Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbeteiligungsgesellschaft als Mitunternehmerschaft; Zeitpunkt der Beendigung einer Unterbeteiligung

 

Leitsatz (NV)

1. Zu den Gesellschaften, bei denen der Gesellschafter als ,,Mitunternehmer" im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist, gehören auch Unterbeteiligungen am Gesellschaftsanteil eines Komplementärs, sofern der Unterbeteiligte am Gewinn und Verlust des Komplementärs nach Art eines atypisch stillen Gesellschafters teilnimmt.

2. Eine Unterbeteiligung endet im allgemeinen ohne Liquidation.

 

Normenkette

BGB § 730 ff.; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) Unterbeteiligter an einer KG-Beteiligung des Beigeladenen war und ob ihm deshalb Verlustanteile für die Jahre 1972 bis 1974 zuzurechnen sind.

Der Kläger ist als Facharzt tätig. Er gewährte dem Beigeladenen im Jahre 1969 Darlehen über 90 000 DM und übergab ihm Wechselakzepte von 72 000 DM. Der Beigeladene beschäftigte sich damals mit der Gründung einer KG, die Grundstücksgeschäfte betreiben sollte. Es war beabsichtigt, daß der Kläger mit den Darlehensbeträgen entweder selbst an der KG beteiligt oder Unterbeteiligter am Gesellschaftsanteil des Beigeladenen werden solle. Die KG ist im Februar 1970 gegründet worden. Der Beigeladene wurde Komplementär; es waren vier Kommanditisten vorhanden. In welchem Umfang die KG sich geschäftlich betätigt hat, ist unbekannt; 1975 ist sie im Handelsregister gelöscht worden. Der Beigeladene hat sich 1972 nach . . . begeben; sein jetziger Aufenthalt ist unbekannt.

Der Kläger behauptet, bei Gründung der KG sei zwischen ihm und dem Beigeladenen mündlich vereinbart worden, daß er nach Art eines atypisch stillen Gesellschafters an der Komplementärbeteiligung des Beigeladenen unterbeteiligt werde. Er hat beantragt, für die Streitjahre 1972 bis 1974 eine einheitliche Gewinnfeststellung für ihn und den Beigeladenen durchzuführen und ihm dabei Verluste in bestimmter Höhe zuzurechnen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hat den Antrag zurückgewiesen; auch die Klage blieb erfolglos.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungen für die Jahre 1972 bis 1974 entsprechend den eingerichteten Erklärungen vorzunehmen, hilfsweise, eine Gewinnfeststellung für das Jahr 1970 durchzuführen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Finanzgericht (FG) hat zu Recht entschieden, daß zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen in den Streitjahren 1972 bis 1974 keine Mitunternehmerschaft bestanden hat, so daß für sie auch keine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung (AO 1977) durchgeführt werden kann.

1. Nach § 15 (Abs. 1) Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Gewinnanteile der Gesellschafter einer OHG, einer KG und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist. Eine ,,andere Gesellschaft" im Sinne dieser Bestimmung kann auch eine Unterbeteiligung am Gesellschaftsanteil eines Mitunternehmers sein, die den Unterbeteiligten am Gewinn und Verlust des Mitunternehmers nach Art eines atypisch stillen Gesellschafters teilnehmen läßt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. März 1982 I R 127/78, BFHE 135, 464, BStBl II 1982, 546); in diesem Fall wird der Unterbeteiligte Mitunternehmer im Verhältnis zum Hauptbeteiligten.

Das FG konnte offenlassen, ob durch die behauptete Vereinbarung vom Februar 1970 ein solches Rechtsverhältnis mit dem Beigeladenen zustande gekommen ist, denn die Beteiligten haben nach dem eigenen Vortrag des Klägers schon im März 1970 von dieser Vereinbarung Abstand genommen. Das FG hat unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 22. Juni 1981 II ZR 94/80 (Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1982, 99) angenommen, daß die Gesellschaft damit ohne Liquidation ihr Ende gefunden habe und für die Streitjahre keine Wirkungen mehr entfalte. Zu Unrecht tritt die Revision dem mit dem Hinweis entgegen, daß die Entscheidung des BGH eine Änderung der Rechtsprechung bedeute und nicht rückwirkend auf den Streitfall angewendet werden könne.

Eine Liquidation der Unterbeteiligungsgesellschaft durch Versilberung des Vermögens, Begleichung der Verbindlichkeiten und Verteilung des Überschusses entsprechend den §§ 730 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kommt nur in Betracht, wenn diese Gesellschaft, obwohl Innengesellschaft, sich nicht in schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Haupt- und dem Unterbeteiligten erschöpft, sondern auch über gesamthänderisch gebundenes Vermögen verfügt. Die angeführte BGH-Entscheidung ist davon ausgegangen, daß bei einer Innengesellschaft nur schuldrechtliche Beziehungen bestehen. Dies entspricht der bisher schon von der Rechtsprechung vertretenen Auffassung und der herrschenden Meinung (BGH-Urteile vom 1. April 1965 II ZR 182/62, Wertpapier-Mitteilungen - WM - 1965, 793; vom 21. Dezember 1972 II ZR 13/71, WM 1973, 296). Auch in der vom Kläger zitierten BGH-Entscheidung (WM 1965, 793) ist nicht angenommen, daß eine Liquidation der Innengesellschaft stattzufinden habe; vielmehr wird nur ausgeführt, daß sich das Auseinandersetzungsguthaben nach § 730 Abs. 1 BGB berechne. Damit übereinstimmend hat auch der erkennende Senat angenommen, daß eine stille Gesellschaft als Innengesellschaft ohne Liquidation ende (BFH-Urteil vom 10. August 1978 IV R 54/74, BFHE 126, 185, BStBl II 1979, 74).

Es wird allerdings die Auffassung vertreten, daß auch eine Innengesellschaft Gesamthandsvermögen bilden könne (Ulmer in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 705 Anm. 193 f. m.w.N.). Auf diese grundsätzliche Frage braucht im Streitfall jedoch nicht eingegangen zu werden. Denn die Bildung eigenen Vermögens hätte zur Voraussetzung, daß der Hauptbeteiligte ihm aus seiner Beteiligung zustehende Vermögenswerte auf die Innengesellschaft überträgt. Da die Gesellschaftsbeteiligung von Gesetzes wegen nicht übertragbar ist, kommen dafür nach § 717 BGB nur die Ansprüche auf einen Gewinnanteil oder ein Auseinandersetzungsguthaben in Betracht (vgl. Flume, Die Personengesellschaft, 1977 S. 8). Solche Ansprüche waren im Streitfall nicht entstanden.

Zudem würde die Liquidation von Gesamthandsvermögen der Unterbeteiligungsgesellschaft nicht bedeuten, daß der Kläger auch nach Auflösung der Unterbeteiligung noch an den Wertänderungen der Beteiligung und am Gewinn und Verlust des Hauptgesellschafters beteiligt ist. Deshalb könnte der Beigeladene, müßte die Unterbeteiligung tatsächlich liquidiert werden, nicht verlangen, daß der Kläger auch an seinen Verlustanteilen in den Jahren 1972 bis 1974 teilnimmt.

2. Im Streitfall hat sich der Kläger nach seinem eigenen Vortrag nach Beendigung der Unterbeteiligung mit dem Beigeladenen dahin geeinigt, daß die als Einlage im Rahmen der Unterbeteiligung verwendete Darlehensforderung ihm wiederum als Darlehensanspruch zustehen und innerhalb eines bestimmten Zeitraums beglichen werden solle. Wann dieser Anspruch als uneinbringlich angesehen werden mußte, brauchte das FG nicht zu ermitteln, weil ein den Kläger betreffender Verlust keine einheitliche Gewinnfeststellung in den Streitjahren rechtfertigen würde und hieraus überdies keine negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb entstehen konnten. Veräußert der Steuerpflichtige seinen Betrieb oder auch seinen Mitunternehmeranteil und fällt die Kaufpreisforderung aus, so wird davon nach der Rechtsprechung sein Privatvermögen betroffen, dessen Minderung einkommensteuerlich unbeachtlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 1981 I R 234/78, BFHE 133, 30, BStBl II 1981, 464, m.w.N.). Dies muß insbesondere gelten, wenn die Forderung vereinbarungsgemäß als Darlehen behandelt werden soll.

3. Soweit der Kläger nunmehr verlangt, daß eine einheitliche Gewinnfeststellung für das Jahr 1970 durchgeführt werden soll, kann sein Begehren schon deshalb keinen Erfolg haben, weil darin eine Klageänderung liegt, Klageänderungen aber in der Revisionsinstanz unzulässig sind (§ 123 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

 

Fundstellen

Haufe-Index 414024

BFH/NV 1987, 24

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