicht berücksichtigt werden. Die Revision wäre daher in diesem Falle unbegründet. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn neue Tatsachen i. S. des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO vorlägen, die nicht den landwirtschaftlichen Betrieb, sondern die Forstwirtschaft oder überhaupt andere Einkünfte beträfen (s. dazu die Ausführungen in Abschn. 4. b).

Da das FG rechtsirrtümlich zu dieser Frage nicht Stellung genommen hat und dem erkennenden Senat für die Entscheidung darüber die notwendigen Feststellungen fehlen, muß die Vorentscheidung schon aus diesem Grunde aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das FG zurückverwiesen werden. Abgesehen von der Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands der freiwilligen Buchführung nach § 12 Abs. 2 GDL wird das FG vor allem zu prüfen haben, ob das FA für den Fall, daß diese Voraussetzungen nicht vorliegen, entgegen seinen bisherigen Erklärungen, Veranlagungen und Feststellungen bei der Betriebsprüfung ohne Verstoß gegen Treu und Glauben erstmals im Oktober 1979 auf Veranlassung der Oberfinanzdirektion (OFD) die bis dahin nicht geäußerte Auffassung vertreten konnte, die Gewinnermittlung für die Jahre 1965 bis 1968 habe nach der VOL bzw. nach dem GDL zu erfolgen (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. September 1978 IV R 89/74, BFHE 126, 130, BStBl II 1979, 121, Abschn. II 3).

3. Für den Fall, daß der Gewinnermittlung des gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs die freiwillige Buchführung des Klägers zugrunde zu legen war, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob bei den angefochtenen Berichtigungsveranlagungen dem Grunde nach die Voraussetzungen des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt sind.

Berichtigungsveranlagungen bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO waren nur zulässig, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt wurden, die eine höhere Veranlagung rechtfertigten.

Das FA sah solche neuen Tatsachen in den tatsächlichen Feststellungen der Betriebsprüfung, wonach der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers in den Streitjahren alle Tatbestandsmerkmale der Liebhaberei aufwies, deren Verluste mit den positiven Einkünften des Klägers nicht ausgleichsfähig seien.

Auch das FG geht bei seiner Entscheidung von der Grundfrage der neuen Tatsachen aus. Es kommt aber ohne nähere Prüfung schon deshalb zur Verneinung solcher neuen Tatsachen, weil das FA - entgegen seiner ursprünglichen rechtlichen Beurteilung bei den Berichtigungsveranlagungen und in der Einspruchsentscheidung - im Klageverfahren mit Schriftsatz vom Oktober 1979 den auf Ackerbau und Viehzucht eingerichteten landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers nicht mehr als Liebhaberei, sondern für eine steuerlich relevante Landwirtschaft angesehen hat, deren Gewinne es allerdings - jetzt auf Veranlassung der OFD - nach der VOL bzw. dem GDL, also ohne die erklärten Verluste, ermitteln wollte und nur die Pferdezucht als Liebhaberei behandelt hat. Abgesehen von der isolierten Behandlung der Pferdezucht schloß sich das FG der geänderten Auffassung des FA an. Zur Begründung der Richtigkeit dieser Auffassung genügte dem FG a) der Hinweis, der Kläger habe den 1963 begonnenen Ackerbau mit Ablauf des Wirtschaftsjahres 1966/67 wegen dauernder Ertragslosigkeit nach dreijähriger Dauer wieder aufgegeben, um auf die kostengünstigere Viehwirtschaft umzustellen, und b) die Feststellung, die verlustbringende, seit 1962 vorhandene Pferdezucht könne mangels Teilbetriebseigenschaft nicht neben der steuerlich anzuerkennenden Landwirtschaft gesondert als Liebhaberei behandelt werden (s. dazu Abschn. 1 der Entscheidungsgründe); deshalb mußten sämtliche Verluste aus Landwirtschaft einschließlich Pferdezucht steuerlich anerkannt werden.

Diese Begründung des FG ist nicht frei von Rechtsirrtum. Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung sind die angefochtenen Berichtigungsveranlagungen, an denen das FA bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung unverändert - wenn auch mit anderer Begründung - festgehalten hat. Diese Prüfung, für die der Amtsermittlungsgrundsatz (Offizialmaxime) gilt (§ 76 Abs. 1 FGO), der dem Gericht die Herrschaft über den Prozeßgegenstand gibt, unterliegt nur noch insoweit einer gewissen Disposition des Klägers und des beklagten FA, als diese durch ihre Anträge den Umfang des Streitgegenstandes bestimmen bzw. begrenzen können oder durch Anerkennung des Anspruchs der Gegenseite, durch Rücknahme der Klage oder durch gemeinsame Erklärungen der Erledigung der Hauptsache das Verfahren beenden können.

Im Streitfall hat aber das FA seinen Antrag auf Klageabweisung nicht geändert, weil es nach wie vor der Auffassung ist, daß die Berichtigungsveranlagungen in vollem Umfang zu Recht ergangen sind.

Damit ist die Frage der neuen Tatsachen nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO Prozeßgegenstand geblieben.

Das FG ist seiner dargelegten Prüfungspflicht nicht nachgekommen.

Die Vorentscheidung muß auch aus diesem Grunde aufgehoben werden. Da das Revisionsgericht die dargelegte Prüfung nicht anstelle der Tatsacheninstanz vornehmen kann, muß auch aus diesem Grunde die Streitsache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen werden.

4. Bei der erneuten Prüfung und Entscheidung im Falle 3 wird das FG folgende rechtliche Gesichtspunkte zu beachten haben:

a) Im Hinblick auf die Frage der Liebhaberei sind neue Tatsachen i. S. des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO, die zum Nichtansatz der Verluste aus Landwirtschaft und damit zu höheren Steuerfestsetzungen berechtigen, unter Ausschluß der dem FA bereits bekannt gewesenen bisherigen Verluste der Landwirtschaft alle näheren Umstände, Vorgänge und Besonderheiten der Betriebsführung, die im Zusammenhang mit den ununterbrochen erzielten Verlusten nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zu dem Schluß berechtigen, der Betrieb werde nicht ernstlich mit Gewinnerzielungsabsicht geführt und könne bei der Art der Bewirtschaftung nachhaltig keine Gewinne erzielen; er sei deshalb der Liebhaberei zuzuordnen (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 1982 IV R 74/79, BFHE 136, 459, BStBl II 1983, 2, und die dort unter Abschn. 1 angeführte Rechtsprechung des erkennenden Senats).

b) Sind solche speziellen neuen Tatsachen im Hinblick auf die Annahme der Liebhaberei, die dem FA als Grundlage für die Berichtigungsveranlagung gedient haben, nicht feststellbar, wird das FG zu prüfen haben, ob - z. B. beim Forstbetrieb - andere neue Tatsachen von einigem Gewicht vorlagen und vom Betriebsprüfer festgestellt wurden, die höhere Veranlagungen rechtfertigten und darüber hinaus eine Gesamtaufrollung der Veranlagungen einschließlich des nachträglichen Aufgreifens der Frage der Liebhaberei ermöglichten.

Das FA hat in der Revision auf solche neuen Tatsachen hingewiesen.

Soweit derartige neue Tatsachen von einigem Gewicht vorliegen sollten, die zu einer Gesamtaufrollung der Veranlagungen der Streitjahre berechtigen, ist die nach den anhaltenden Verlusten der Landwirtschaft nach der Rechtsprechung gegebene Vermutung der Liebhaberei vom FG von Amts wegen - unter Umständen unter Zuziehung eines Sachverständigen - neu zu prüfen und zu entscheiden, ob sie als widerlegt angesehen werden kann. Dabei ist folgendes zu beachten: Wenn beide Betriebszweige der Landwirtschaft, Pferdezucht und Ackerbau bzw. Viehhaltung, nach den Feststellungen des FG eine Einheit darstellen und die Pferdezucht höhere Verluste erbracht hat als die übrige Landwirtschaft, so ist es nicht verständlich, warum das FG allein anhand der Verhältnisse der kleinen Landwirtschaft (zuerst Ackerbau, dann Viehzucht) die Frage entschieden hat, ob der landwirtschaftliche Betrieb eine Liebhaberei darstellt oder eine steuerlich relevante Betätigung, und warum es gemeint hat, seine Entscheidung, die übrige kleine Landwirtschaft sei eine steuerlich relevante Betätigung, habe zur Folge, daß die Pferdezucht mit ihren hohen Verlusten sozusagen als Anhängsel die steuerliche Beurteilung der übrigen Landwirtschaft einfach teilen müsse. Das FG ist insoweit offenbar einem Denkfehler unterlegen.

Für den Fall 3 kann danach das FG zur vollen Stattgabe der Klage nur gelangen, wenn es zu dem Ergebnis gelangt, für die streitigen Berichtigungsveranlagungen haben weder neue Tatsachen im Sinne der Ausführungen zu 4. a) noch neue Tatsachen im Sinne der Ausführungen zu 4. b) vorgelegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413713

BFH/NV 1986, 213

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