Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Baukostenzuschüsse eines Unternehmers zur Erlangung von Büroräumen sind in der Regel als Aufwendungen auf ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens (Mietrecht) zu aktivieren und entsprechend der Dauer des Mietvertrages abzuschreiben.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3, § 6/1/1, § 7

 

Tatbestand

Streitig ist die Abzugsfähigkeit eines Baukostenzuschusses, den der Beschwerdegegner (Bg.) 1953 für den Bau von Büroräumen gezahlt hat, bei der Gewinnermittlung für das Jahr 1953.

Der Bg. ist Rechtsanwalt und Notar und ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Er führt Aufzeichnungen nach § 8 Abs. 3 bis 5 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1952.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1953 kürzte der Bg. seinen Gewinn um einen verlorenen Baukostenzuschuß von 1512,06 DM, den er für seine neuen Büroräume an den Bauherrn bezahlt hatte. Bei der Veranlagung erkannte das Finanzamt den Abzug nicht in voller Höhe an, sondern verteilte den Betrag nach der vereinbarten Mietdauer von 10 Jahren und ließ für 1953 nur den Betrag von 151,06 DM als Betriebsausgabe zum Abzug zu.

Der Einspruch blieb erfolglos. Mit der Berufung machte der Bg. unter Wiederholung seines früheren Vorbringens geltend, der Baukostenzuschuß stelle für ihn keinen Wert mehr dar. Bei vorzeitiger Aufgabe der jetzigen Praxisräume werde er von dem Nachfolger keinen Ersatz eines Zuschusses bekommen, da nunmehr Büroräume in genügender Zahl zur Verfügung ständen.

Das Finanzgericht gab dem Begehren des Bg. statt und führte aus: Es könne dahingestellt bleiben, ob Abschn. 130 Abs. 2b zu aa der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1953, wonach Unternehmer Mieterzuschüsse für Geschäftsräume auf die Vertragsdauer verteilen müssen, rechtsgültig sei. Der Bg. ermittelte des Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, wobei ins Gewicht fallende Schwankungen berücksichtigt werden könnten. Solche lägen aber im Rahmen des Betriebsvermögens hier nicht vor. Die Möglichkeit, die Räume längere Jahre zu benutzen, könne keinen Zuschlag begründen.

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts rügt unrichtige Anwendung des geltenden Rechts und führt aus, es handle sich nicht um die Zulässigkeit eines Korrektivpostens, sondern um die Verteilung der Kosten für den Erwerb eines Mietrechtes auf die Dauer des Mietvertrages. Das Mietrecht stelle ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut dar, dessen Nutzung sich nicht in einem Jahr erschöpfe. Eine Teilwertabschreibung auf das Mietrecht, vor allem bereits im Jahre des Erwerbes, komme nicht in Betracht, da eine solche nur im Rahmen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG möglich sei.

Der Bg. vertritt weiterhin die Auffassung, daß ein bewertungsfähiges Mietrecht nicht vorliege. In der zweiten Hälfte 1953 und später seien gewerbliche Räume ohne Zuschuß zu mieten gewesen. Bei dem Beruf des Bg. sei auch die Lage der Räume ohne Bedeutung. Er halte es überhaupt für zweifelhaft, ob der Abschluß des Mietvertrages und die Zahlung des Baukostenzuschusses in ursächlichem Zusammenhang ständen, da ursprünglich eine Mietvorauszahlung von 3960 DM vereinbart gewesen und diese im Dezember 1953 in einen Zuschuß von 1512 DM umgewandelt worden sei, weil der Bg. die Zahlung der Vorauszahlung nicht habe leisten können.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes: Der Bg. hatte nach dem Mietvertrag vom 10. März 1953 eine Mietvorauszahlung von 3960 DM zu leisten, die am 12. Dezember 1953 in einen verlorenen Zuschuß von 1512,06 DM umgewandelt wurde. Zu Unrecht bestreitet der Bg., daß zwischen dem Erwerb des Mietrechtes und der Vereinbarung und Zahlung des Zuschusses ein ursächlicher Zusammenhang bestehe. Der Zuschuß ist an die Stelle der zunächst vereinbarten Mietvorauszahlung getreten und ebenso wie diese selbstverständlich im Hinblick auf das Zustandekommen des Mietvertrags vereinbart worden. Der Zusammenhang mit dem Mietvertrag kann demnach nicht zweifelhaft sein. Die Zahlung des Zuschusses ist aus betrieblichen (beruflichen) Gründen, nämlich zum Zweck der Erlangung von Büroräumen, erfolgt, stellt also eine Betriebsausgabe dar. Zweifelhaft kann nur sein, ob die Betriebsausgabe im Jahre der Zahlung in vollem Umfange abzugsfähig ist oder ob der Verausgabung des Zuschußbetrages der Erwerb eines Wirtschaftsgutes von einer bestimmten Dauer gegenübersteht und demgemäß nach § 7 EStG der Kostenaufwand entsprechend zu verteilen ist (siehe dazu z. B. Blümich-Falk, 7. Aufl., Anm. 32c zu § 4 EStG). Als Wirtschaftsgüter sind nicht nur körperliche Gegenstände, sondern auch immaterielle Wirtschaftsgüter, wie z. B. Rechte, anzusehen. Unbedenklich sind hierzu auch Mietrechte und aktivierte Baukostenzuschüsse zu rechnen (siehe das Urteil des Bundesfinanzhofs I 133/53 S vom 2. März 1954, Slg. Bd. 58 S.573, Bundessteuerblatt 1954 III S. 129, Littmann, 5. Aufl., Anm. 14 und 15 zu § 7 EStG). Es bestehen ferner keine Bedenken, die Grundsätze der Kostenverteilung des § 7 EStG auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG anzuwenden (siehe Blümich-Falk, 7. Aufl., Anm. 2 und 4 zu § 7 EStG, und Littmann, 5. Aufl., Anm. 9 zu § 7 EStG). Streitig kann daher nur sein, ob die Zahlung des Baukostenzuschusses eine Aufwendung für den Erwerb eines selbständig bewertbaren Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens darstellt.

Der Senat bejaht diese Frage. Normalerweise erschöpft sich die Verpflichtung des Mieters beim Mietvertrag in der laufenden Zahlung der Miete, die dann als laufende Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Die Zahlung eines Zuschusses zu den Baukosten, die der Mieter leisten muß, um damit den Mietvertrag mit dem Vermieter und das Nutzungsrecht an den gemieteten Büroräumen zu erlangen, ist vom Standpunkt des Mieters aus erhöhter Aufwand auf das Wirtschaftsgut anzusehen und nach dem Grundsatz der Kostenverteilung auf die Mietdauer abzuschreiben (siehe dazu Großkommentar Hartmann-Böttcher, Anm. 40a zu §§ 4, 5 EStG, Herrmann-Heuer, Anm. 28 zu § 21 EStG und Anm. 57 zu § 5 EStG und Blümich-Falk, 7. Aufl., Anm. 13a zu § 4 EStG, wenn auch mit Einschränkung). Auch das Finanzgericht Stuttgart geht in dem vom Beschwerdeführer zitierten Urteil vom 26. Februar 1954 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1954 S. 197) von dem Erwerb eines Mietrechts in solchen Fällen aus.

Die von Littmann (Steuerrecht in Kurzform Gruppe 2, 24 S. 7 und 27) vertretene Auffassung, daß Baukostenzuschüsse beim Zuschußgeber sofort abzugsfähige Betriebsausgaben darstellen, stützt sich auf die Behandlung des Baukostenzuschusses beim Bauherrn. Dieser sei, wenn der Zuschuß nur die unrentierlichen Baukosten abgelte, zur sofortigen Absetzung berechtigt; es sei nicht einzusehen, weshalb der Mieter und Zuschußgeber anders behandelt werden solle. Der Zweck des Zuschusses erschöpfe sich im Abschluß des Mietvertrages, die Gegenleistung für den Mietbesitz sei die vereinbarte Miete. Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die Behandlung des Baukostenzuschusses beim Eigentümer zwingt nicht zu einer gleichen Regelung beim Mieter, der den Zuschuß zahlt, um in den Genuß eines 10 Jahre laufenden Vertrages zu gelangen, mithin in den Besitz eines sich erst im Laufe dieser Zeit erschöpfenden Rechtes, während beim Eigentümer der Gegenwert des Zuschusses oft schon im Zeitpunkt der Zahlung nicht mehr vorhanden ist, wenn damit eine überteuerung der Baukosten abgegolten werden soll. Die Gegenleistung für den Mietbesitz ist nicht nur die vereinbarte Miete, sondern die Miete zuzüglich des Baukostenzuschusses. Der Vermieter bezeichnet demgemäß auch die Vereinbarung des Baukostenzuschusses als Bestandteil des Mietvertrages (Schreiben vom 12. Dezember 1953).

Demnach sind grundsätzlich Baukostenzuschüsse eines Unternehmers als Aufwendungen auf ein Mietrecht zu aktivieren und auf die Dauer des Mietvertrages zu verteilen. (In diesem Zusammenhang sei auch auf die Urteile des erkennenden Senats IV 376/51 S vom 16. Oktober 1952 - Slg. Bd. 56 S. 773, Bundessteuerblatt 1952 III S. 298 - unter II 2, IV 243/52 U vom 5. März 1953 - Slg. Bd. 57 S.317, Bundessteuerblatt 1953 III S.126 - und IV 618/53 U vom 17. Februar 1955 - Slg. Bd. 60 S. 233, Bundessteuerblatt 1955 III S.9 - zu § 33 EStG hingewiesen, wonach Ausgaben dann nicht als außergewöhnliche Belastung angesehen werden können, wenn ihnen der Erwerb eines Gegenwertes gegenübersteht). Eine sofortige Absetzung könnte nur dann in Betracht kommen, wenn bereits bei der Hingabe eines Zuschusses feststände, daß die Aufwendungen als überflüssig und wertlos anzusehen sind, kurzum eine Fehlmaßnahme darstellen (siehe dazu Urteil des Bundesfinanzhofs I 239/54 U vom 14. Februar 1956 - Slg. Bd. 62 S. 274, Bundessteuerblatt 1956 III S. 102 - und die dort angeführte Rechtsprechung). Dagegen spricht aber die Lebenserfahrung, da normalerweise kein Steuerpflichtiger Aufwendungen macht, wenn er sich davon nicht einen wirtschaftlichen Erfolg verspricht (siehe Urteil des Bundesfinanzhofs a. a. O.). Auch der Bg. würde den Zuschuß nicht gezahlt haben, wenn ihm nicht an der Erlangung der Büroräume gelegen gewesen wäre. Aus den Akten ergibt sich auch nicht, daß im Jahre 1953 bereits allgemein neue Büroräume ohne Zuschuß gemietet werden konnten. Die äußerung des Dr. C aus dem Jahr 1955 sagt nichts über die Verhältnisse im Jahre 1953. Aus der Erklärung des Maklers H ergibt sich, daß 1953 immerhin noch Zuschüsse gezahlt wurden und, falls dies nicht geschah, sehr erhebliche Mietvorauszahlungen verlangt wurden.

Nach alledem hält der Senat den Erwerb eines Mietrechtes für gegeben, das entsprechend der Mietdauer abzuschreiben ist. Da der Vertrag zunächst für die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen worden ist, bestehen gegen eine Absetzung für Abnutzung von 10%, wie sie das Finanzamt zugelassen hat, auch der Höhe nach keine Bedenken. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408829

BStBl III 1957, 346

BFHE 1958, 294

BFHE 65, 294

BB 1957, 991

DB 1957, 910

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