Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermögensübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen wiederkehrende Leistungen: Übertragung eines ertragslosen Grundstücks, Sonderausgabenabzug als Rente oder dauernde Last, Abänderbarkeit der wiederkehrenden Leistung, Existenzsichernde Wirtschaftseinheit, keine Verfassungswidrigkeit der Beschränkung der Abzugsfähigkeit auf ertragsbringende Wirtschaftseinheiten, Beschränkung der ertragsteuerlichen Auswirkung einer nicht privilegierten privaten Versorgungsrente auf Werbungskostenabzug oder Betriebsausgabenabzug

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein ertragloses Grundstück (mit aufstehendem Rohbau) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, sind im Zusammenhang hiermit vereinbarte Unterhaltszahlungen, die wiederkehrend auf die Lebenszeit des Übergebers zu leisten sind, nicht als Sonderausgaben (Rente oder dauernde Last) abziehbar.

 

Orientierungssatz

1. Werden lebenslänglich wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrente), sind diese mit ihrem vollen Betrag als dauernde Last abziehbar, wenn sie abänderbar sind. Die Bezugnahme auf § 323 ZPO in der Leistungsvereinbarung führt nicht ohne weiteres zur Annahme der Abänderbarkeit der vereinbarten wiederkehrenden Leistung, wenn die Vertragspartner die Höhe der Leistungen nach dem Inhalt der gesamten Vereinbarungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig machen, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen. Sind hingegen im Vertrag die Voraussetzungen einer Abänderbarkeit der Leistungen nicht ausdrücklich geregelt, kann sich diese auch aus der Rechtsnatur des Vertrages ergeben (vgl. BFH-Rechtsprechung).

2. Ob wiederkehrende Leistungen auf einer --durch die Abziehbarkeit der wiederkehrenden Bezüge als Sonderausgaben-- steuerrechtlich privilegierten Vermögensübergabe beruhen oder den kaufähnlichen und darlehensähnlichen Geschäften und deshalb als im Austausch mit einer Gegenleistung stehend zu beurteilen sind, bedarf eines wertenden Vergleichs am Modelltypus des Hofübergabevertrages und des Betriebsübergabevertrages, bei dem grundsätzlich auch Rechtskontinuität und die Einfachheit der Rechtsanwendung zu berücksichtigen sind. Charakteristisch für einen am zivilrechtlichen Typus der Hofübergabe und der Betriebsübergabe orientierten Vertrag ist, daß infolge der Übertragung von existenzsicherndem Vermögen zur Weiterführung durch die nachfolgende Generation die Lebensverhältnisse von Übergeber und Übernehmer in besonderer Weise miteinander verknüpft sind und sich die Gegenleistung nicht am Wert des übergebenen Vermögens bemißt (vgl. BFH-Rechtsprechung).

3. Die steuerrechtliche Sonderstellung der Übergabe eines ertragsbringenden Grundstücks, das dem Übergeber schon bisher ganz oder teilweise als Existenzgrundlage gedient hat und dem Übernehmer zur Weiterführung gegen Versorgungsleistungen überlassen wird, ist verfassungsrechtlich unbedenklich, jedoch gegenständlich auf Vermögensübergaben im Kernbereich der Hofübergabe und der Betriebsübergabe beschränkt. Soweit bisher auch Mietwohngrundstücke, Zweifamilienhäuser und Einfamilienhäuser einbezogen worden sind, sprachen hierfür Gründe der Rechtstradition und des Vertrauensschutzes. Das Vorliegen einer steuerrechtlich privilegierten privaten Versorgungsrente setzt voraus, daß das übergebende Grundstück nicht erst durch Aufwendungen des Erwerbers in einen Zustand versetzt werden muß, damit es überhaupt zur Erzielung von Erträgen eingesetzt werden kann (vgl. Rechtsprechung des BVerfG und des BFH).

4. Liegen bei einer Vermögensübertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge die Voraussetzungen für die Zuordnung zum Sonderrecht der Vermögensübergabe nicht vor, gelten § 12 EStG und die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechts uneingeschränkt. Zu diesen gehört insbesondere der Grundsatz, daß Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abziehbar sind (Grundsatz der Wertverrechnung). Außerhalb des Sonderrechts der Vermögensübergabe führt eine Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen grundsätzlich --ungeachtet dessen, ob diese als gleichbleibend oder als abänderbar vereinbart sind-- mit ihrem Barwert zu Anschaffungskosten i.S. von § 7 EStG; der in den einzelnen Zahlungen enthaltene Zinsanteil ist --ebenso wie die Anschaffungskosten-- nur zu berücksichtigen, wenn er entweder als Werbungskosten oder Betriebsausgaben oder sonst ausdrücklich gesetzlich zum Abzug zugelassen ist (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 1, § 12 Nr. 2, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1, 7; GG Art. 3 Abs. 1; ZPO § 323

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt durch notariellen "Überlassungs-"Vertrag vom 8. Oktober 1986 das Eigentum an einem Grundstück, auf dem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein "Rohbau" errichtet war. Als "Gegenleistung" verpflichtete sich der Kläger, an die Mutter vom 1. Dezember 1986 bis zum 31. Dezember 1989 monatlich ein "Taschengeld" von 250 DM und vom 1. Januar 1990 bis zu deren Lebensende einen monatlichen Betrag von insgesamt 400 DM zu bezahlen. Für die "Verpflichtung zur Zahlung des Taschengeldes" vereinbarten die Beteiligten folgende "Wertsicherungsklausel": Bei einer Änderung der Höhe des Lebensbedarfes infolge der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse sollten die genannten Beträge nach näherer Maßgabe unter Berücksichtigung des vom statistischen Bundesamt festgestellten Lebenshaltungskostenindexes entsprechend erhöht oder vermindert werden. Weiter heißt es: "Die vorstehenden Leistungen zugunsten des Veräußerers werden über die vorstehende Wertsicherungsvereinbarung hinaus ausdrücklich als dauernde Last geschuldet. Die Abänderungsbefugnis entsprechend § 323 ZPO behalten sich die Vertragsteile vor; vom Veräußerer etwa zu tragende Kosten für eine Heimunterbringung oder eine Pflegeperson berechtigen jedoch nicht zu einer Abänderung. ... Die Abänderungsbefugnis ist nicht Inhalt der nachstehend für den Veräußerer bestellten Reallast." Zusätzlich verpflichtete sich der Kläger zur befreienden Übernahme der im Übergabezeitpunkt bestehenden Darlehensverbindlichkeiten von ca. 60 000 DM, die der eingetragenen und bestehenbleibenden Grundschuld zugrunde liegen. Darüber hinaus verzichtete der Kläger auf seine gesetzlichen Pflichtteils- und möglichen Pflichtteilsergänzungsansprüche am künftigen Nachlaß der Veräußerin; der Verzicht erstreckte sich auch auf den Nachlaß des verstorbenen Vaters des Erwerbers.

In seiner Einkommensteuererklärung für 1987 machte der Kläger die Zahlungen an die Mutter in Höhe von 3 000 DM als dauernde Last bei den Sonderausgaben geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Zahlungen nur mit dem Ertragsanteil (25 v.H. = 750 DM) als Leibrente.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging mit den Beteiligten davon aus, daß die wiederkehrenden Leistungen --"die schon rein überschlägig weit hinter dem Wert des Grundstücks zurückbleiben"-- nicht als Gegenleistung, sondern in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart und deshalb den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes - -EStG--) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zuzuordnen seien. Sie dürften jedoch nicht mit ihrem vollen Wert (dauernde Last), sondern nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden, weil nach dem Gesamtinhalt des Vertrages dieser nicht dem zivilrechtlichen Typus des Altenteilsvertrages entspreche, da der typische Fall einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse des Übergebers, der Fall der alters- und krankheitsbedingten Bedürftigkeit, gerade ausdrücklich ausgeschlossen sei. Daß die Beteiligten im Streitfall ungeachtet der Bezugnahme auf § 323 der Zivilprozeßordnung (ZPO) nicht ernsthaft die Abänderbarkeit der Leistungen hätten vereinbaren wollen, zeige nicht nur die Einschränkung, wonach Kosten für eine Heimunterbringung oder eine Pflegeperson zu keiner Abänderung berechtigen sollten, sondern auch, daß die Abänderungsbefugnis nicht Inhalt der für die Veräußerung bestellten Reallast sein sollte. Beides spreche dafür, daß nicht die Versorgung der Übergeberin im Vordergrund gestanden habe, sondern daß es sich "im Grunde um ein Veräußerungsgeschäft" handele, "in dem jedenfalls subjektiv nach Meinung der Parteien in etwa Leistung und Gegenleistung ausgewogen" seien.

Mit der Revision rügt der Kläger Abweichung von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. März 1992 X R 141/88 (BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499).

Nach dieser Entscheidung seien abänderbare Leistungen grundsätzlich anzunehmen, wenn wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vom Übernehmer als Versorgungsleistungen zugesagt würden, es sei denn, die Abänderbarkeit sei ausdrücklich ausgeschlossen worden, oder wenn die Leistungen nicht aus den Erträgen des Vermögens erbracht werden könnten und deshalb kein typischer Versorgungsvertrag vorliege. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall nicht vor; es sei nur ein besonderer Fall der Abänderbarkeit ausgeschlossen worden; es verblieben deshalb noch eine Vielzahl anderer Fälle, bei denen die Abänderung erforderlich und rechtlich möglich sei, wie z.B. Krankheitskosten, die eine Versicherung oder Krankenkasse nicht übernehme.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den angefochtenen Steuerbescheid sowie die Einspruchsentscheidung dahingehend abzuändern, daß bei der Steuerfestsetzung die Aufwendungen für die vereinbarten Gegenleistungen aus dem Überlassungsvertrag als dauernde Last abgezogen werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision hat aus anderen als den geltend gemachten Gründen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Zu Unrecht hat das FG auf die Übertragung des mit dem Rohbau bebauten Grundstücks gegen lebenslänglich wiederkehrende Leistungen die Grundsätze über die private Versorgungsrente angewandt.

a) Handelt es sich bei der Übertragung des Grundstücks um ein Veräußerungsgeschäft oder zumindest einen "veräußerungsähnlichen Vorgang", sind die Aufwendungen grundsätzlich Anschaffungskosten, die, sofern ein sachlicher Zusammenhang mit einer Einkunftsart besteht, über die Absetzung für Abnutzung (AfA) sowie mit dem in den laufenden Zahlungen enthaltenen Zinsanteil (ausführlich hierzu BFH-Urteile vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47; vom 14. Dezember 1994 X R 1-2/90, BFHE 177, 36, BStBl II 1996, 680) als Werbungskosten berücksichtigt werden können.

b) Die wiederkehrenden Leistungen können aber auch als Sonderausgaben --Leibrente oder dauernde Last-- abziehbar sein (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG). Werden wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrente), stellen diese weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet (grundlegend Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847; vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78; zusammenfassend BFH-Urteile in BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499; vom 27. Februar 1992 X R 136/88, BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609; vom 16. Dezember 1993 X R 67/92, BFHE 173, 152, BStBl II 1996, 669; vom 27. November 1996 X R 85/94, BFHE 182, 110, BStBl II 1997, 284). Sie sind mit ihrem vollen Betrag als dauernde Last abziehbar, wenn sie abänderbar sind.

aa) Für die Entscheidung, ob abänderbare oder nicht abänderbare Leistungen vereinbart sind, kommt es vorrangig auf den Inhalt der Vereinbarungen an. Insoweit ist der Erwägung des FG zuzustimmen, daß für die Annahme einer Abänderbarkeit eine Bezugnahme auf § 323 ZPO nicht ausreicht, wenn die Vertragspartner die Höhe der Leistungen nach dem Inhalt der gesamten Vereinbarungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig gemacht haben, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen (BFH-Urteile vom 15. März 1994 X R 93/90, BFH/NV 1994, 848; vgl. auch BFH in BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47).

bb) Haben die Vertragsbeteiligten --anders als im Streitfall-- im Vertrag die Voraussetzungen einer Abänderung nicht ausdrücklich geregelt, kann sich die Abänderbarkeit aus der Rechtsnatur des Vertrages ergeben. Dies setzt allerdings voraus, daß es sich um eine dem zivilrechtlichen Typus des "Versorgungsvertrages"/"Altenteilsvertrages" vergleichbare Vereinbarung handelt (z.B. Senatsurteile in BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499; BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609; BFH/NV 1994, 848; vom 14. Februar 1996 X R 106/91, BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687; vom 24. Juli 1996 X R 167/95, BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315).

c) Ob eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen oder ein entgeltlicher Vorgang vorliegt, ist nach dem Senatsurteil vom 29. Januar 1992 X R 193/87 (BFHE 167, 95, BStBl II 1992, 465) auch für die Abgrenzung der privaten Versorgungsrente gegenüber der im Streitfall in Betracht zu ziehenden privaten Veräußerungsrente zu beurteilen. Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob die Würdigung des FG zutrifft, bei der Vereinbarung vom 8. Oktober 1986 handele es sich um ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft.

2. Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente ist, daß eine ertragbringende Wirtschaftseinheit, die schon bisher vom Übergeber bewirtschaftet war und durch ihre Erträge ganz oder jedenfalls teilweise dessen Existenz sicherte, zur Weiterführung durch den Übernehmer überlassen wird (ausführlich BFH-Urteile in BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687, und in BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315).

a) Die steuerrechtliche Sonderstellung des "Vermögensübergabevertrages" besteht darin, daß --obwohl die im Zusammenhang mit der Übertragung versprochenen wiederkehrenden Leistungen dem steuerrechtlichen Begriff der Anschaffungskosten unterfallen (vgl. BFH-Beschluß vom 7. März 1989 IX R 308/87, BFHE 157, 345, BStBl II 1989, 772)-- nicht die steuerrechtlichen Grundsätze über entgeltliche Geschäfte anzuwenden, sondern die wiederkehrenden Leistungen spezialgesetzlich den Sonderausgaben und den wiederkehrenden Bezügen zugeordnet sind. Diese steuerrechtliche Zuordnung von Versorgungsleistungen aufgrund eines "Vermögensübergabevertrages" (private Versorgungsrente) zu den wiederkehrenden Bezügen und den Sonderausgaben beruht darauf, daß sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge vorbehält, die nunmehr allerdings vom Übernehmer erwirtschaftet werden müssen (grundlegend Beschlüsse des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, und in BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 17. Dezember 1992 1 BvR 4/87, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1993, 264, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1993, 315; zuletzt BFH-Urteil vom 23. Januar 1997 IV R 45/96, BFHE 182, 539, BStBl II 1997, 458).

b) Mit dem den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abgrenzenden steuerrechtlichen Tatbestandsmerkmal der "Vermögensübergabe" ist ein Vertragstypus umschrieben, der sich grundsätzlich an dem zivilrechtlichen Typus der Hof- und Betriebsübergabe orientiert. Für diesen ist charakteristisch, daß infolge der Übertragung von existenzsicherndem Vermögen zur Weiterführung durch die nachfolgende Generation die Lebensverhältnisse von Übergeber und Übernehmer in besonderer Weise miteinander verknüpft sind (vgl. BFH-Urteile in BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499; vom 13. Oktober 1993 X R 86/89, BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451). Die Vereinbarung bezweckt die Vorwegnahme der künftigen Erbregelung mit wirtschaftlicher Sicherung der übergebenden Generation. Die Gegenleistung wird nicht nach dem Wert des übergebenen Vermögens, sondern nach dem Versorgungsbedürfnis des Übergebers einerseits und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Übernehmers andererseits bemessen. Die Beteiligten lassen sich von dem Gedanken leiten, daß die übertragene existenzsichernde Wirtschaftseinheit der Familie erhalten bleibt (Beschluß des Großen Senats in BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78; BFH-Urteile vom 31. August 1994 X R 44/93, BFHE 176, 19, BStBl II 1996, 676, und in BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687, m.w.N.). Ob wiederkehrende Leistungen auf einer steuerrechtlich privilegierten Vermögensübergabe beruhen oder den kauf- und darlehensähnlichen Geschäften und deshalb als im Austausch mit einer Gegenleistung stehend zu beurteilen sind, bedarf eines wertenden Vergleichs am Modelltypus des Hof- und Betriebsübergabevertrages, bei dem grundsätzlich auch Rechtskontinuität und die Einfachheit der Rechtsanwendung zu berücksichtigen sind (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609, und in BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451, m.w.N.).

3. Das bei Hof- und Betriebsübergaben als idealtypischen Fällen der Vermögensübergabe übertragene Vermögen ist eine Wirtschaftseinheit, welche als generationsübergreifende Anlage geeignet und bestimmt ist und vor der Übertragung durch ihre Erträge die Existenz der weichenden Generation ganz oder wenigstens teilweise gesichert hat. Charakteristisch ist für die Hof- und Betriebsübergabe ferner, daß das "Bewirtschaften" von Hof und Betrieb einen Aufwand an Zeit und persönlicher Arbeitsleistung erfordert, der nur bis zum Erreichen einer selbstgewählten Altersgrenze erbracht werden soll (BFH-Urteil in BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609 unter 4. b) und nunmehr zum Zweck des weiteren Bewirtschaftens übergeben wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687, m.w.N.).

Das BVerfG hat im Beschluß in DStR 1993, 315, HFR 1993, 264 hervorgehoben, verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei die Sonderstellung der "Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen" --d.h. der Ausschluß der ansonsten gebotenen Wertverrechnung mit einer Gegenleistung-- allein durch den Gesichtspunkt, daß es den Beteiligten typischerweise darauf ankomme, daß die Kinder nur aus dem Ertrag, den die übergebene Ertragsgrundlage abwerfe, die Versorgungsleistungen erbringen sollten; auch die Besteuerung beim Bezieher als wiederkehrende Bezüge sei allein deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich, weil sich der Sache nach die Eltern einen bestimmten Ertrag des bereits übergebenen Vermögens vorbehalten. Im Beschluß vom 22. Juni 1995 2 BvR 552/91 (BStBl II 1995, 671 unter C.I.2.b bb) hat das BVerfG darauf hingewiesen, der Übergang bestimmter Betriebe, die "durch ihre Widmung für einen konkreten Zweck verselbständigt und als wirtschaftlich zusammengehörige Funktionseinheiten organisiert sind", müsse (erbschaft-)steuerlich privilegiert sein. Beides bestätigt die Auffassung des erkennenden Senats, daß einerseits die steuerrechtliche Sonderstellung der Vermögensübergabe im Kernbereich der Hof- und Betriebsübergabe verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, sie andererseits aber auch gegenständlich auf solche Sachverhalte zu beschränken ist. Soweit bisher auch Mietwohngrundstücke, Zwei- und Einfamilienhäuser (vgl. BFH-Urteile vom 18. Dezember 1991 XI R 2/88, BFH/NV 1992, 382; vom 29. April 1992 XI R 7/85, BFH/NV 1992, 734) einbezogen worden sind, sprachen hierfür Gründe der Rechtstradition und des Vertrauensschutzes (vgl. BFH-Urteil in BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687, unter 3. f, m.w.N.). Die Übergabe eines Grundstücks, das nicht schon vom Übergeber selbst bewirtschaftet worden ist, also diesem vor der Übergabe ganz oder teilweise --durch dessen Erträge-- als Existenzgrundlage gedient hat und dem Übernehmer lediglich zur Weiterführung überlassen wird, unterscheidet sich so wesentlich von dem Typus der Hof- und Betriebsübergabe, daß bei verfassungskonformer Auslegung eine Zuordnung zum Sonderrecht der "Vermögensübergabe" nicht in Betracht kommt. Die Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente scheidet deshalb aus, wenn --wie im Streitfall-- das übergebene Vermögen erst durch Aufwendungen des Erwerbers in einen Zustand versetzt werden muß, damit es überhaupt zur Erzielung von Erträgen eingesetzt werden kann (zur Übertragung ertraglosen Vermögens wie hier z.B. Stephan in Littmann/Bitz/ Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 10 EStG Rz. 42 c; Heinicke in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl., § 22 Rz. 79; Woerner, Betriebs-Berater 1992, 1121; FG Brandenburg, Urteil vom 16. April 1997 2 K 616/96 E, Entscheidungen der Finanzgerichte - -EFG-- 1997, 956; Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 23. Dezember 1996 IV B 3 -S 2257- 54/96, BStBl I 1996, 1508, Tz. 10; a.A. vgl. z.B. Strahl, Die Steuerberatung 1996, 263 ff.; Drenseck, Steuerberater-Jahrbuch 1993/1994, 187; Biergans/Koller, DStR 1993, 741, 748; Weber-Grellet, DStR 1993, Beihefter zu Heft 31, 4 ff.).

4. Liegen die Voraussetzungen für die Zuordnung zum Sonderrecht der Vermögensübergabe nicht vor, gelten § 12 EStG und die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechts uneingeschränkt; zu diesen gehört insbesondere der Grundsatz, daß Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abziehbar sind (Grundsatz der Wertverrechnung). Außerhalb des Sonderrechts der Vermögensübergabe führt eine Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen grundsätzlich --ungeachtet dessen, ob diese als gleichbleibend oder als abänderbar vereinbart sind-- mit ihrem Barwert zu Anschaffungskosten i.S. von § 7 EStG; der in den einzelnen Zahlungen enthaltene Zinsanteil ist --ebenso wie die Anschaffungskosten-- nur zu berücksichtigen, wenn er entweder als Werbungskosten oder Betriebsausgaben oder sonst ausdrücklich gesetzlich (z.B. § 10e Abs. 1 bzw. 6 a EStG) zum Abzug zugelassen ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 177, 36, BStBl II 1996, 680; in BFHE 176, 19, BStBl II 1996, 676; vom 25. November 1992 X R 91/89, BFHE 170, 82, BStBl II 1996, 666; vom 25. November 1992 X R 34/89, BFHE 170, 76, BStBl II 1996, 663, und vom 26. November 1992 X R 187/87, BFHE 170, 98, BStBl II 1993, 298).

5. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen; das Urteil war danach aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.

a) Auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen läßt sich nicht beurteilen, ob die Beteiligten nicht schon selbst von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgegangen sind. Das FG erwähnt einerseits, die "Versorgungsleistungen blieben rein überschlägig weit hinter dem Wert des Grundstücks zurück", führt jedoch an anderer Stelle aus, schon angesichts der geringen Höhe des "Taschengelds", des Ausschlusses der wesentlichen Fälle einer Bedarfsänderung stehe nicht die Versorgung der Übergeberin im Vordergrund, sondern handele es sich "im Grunde um ein Veräußerungsgeschäft, in dem jedenfalls subjektiv die Beteiligten Leistung und Gegenleistung für ausgewogen hielten". Ob und inwieweit das FG hierbei bereits berücksichtigt hat, daß sich der Kläger nicht nur zur Zahlung wiederkehrender Leistungen, sondern zusätzlich auch zur Übernahme von Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 60 000 DM verpflichtet hat, ist nicht erkennbar. Sind die beiderseitigen Leistungen gleichwertig, kommt schon deshalb eine Zuordnung zum Rechtsinstitut der Vermögensübergabe nicht in Betracht.

Bei einer entgeltlichen Vermögensübertragung führt die Bezugnahme auf § 323 ZPO nicht ohne weiteres dazu, daß als Entgelt vereinbarte wiederkehrende Leistungen als abänderbar zu beurteilen wären (vgl. BFH-Urteil vom 17. Dezember 1991 VIII R 80/87, BFHE 167, 344, BStBl II 1993, 15, m.w.N.). Ob gleichbleibende oder abänderbare wiederkehrende Leistungen vereinbart sind, kann nur die Berücksichtigung aller Umstände bei der Auslegung der Vereinbarung ergeben (zur Behandlung wiederkehrender Leistungen beim Erwerb eines vermieteten Grundstücks grundlegend BFH-Urteil vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47). Die Vertragsauslegung des FG, daß im Streitfall angesichts

- der geringfügigen Höhe der --überdies ausdrücklich als "Taschengeld" bezeichneten-- Leistungen,

- der Erhöhung dieser Leistungen um einen ebenfalls geringfügigen festen Betrag nach Ablauf eines festbestimmten Zeitraumes von fünf Jahren,

- der Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel "für die Verpflichtung zur Zahlung des Taschengeldes insgesamt" sowie

- vor allem des Ausschlusses der Abänderbarkeit bei den wesentlichen Fällen einer Veränderung der Lebensbedürfnisse

die Beteiligten nicht abänderbare Leistungen vereinbart haben, und der Bezugnahme auf § 323 ZPO deshalb ebenso wie der unbeachtlichen Qualifizierung der Leistungen als "dauernde Last" durch die Beteiligten selbst keine materiell-rechtliche Bedeutung zukommt, verstößt weder gegen die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches) noch gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze.

b) Auch wenn die im Vertrag vereinbarten Leistungen nicht gleichwertig sein sollten, kommt ein Abzug der wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben (Leibrente oder dauernde Last) nicht in Betracht, weil --wie vorstehend unter 3. ausgeführt-- eine Zuordnung zum Sonderrecht der Vermögensübergabe nicht zulässig ist.

c) Das FG wird im zweiten Rechtsgang prüfen, ob und in welchem Umfang der Kläger im Streitjahr Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung des Grundstücks erzielt hat. Der --ggf. anteilige-- Barwert der wiederkehrenden Leistungen kann zusätzlich zu den vom Kläger übernommenen Verbindlichkeiten und den von ihm aufgewandten Herstellungskosten für die Fertigstellung des Gebäudes Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG) oder einen Abzugsbetrag (§ 10e EStG) sein. Der in den einzelnen Leistungen enthaltene Zinsanteil kann als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG) oder ggf. als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG abziehbar sein. Den Zinsanteil hat das FA im angefochtenen Bescheid --wenn auch zu Unrecht als Sonderausgaben (Leibrente)-- berücksichtigt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66466

BFH/NV 1998, 265

BFH/NV 1998, 265-267 (Leitsatz und Gründe)

BStBl II 1997, 813

BFHE 184, 337

BFHE 1998, 337

BB 1997, 2563-2566 (Leitsatz und Gründe)

DB 1997, 2465-2467 (Leitsatz und Gründe)

DStR 1997, 1922-1925 (Leitsatz und Gründe)

DStRE 1997, 987 (Leitsatz)

DStZ 1998, 169-170 (Leitsatz und Gründe)

HFR 1998, 99

StE 1997, 737-738 (Leitsatz)

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