Leitsatz (amtlich)

Sind Einkünfte, weil an ihnen mehrere beteiligt sind, nach § 215 Abs. 2 AO einheitlich und gesondert festzustellen, so kann diese Feststellung grundsätzlich nicht deshalb unterbleiben, weil die Beteiligten Eheleute sind. Diese Tatsache rechtfertigt für sich allein noch nicht die Annahme eines Falles "von geringerer Bedeutung" im Sinne von § 215 Abs. 4 Satz 2 AO.

 

Normenkette

AO § 215 Abs. 2, 4 S. 2

 

Gründe

Aus den Gründen:

FA und FG haben übersehen, daß der Rechtsstreit sich auf die Frage der Höhe einer Entnahme des Gesellschafters einer KG bezieht, und daß über diese Frage grundsätzlich nur im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung nach § 215 Abs. 2 AO entschieden werden kann (vgl. die Entscheidung des Senats IV 442/54 U vom 9. Dezember 1955, BFH 62, 180, BStBl III 1956, 67; IV 39/58 U vom 26. Juni 1958, BFH 67, 237, BStBl III 1958, 364; IV 395/60 vom 10. September 1964, HFR 1965, 229). Bei einem Streit über die Höhe eines Gewinnes, an dem mehrere beteiligt sind, oder über die Frage, ob an dem Gewinn mehrere beteiligt sind, ist das einheitliche Gewinnfeststellungsverfahren notwendige Verfahrensvoraussetzung für das Einzelveranlagungsverfahren (vgl. Urteil des Senats IV 333/55 U vom 30. Oktober 1958, BFH 68, 653, BStBl III 1959, 249), in dem dieser Streit nicht ausgetragen werden kann. Das gilt grundsätzlich auch für Ehegatten-Gesellschaften. Eine Ausnahme besteht nur in den Fällen von geringerer Bedeutung (§ 215 Abs. 4 Satz 2 AO). Abgesehen von dieser Ausnahme steht die Durchführung des Verfahrens nach § 215 Abs. 2 AO nicht im Ermessen des FA (Urteil des BFH VI 210/63 U vom 6. November 1964, BFH 81, 147, BStBl III 1965, 52). Ein Fall von geringerer Bedeutung liegt aber nicht schon allein deshalb vor, weil es sich hier um eine Ehegatten-Gesellschaft handelt.

Die Vorentscheidung, die diese Grundsätze nicht be-, achtet hat, indem sie im Einkommensteuerverfahren des Ehemannes über die Aufdeckung stiller Reserven bei der Ehegatten-KG entschied, ist aufzuheben. Die Sache wird an das FG zurückverwiesen. Dieses wird mit einer erneuten Entscheidung abzuwarten haben, bis über die Streitfrage im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren entschieden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69109

BStBl II 1970, 730

BFHE 1970, 513

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