Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragungsgewinn einer umgewandelten GmbH aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft - kein Gewerbeertrag der GmbH

 

Leitsatz (amtlich)

Wird eine Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft als Alleingesellschafterin umgewandelt, so ist der Übertragungsgewinn aus der Aufdeckung stiller Reserven in einer Beteiligung der umgewandelten Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft nicht Bestandteil des Gewerbeertrags der umgewandelten Kapitalgesellschaft.

 

Orientierungssatz

1. Gewinne aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft gehören nicht zum Gewerbeertrag des veräußernden Gesellschafters. Das gilt auch, wenn derartige Gewinne bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der Personengesellschaft erfaßt werden. Die einheitliche Gewinnfeststellung ist für die Gewerbesteuer nicht bindend. Gegenstand der Besteuerung nach dem GewStG ist nur der "laufende" Gewinn (vgl. BFH-Rechtsprechung und RFH-Rechtsprechung).

2. Die Verweisung des § 18 Abs. 1 UmwStG 1977 auf § 3 UmwStG 1977 bedeutet nicht, daß Gewinne zum Gewerbeertrag zu rechnen sind, die nach den allgemeinen Grundsätzen des Gewerbesteuerrechts aus dem Gewerbeertrag auszunehmen wären (Literatur).

 

Normenkette

UmwStG 1977 §§ 3, 18 Abs. 1; GewStG § 7; AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2a

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 28.04.1986; Aktenzeichen X K 178/83)

 

Tatbestand

I. Streitig ist die Gewerbesteuerpflicht eines Übertragungsgewinns, der anläßlich der Umwandlung einer GmbH auf ihren Alleingesellschafter entstanden ist.

Die P-GmbH (GmbH) wurde durch Beschluß vom 20.Juni 1981 auf ihre Hauptgesellschafterin, die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) umgewandelt.

Die umgewandelte GmbH war bis zum Umwandlungsbeschluß mit 99 v.H. an der W-KG (KG) beteiligt. Die stillen Reserven in der Beteiligung der GmbH an der KG wurden anläßlich der Umwandlung gemäß § 3 des Umwandlungs-Steuergesetzes vom 6.September 1976 --UmwStG 1977-- (BGBl I 1976, 2461) aufgedeckt.

In der Gewerbesteuererklärung 1980 erhöhte die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der GmbH den laufenden Gewinn um den Übertragungsgewinn, nahm jedoch gleichzeitig eine Kürzung gemäß § 9 Nr.2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in gleicher Höhe vor. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte die Kürzung im angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheid 1980 vom 14.April 1983 nicht an.

Auf die Sprungklage der Klägerin entschied das Finanzgericht (FG) mit dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1986, 466 veröffentlichten Urteil, daß der aus der KG-Beteiligung herrührende Übertragungsgewinn der GmbH gewerbesteuerlich außer Ansatz bleibe. Das FG änderte den Gewerbesteuermeßbescheid 1980 auf der Grundlage eines Gewerbeertrags von 0 DM. Es ließ die Revision zu.

Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung der §§ 18 Abs.1, 3 UmwStG 1977.

Während des Revisionsverfahrens änderte das FA den angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheid 1980 durch Bescheid vom 14.Juli 1987. Die Klägerin beantragte, den geänderten Bescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Wird im geänderten Gewerbesteuermeßbescheid der Übertragungsgewinn nicht berücksichtigt, ergibt sich wiederum ein Meßbetrag nach dem Gewerbeertrag von 0 DM.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag auf 200 551 DM festzusetzen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des beklagten FA wird als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs.2 FGO).

1. Der aus der Auflösung stiller Reserven in der Beteiligung der umgewandelten GmbH an der KG entstandene Übertragungsgewinn ist nicht Bestandteil des Gewerbeertrags der GmbH.

2. Die umgewandelte GmbH hat in ihrer steuerlichen Schlußbilanz die Beteiligung an der KG mit dem anteiligen Teilwert des Vermögens der KG angesetzt. Dieser Ansatz entsprach § 3 UmwStG, wonach in der Bilanz für das letzte Wirtschaftsjahr der übertragenden Körperschaft die nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung auszuweisenden Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen sind. Gemäß § 18 Abs.1 UmwStG 1977 gilt § 3 UmwStG 1977 auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags. Aus diesem Wortlaut könnte geschlossen werden, daß der Buchgewinn, der sich aus dem Ansatz der auf die GmbH entfallenden anteiligen Vermögenswerte der KG mit dem Teilwert ergab, den Gewerbeertrag der GmbH im Umwandlungsjahr erhöhte.

3. Das FG ist jedoch im Ergebnis zutreffend von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen.

a) Gewinne aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft gehören nicht zum Gewerbeertrag des veräußernden Gesellschafters. Das gilt auch, wenn derartige Gewinne bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der Personengesellschaft erfaßt werden.

aa) Zwar ist gemäß § 7 GewStG Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Der Gewerbeertrag ist jedoch selbständig zu ermitteln. Die einheitliche Gewinnfeststellung gemäß § 180 Abs.1 Nr.2 Buchst.a der Abgabenordnung (AO 1977) ist für die Gewerbesteuer nicht bindend (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 10.Januar 1940 VI 704/39, RFHE 48, 95; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25.April 1985 IV R 83/83, BFHE 144, 25, BStBl II 1986, 350).

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des RFH und des BFH ist nur der "laufende" Gewinn Gegenstand der Besteuerung nach dem GewStG (RFH-Urteil vom 4.Dezember 1940 VI 355/40, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Mrozek-Kartei, Gewerbesteuergesetz 1936, § 7, Rechtsspruch 39, RStBl 1941, 291; BFH-Urteil vom 25.Mai 1962 I 78/61 S, BFHE 75, 467, BStBl III 1962, 438; Beschluß des Großen Senats des BFH vom 13.November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; BFH-Urteil vom 29.August 1984 I R 154/81, BFHE 142, 394, BStBl II 1985, 160). Veräußert ein Einzelunternehmer oder eine Personengesellschaft einen Betrieb oder Teilbetrieb, so ist der dabei erzielte Gewinn kein laufender Gewinn und gehört deshalb nicht zum Gewerbeertrag (BFH-Urteile vom 11.März 1982 IV R 25/79, BFHE 136, 204, BStBl II 1982, 707 m.w.N.; vom 23.November 1988 X R 1/86, BFHE 155, 521, 523, BStBl II 1989, 376). Das gilt auch für den Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft (BFH in BFHE 75, 467, BStBl III 1962, 438).

Zwar werden die von Kapitalgesellschaften aus der Veräußerung von Betrieben und Teilbetrieben erzielten Gewinne dem Gewerbeertrag zugerechnet (RFH-Urteil vom 13.Januar 1942 I 261/41, RStBl 1942, 274; BFH-Urteil vom 18.November 1970 I R 116/69, BFHE 101, 112, BStBl II 1971, 182). Das gilt jedoch nicht für den Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft. Bei der Veräußerung einer KG-Beteiligung werden die im Betrieb der Personengesellschaft ruhenden stillen Reserven realisiert. Quelle des Veräußerungsgewinns ist der Betrieb der Personengesellschaft. Deshalb könnte ein derartiger Veräußerungsgewinn allenfalls dem Gewerbeertrag der Personengesellschaft zugerechnet werden. Er ist jedoch auch nicht Bestandteil des Gewerbeertrags der Personengesellschaft, da es sich nicht um einen "laufenden" Gewinn handelt (vgl. BFH in BFHE 75, 467, BStBl III 1962, 438, 440).

4. Das gleiche gilt, soweit ein bei einer Umwandlung entstandener Übertragungsgewinn i.S. von § 3 UmwStG 1977 auf der Aufdeckung stiller Reserven in einer KG-Beteiligung beruht. Der bei einer Umwandlung gemäß § 3 UmwStG 1977 entstehende Übertragungsgewinn ist ein Veräußerungsgewinn im weiteren Sinn. Ebenso wie bei einem Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 EStG findet auch bei der Umwandlung ein Rechtsträgerwechsel statt. Die Beteiligung an der Personengesellschaft, die bisher der umgewandelten Kapitalgesellschaft gehörte, geht auf die übernehmende Personengesellschaft über. Auch die Höhe des Gewinns entspricht der bei einer Einzelrechtsnachfolge entstehenden Gewinnhöhe. Durch die anteilige Aufstockung der Buchwerte des KG-Vermögens auf die Teilwerte ergibt sich grundsätzlich der gleiche Gewinn wie bei einem Verkauf der Anteile an der Personengesellschaft. Der Erwerber derartiger Anteile bezahlt den bei Fortführung des Betriebs angemessenen Wert, d.h. den nach § 3 UmwStG 1977 anzusetzenden Teilwert (vgl. § 6 Abs.1 Nr.1 Satz 3 EStG).

5. § 18 UmwStG 1977 steht einer Gewerbesteuerfreiheit des auf der Aufdeckung stiller Reserven in einer KG-Beteiligung beruhenden Übertragungsgewinns nicht entgegen. Der Übertragungsgewinn ist insoweit nicht Teil des Gewerbeertrags der umgewandelten Kapitalgesellschaft. Die Verweisung des § 18 Abs.1 UmwStG 1977 auf § 3 UmwStG 1977 bedeutet nicht, daß Gewinne zum Gewerbeertrag zu rechnen sind, die nach den allgemeinen Grundsätzen des Gewerbesteuerrechts aus dem Gewerbeertrag auszunehmen wären (vgl. Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 7 Anm.135; Blümich/von Twickel, Gewerbesteuergesetz, § 7 Rdnr.105).

a) Durch § 3 UmwStG 1977 ergibt sich im allgemeinen eine Aufstockung der Buchwerte des Vermögens der umgewandelten Kapitalgesellschaft und damit ein "Übertragungsgewinn". Das UmwStG 1977 hat diesen Gewinn von der Körperschaftsteuer freigestellt (§ 4 UmwStG 1977). Die Freistellung war die mittelbare Folge der Beseitigung der Doppelbelastung durch das Körperschaftsteuerreformgesetz 1977. Würde nämlich der Übertragungsgewinn der Körperschaftsteuer unterworfen, so müßte die dabei entstehende Körperschaftsteuer gemäß § 12 UmwStG 1977 auf die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer der Übernehmer angerechnet werden. Aus Vereinfachungsgründen hat der Gesetzgeber auf die Erhebung einer kurzfristig wieder anrechenbaren Körperschaftsteuer aus dem Übertragungsgewinn verzichtet (vgl. Regierungsbegründung zum UmwStG 1977, BTDrucks 7/4803: zu § 4; vgl. auch Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, 2.Aufl., Tz.4885 zu § 4 UmwStG 1977).

b) Für die Gewerbesteuer galten diese Überlegungen nicht. Da für die Gewerbesteuer kein Anrechnungsverfahren gilt, bestand kein Anlaß zu einer Steuerbefreiung. Die grundsätzlich für den Übertragungsgewinn bestehende Gewerbesteuerpflicht mußte gesetzestechnisch durch eine besondere gewerbesteuerliche Norm begründet werden. Sonst wäre der Übertragungsgewinn wegen der gemäß § 7 GewStG bestehenden Bindung des Gewerbeertrags an den bei Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens zu berücksichtigenden Gewinn gewerbesteuerfrei gewesen (vgl. § 4 UmwStG 1977). Diese ergänzende gewerbesteuerliche Regelung hat der Gesetzgeber in § 18 Abs.1 UmwStG 1977 getroffen. Durch § 18 i.V.m. § 3 UmwStG 1977 sollte jedoch nur klargestellt werden, daß die generelle Befreiung des Übertragungsgewinns von der Körperschaftsteuer für die Gewerbesteuer nicht gilt (vgl. Begründung zum Entwurf eines UmwStG 1977, zu § 18, BTDrucks 7/4803). Die Vorschrift sollte nicht die Gewerbesteuerpflicht über die anläßlich einer Veräußerung ausgelösten gewerbesteuerlichen Folgen erweitern (vgl. Glanegger/Güroff, a.a.O., § 7 Anm.135; Blümich/von Twickel, a.a.O., § 7 Rdnr.105). Für eine solche Annahme fehlen Anhaltspunkte im Gesetz. Das Gesetz wollte Umwandlungen gegenüber einer Veräußerung nicht steuerlich erschweren, sondern erleichtern (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Bundestags zum Entwurf eines UmwStG 1977, BTDrucks 7/5502, Abschn.I Nr.2 a).

Im übrigen besteht kein Anlaß zur Annahme, daß die in § 18 Abs.1 UmwStG 1977 angeordnete Bindung an die besonderen Gewinnermittlungsvorschriften des § 3 UmwStG 1977 stärker ist als die allgemeine Bindung nach § 7 GewStG. Beide Vorschriften entsprechen sich in ihren wesentlichen Formulierungen. Gleichwohl ist der einkommensteuerlich oder körperschaftsteuerlich relevante Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht Bestandteil des Gewerbeertrags des Veräußernden. Der Gewinn ist für die Ermittlung des Gewerbeertrags um Ertragsanteile zu bereinigen, die mit der Ertragskraft des werbenden Unternehmens nichts zu tun haben (vgl. Glanegger/Güroff, a.a.O., § 7 Anm.1 b). Gleiches gilt bei Anwendung des § 18 UmwStG 1977.

6. Der vom FG festgestellte Sachverhalt gibt keinen Anlaß für die Annahme einer Umgehung des Steuergesetzes durch Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 AO 1977).

 

Fundstellen

Haufe-Index 63469

BFH/NV 1990, 52

BStBl II 1990, 699

BFHE 160, 262

BFHE 1991, 262

BB 1990, 1469

BB 1990, 1469-1470 (LT)

DB 1990, 1699-1700 (LT)

HFR 1990, 561 (LT)

StE 1990, 226 (K)

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