Leitsatz (amtlich)

Wird ein Änderungsbescheid auf Antrag des Klägers in einem beim BFH anhängigen Rechtsstreit nach § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens, so hat der BFH auch dann über ihn zu entscheiden, wenn der Kläger gegen ihn Einspruch eingelegt hat. Ist der Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht nicht ausreichend geklärt, so ist die Sache an das FG zurückzuverweisen, das dann ohne Vorverfahren in der Sache zu entscheiden hat.

 

Normenkette

FGO §§ 68, 123, 127

 

Tatbestand

Der Senat hat die Verfahren VI R 144/70 und VI R 145/70 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden (§ 73 FGO).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) behandelte den Kläger und Revisionskläger (Kläger) bei dessen Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre als von seiner Ehefrau dauernd getrennt lebend und unterwarf die zu versteuernden Einkommensbeträge der Grundtabelle.

Einspruch und Klage, mit denen der Kläger die Zusammenveranlagung begehrte, hatten keinen Erfolg.

Das FA hat nach Einlegung der Revisionen die Bescheide für die Streitjahre hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 94 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert. Gegen die Änderungsbescheide hat der Kläger Einspruch eingelegt. Er hat außerdem beantragt, sie zum Gegenstand der Revisionsverfahren zu machen.

Die Revisionen führen zur Aufhebung der angefochtenen Urteile und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

 

Entscheidungsgründe

Nachdem der Kläger den auch im Revisionsverfahren zulässigen Antrag nach § 68 FGO (§ 123 Satz 2 FGO) gestellt hat, sind Gegenstand des Revisionsverfahrens die Steuerbescheide in der Form, die sie durch die Änderungsbescheide gefunden haben. Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger vor der Stellung des Antrags nach § 68 FGO Einspruch eingelegt hat (BFH-Urteil vom 28. Juni 1972 I R 102/70, BFHE 106, 415, BStBl II 1972, 952 ). Die Streitfrage der Zusammenveranlagung ist durch die Änderungsbescheide nicht beseitigt worden. Der Senat kann hierüber auf Grund der Tatsachenfeststellungen des FG entscheiden. Wegen der neuen Streitpunkte, die die Änderungsbescheide enthalten, muß die Sache an das FG zurückverwiesen werden, da insofern noch keine gerichtliche Prüfung des Sachverhalts erfolgt ist und der BFH als Revisionsgericht hierfür nicht zuständig ist (§ 127 FGO; BFH-Beschluß vom 8. November 1971 GrS. 9/70, BFHE 103, 549, BStBl II 1972, 219 , unter B II 4 b, bb; BFH-Urteil vom 29. März 1973 IV R 158/68, BFHE 109, 47, BStBl II 1973, 489 ). Erst nachdem die für eine Sachentscheidung erforderlichen Feststellungen getroffen sind, ist insoweit eine abschließende Beurteilung möglich. Daß hinsichtlich dieses Streitpunkts ein Vorverfahren entfällt, ist ohne Bedeutung. Es ist dies eine Folge der aus prozeßökonomischen Gründen getroffenen Regelung in § 68 FGO. Das FG hat ohne Vorverfahren in der Sache zu entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425963

BStBl II 1974, 34

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