Leitsatz (amtlich)

1. Forderung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG ist bei einem Pachtvertrag mit gewinnabhängiger Pacht die Pachtzinsforderung in ihrer Gesamtheit, nicht aber der Anspruch des Verpächters auf Rückgabe der Pachtgegenstände nach Ablauf des Pachtverhältnisses.

2. Die Bemessung der Pacht nach einem von den Vertragspartnern als Bruttogewinn angesehenen Ertrag schließt die Besteuerung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG nicht aus.

2. Steuermaßstab ist bei dem Pachtvertrag mit gewinnabhängiger Pacht der Nutzungswert der Pachtgegenstände.

2. Abgrenzung zwischen steuerpflichtigem Pachtvertrag mit gewinnabhängiger Pacht und nicht steuerpflichtigem Tantiemeanspruch eines Arbeitnehmers.

 

Normenkette

KVStG 1959 § 6 Abs. 1 Nr. 3, § 8 Nr. 1 Buchst. b; BewG a.F. § 17 Abs. 3, § 15 Abs. 2 Hs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin pachtete gemäß Vertrag vom 28. September 1953 mit Wirkung vom 1. Juli 1954 von der X-GmbH (Verpächterin) deren Unternehmen. Der vereinbarte Pachtzins sollte einer Verzinsung des überlassenen Anlagevermögens und des Umlaufvermögens sowie einem 1,5 %igen Anteil am Umsatz der Klägerin entsprechen. Nachdem diese Vereinbarung in den folgenden Jahren mehrfach geändert worden war, wurde der Pachtzins am 19. Februar 1959 für die Pachtjahre 1954/55 bis 1956/57 auf 40 % und für die folgenden Jahre auf 50 % des Gewinnes der Klägerin vor Abzug der Körperschaftsteuer und Gewerbeertragsteuer festgesetzt. In einer Niederschrift vom 10. Oktober 1960 erklärten die Vertragspartner, daß die Pacht in erster Linie 50 % des vorgenannten Gewinnes betragen solle; sei dieser Betrag aber niedriger als die Verzinsung und Abschreibung der überlassenen Vermögensgegenstände, dann solle die hiernach zu berechnende Pacht als Mindestpacht gelten.

Nach Ansicht des Beklagten (FA) hatte die Verpächterin durch den Pachtvertrag eine Forderung erworben, die eine Beteiligung am Gewinn gewährt (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1959). Er setzte Gesellschaftsteuer fest. Diese berechnete er nach dem Wert des verpachteten Vermögens. Die Sprungberufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Die Auffassung der Klägerin, daß der vorliegende Pachtvertrag überhaupt keine Steuerpflicht nach § 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1959 auslösen könne, ist zwar nicht richtig; die Feststellungen des FG in dem angefochtenen Urteil reichen aber nicht in allen Punkten aus, um die daran geknüpften Rechtsfolgen zu decken.

1. Der Abschluß eines Pachtvertrages mit gewinnabhängiger Pacht ist nach § 2 Nr. 1 KVStG gesellschaftsteuerpflichtig, weil der Verpächter dadurch ein Gesellschaftsrecht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1959 erworben hat.

a) Eine Forderung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1959 stellt bei einem Pachtvertrag zwar nicht der Anspruch auf Rückgabe der verpachteten Wirtschaftsgüter dar, wohl aber der Anspruch auf Zahlung des Pachtzinses. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1959 will diejenigen Fälle erfassen, in denen eine Person, die nicht Gesellschafter der betreffenden Gesellschaft ist, in bezug auf die Gewinnbeteiligung eine gesellschafterähnliche Stellung erhält. "Forderungen" nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1959 können daher nur solche Rechte sein, die denjenigen Rechten vergleichbar sind, in denen der Anspruch des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft auf Auszahlung seines Anteils an dem erzielten Gewinn eines Wirtschaftsjahres seinen Ursprung hat. Der Gewinnanspruch nach § 29 GmbHG oder § 53 Abs. 1 AktG 1937 bzw. § 60 Abs. 1 AktG 1965 hat seinen Grund nicht in dem Anspruch des Gesellschafters auf spätere Rückgewähr seiner Einlage, d. h. auf Verteilung des Gesellschaftsvermögens bei Liquidation der Gesellschaft (§ 72 GmbHG, § 212 AktG 1937 bzw. § 271 AktG 1965). Er ist vielmehr Ausfluß des allgemeinen Gewinnbezugsrechtes, das ein Teil der Mitgliedschaftsrechte des Gesellschafters ist (vgl. dazu Hueck, Gesellschaftsrecht, 15. Aufl. 1970 S. 180). Diesem allgemeinen Gewinnbezugsrecht entspricht bei dem Pachtvertrag mit gewinnabhängigem Pachtzins nicht der Anspruch auf Rückgabe der gepachteten Gegenstände, sondern die Forderung auf Zahlung des Pachtzinses während der gesamten Pachtzeit. Ausfluß dieser Forderung sind die Ansprüche auf Zahlung des jeweils fällig werdenden Pachtzinses. Die Forderung, die eine Beteiligung am Gewinn gewährt, ist demnach die Berechtigung, welche den Anspruch auf künftige Beteiligung am Gewinn zum Inhalt hat. Aus dieser fließen als Früchte die Ansprüche auf die jeweiligen Gewinnanteile. Insoweit besteht kein Unterschied zwischen einem partiarischen Pachtvertrag und einem partiarischen Darlehnsvertrag. Letzteren hält auch die Klägerin für steuerpflichtig.

b) Die Klägerin meint, daß ein Pachtvertrag auch deshalb keine Forderung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1959 begründen könne, weil andernfalls der Tantiemeanspruch des gesellschaftsfremden Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft aus dem Angestelltenvertrag ebenfalls Gesellschaftsteuer auslösen müsse. Dieser Schluß ist nicht zwingend. Der partiarische Pachtvertrag hat einen anderen Inhalt als der Dienstvertrag. Im ersteren Falle wird dem Pächter Sachkapital zur Nutzung überlassen, während bei dem Dienstvertrag geleistete Arbeit vergütet wird. Die Gesellschaftsteuer erfaßt nach ihrem Sinn und Zweck aber nur die Überlassung oder Zusammenfassung von Kapital zur Nutzung oder zu Eigentum, nicht aber die Leistung von nur kapitalbildender Arbeit.

2. a) Auch der Einwand der Klägerin, daß im vorliegenden Fall die Pacht nach dem Brutto gewinn zu berechnen gewesen sei und daher kein für die Besteuerung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1959 erforderliches Gewinnrisiko vorliege, ist nicht begründet. Das Gesetz schreibt nicht vor, wie der Gewinn nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1959 zu berechnen ist. Es genügt daher jede Beteiligung am Ertrag des Unternehmens. Im vorliegenden Fall haben die Parteien des Pachtvertrages lediglich vereinbart, daß dem Gewinn vor Bemessung der Pacht bestimmte Steuern zugerechnet werden sollen. Dadurch wird aber die Berechnungsgrundlage nicht zu einer von dem Ertrag der Klägerin unabhängigen Größe, so daß die Pacht ohne Rücksicht auf den wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin zu zahlen wäre. Diese hat auch nicht vorgetragen, sie habe bei der Vereinbarung vom 19. Februar 1959 davon ausgehen müssen, daß ihre Erträge nicht zur Deckung der Steuern und der Pacht ausreichen würden.

b) Allerdings bestehen Zweifel daran, ob die Partner des Pachtvertrages überhaupt in erster Linie eine gewinnabhängige Pacht vereinbaren wollten. Der Text der schriftlichen Erklärung der Klägerin und der Verpächterin vom 10. Oktober 1960 läßt - entgegen der Auffassung des FG - nicht ohne weiteres den Schluß zu, daß die Gewinnpacht im Vordergrund stand. Wenn die Vertragspartner nach den bisher gesammelten Erfahrungen davon ausgehen konnten, daß die Gewinnpacht in Zukunft die Festpacht nicht überschreiten würde, dann konnte trotz der Formulierung des Textes der Niederschrift vom 10. Oktober 1960 die Festpacht im Vordergrund stehen. Das angefochtene Urteil läßt nicht erkennen, in welchem Verhältnis Festpacht und Gewinnpacht bisher gestanden hatten und von welchen Erwartungen die Vertragspartner ausgehen konnten. Dies wird das FG bei seiner erneuten Entscheidung nötigenfalls feststellen müssen.

3. a) Der Maßstab für die Berechnung der Steuer ergibt sich bei gewinnabhängigen Pachtverträgen aus § 8 Nr. 1 Buchst. b KVStG 1959. Die Gegenleistung für den Erwerb der Gesellschaftsrechte besteht in einer Sacheinlage, so daß deren Wert maßgebend ist. Der Begriff der Sacheinlage setzt nicht voraus, daß die betreffenden Wirtschaftsgüter in das Eigentum der Kapitalgesellschaft übergehen. Es genügt, daß sie dieser zur Nutzung überlassen werden (vgl. dazu Schilling im Großkommentar zum Handelsgesetzbuch, 3. Aufl. 1970, Anm. 16 zu § 335). In solchen Fällen besteht der Wert der Sacheinlage und damit der Gegenleistung nach § 8 Nr. 1 Buchst. b KVStG in dem Nutzungswert der überlassenen Wirtschaftsgüter. Die Tatsache, daß - wie auch die Klägerin geltend macht - der Nutzungswert einer Geldsumme nicht demjenigen eines Sachkapitals gleichsteht, wird bereits durch die unterschiedliche Bewertung für beide Vermögensarten nach § 17 Abs. 1 BewG a. F. einerseits sowie § 17 Absätze 2 und 3 andererseits berücksichtigt. Auch der Nutzungswert von Sachvermögen kann aber nach § 17 Abs. 3, § 15 Abs. 2, 2. Halbsatz BewG a. F. (§ 17a galt erst seit dem 18. August 1963) dem Substanzwert der überlassenen Gegenstände gleichkommen.

b) Die Feststellung des FG, daß im vorliegenden Fall Nutzungswert und Substanzwert des Pachtvermögens übereinstimmen, wird allerdings durch den im Urteil geschilderten Sachverhalt nicht belegt. Zwar hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 11. Dezember 1961 an den Beklagten den Pachtzins für die Jahre 1957/58 bis 1959/60 genannt, der zum mindesten einen Anhaltspunkt für die Berechnung des jährlichen Nutzungswertes nach § 17 Abs. 3 BewG a. F. gibt. Mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen in dem angefochtenen Urteil kann der Senat diese Zahlen jedoch seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

4. Unklar bleibt schließlich nach dem Inhalt des angefochtenen Urteils auch, welche der Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Verpächterin der Beklagte besteuert hat und ob nach Ansicht des FG der mit dem Steuerbescheid erfaßte Vorgang die Steuer ausgelöst hat. Die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil lassen zwar vermuten, daß das FG die Änderung vom 19. Februar 1959 des Pachtvertrages als die steuerpflichtige Vereinbarung ansieht. Ob auch der Beklagte davon ausgegangen ist, bleibt offen. Auch insoweit trägt der festgestellte Sachverhalt nicht die Entscheidung des FG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413123

BStBl II 1972, 467

BFHE 1972, 62

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