Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Untergesellschaft kann nur dann als ein Organ ihrer Obergesellschaft anerkannt werden, wenn sie nach Art einer bloßen Geschäftsabteilung in ein Unternehmen der Obergesellschaft eingeordnet ist.

Die den Betrieb der Untergesellschaft fördernde Tätigkeit einer Obergesellschaft (des Hauptgesellschafters) erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Anerkennung der Organeigenschaft der Untergesellschaft.

Organverhältnis und Betriebsaufspaltung (Zerlegung eines einheitlichen Unternehmens in eine Betriebs-GmbH und eine Personengesellschaft, die das Anlagevermögen an diese GmbH verpachtet).

 

Normenkette

StAnpG § 1/3, § 16; GewStG § 2 Abs. 2 Ziff. 2 S. 2; GewStDV § 3; KStG §§ 6, 8b Abs. 7 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist das Bestehen eines Organverhältnisses bei der Gewerbesteuer und hilfsweise die Zulässigkeit einer Zurechnung von Dauerschuldzinsen und Dauerschulden, §§ 2 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2, 8 Ziff. 1, 12 Abs. 2 Ziff. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) 1950, § 3 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) 1950.

An der beschwerdeführenden GmbH ist eine OHG mit einer Stammeinlage von 96 v. H. beteiligt. Die restlichen Geschäftsanteile befinden sich je zur Hälfte im Besitz der beiden Gesellschafter der OHG. Die neugegründete GmbH führt seit dem 1. Juli 1951 die bis dahin von der OHG betriebene Herstellung und den Verkauf von Metallwaren aller Art fort. Zu diesem Zweck hat ihr die OHG ihr gesamtes bewegliches und unbewegliches Anlagevermögen sowie ihre immateriellen Werte verpachtet und ihr gesamtes Umlaufvermögen übertragen. Die ohne eigenes Personal arbeitende OHG befaßt sich seit dem 1. Juli 1951 nur noch mit der Verwaltung ihres an die GmbH überlassenen Betriebsvermögens, für das sie seitdem auch Neuanschaffungen vorgenommen hat. Die dabei anfallenden Arbeiten der OHG werden von dem Personal der GmbH erledigt. Vereinbarungsgemäß ist der geschäftsführende persönlich haftende Gesellschafter der OHG zugleich allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH.

Unter den zugerechneten Dauerschuldzinsen der GmbH befinden sich für 1951 17 575 DM und für 1952 22 644 DM Zinsen aus dem mit der OHG unterhaltenen Verrechnungskonto. Bei dem Gewerbekapital sind dem betrieblichen Einheitswert auf den 1. Januar 1952 ein Betrag von 1 509 627 DM und auf den 1. Januar 1953 ein Betrag von 587 487 DM als jeweils niedrigster Stand des Verrechnungskontos zugerechnet worden. Der hiergegen mit der Begründung eingelegte Einspruch der Beschwerdeführerin (Bfin.), als Organgesellschaft der OHG unterliege sie nicht der Gewerbesteuer, zumindest seien aber die erwähnten Dauerschuldzinsen und Dauerschulden zu Unrecht zugesetzt worden, weil das Verrechnungskonto nur zur Verrechnung der gegenseitigen Leistungen diene und wirtschaftlich weder mit der Gründung noch mit der Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhänge und noch nicht einmal der vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals diene, sondern lediglich die Kassenverwaltung der OHG darstelle, blieb ohne Erfolg. Das Finanzamt war unter Bezug auf das Urteil des Reichsfinanzhofs I 413/38 vom 9. Mai 1939, Reichssteuerblatt (RStBl) 1939 S. 1059, der Auffassung, daß es für die Anerkennung der Organschaft an einer auch im Gewerbesteuerrecht erforderlichen gewerblichen Betätigung des beherrschenden Unternehmens, hier also der OHG, fehle. Die Unbegründetheit des Hilfsantrages ergebe sich aus Abschn. 47 Abs. 7 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) 1951.

Im Berufungsverfahren machte die GmbH geltend: Für das Gewerbesteuerrecht habe der Reichsfinanzhof in ständiger Rechtsprechung, insbesondere in dem Urteil VI 96/42 vom 1. Juli 1942, RStBl 1942 S. 1081, ausgeführt, daß ein Steuerpflichtiger (natürliche Person oder Personengesellschaft) auch dann, wenn er die Betriebsanlagen an eine Kapitalgesellschaft verpachte und an dieser Kapitalgesellschaft maßgebend beteiligt sei, nicht aufhöre, Gewerbetreibender zu sein. Denn dieser Steuerpflichtige habe bei wirtschaftlicher Betrachtung den Betrieb nicht aufgegeben, sondern führe ihn unter veränderten Verhältnissen weiter. Es komme somit für die Gewerbesteuer nur darauf an, ob das beherrschende Unternehmen ein gewerbesteuerpflichtiges Unternehmen sei. Nicht entscheidend sei dabei, ob eine Organschaft bezüglich der Körperschaftsteuer gegeben sei. Auch in den Gewerbesteuer- Urteilen VI 136/38 vom 27. April 1938 (Steuer und Wirtschaft 1938 Nr. 370) und IV A 128/36 vom 4. März 1936 (Steuer und Wirtschaft 1936 Nr. 202) habe der Reichsfinanzhof in Fällen einer wirtschaftlichen Verflechtung wie hier einen einheitlichen Gewerbebetrieb angenommen. Schließlich sei in dem Urteil des Reichsfinanzhofs I 290/40 vom 1. April 1941 (RStBl 1942 S. 947) ausgeführt, daß sich die Beteiligung der Obergesellschaft am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr auf geschäftsleitende Verrichtungen beschränken könne. Die Berufung war ohne Erfolg. Das Finanzgericht führte im wesentlichen folgendes aus:

Die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Eingliederung seien nicht gegeben. Wie dazu der Reichsfinanzhof in dem Urteil vom 9. Mai 1939 entschieden habe, müsse das beherrschende Unternehmen selbst einen Gewerbebetrieb ("geschäftliches Unternehmen") unterhalten, in den der Betrieb der Organschaft nach Art einer bloßen Geschäftsabteilung eingegliedert sei. Eine solche Eingliederung sei aber, wie der Reichsfinanzhof dort weiter ausführe, mangels eines Gewerbebetriebes dann nicht möglich, wenn das beherrschende Unternehmen seine gesamten Anlagen, die Güterherstellung und den Vertrieb der Erzeugnisse, also die ganze gewerbliche ("geschäftliche") Tätigkeit einer von ihm und seinen Gesellschaftern gegründeten GmbH übertrage und sich nur auf die Verwaltung der verpachteten Betriebsanlagen beschränke. Das Finanzgericht sei der Auffassung, daß diese Grundsätze, die der Reichsfinanzhof für das Körperschaftsteuerrecht ausgesprochen habe, auch im Gewerbesteuerrecht anzuwenden seien (Blümich-Boyens- Steinbring, GewStG, 4. Aufl. Anm. 98 zu § 2, Müthling, GewStG, Anm. 23 zu § 2, Abschn. 17 GewStR 1951). Darauf, ob die OHG ein gewerbesteuerpflichtiges Unternehmen sei, komme es nicht an, entscheidend bleibe, daß sie keinen Gewerbebetrieb (" Geschäftsbetrieb") im Sinne der Organschaft nach dem erwähnten Urteil vom 9. Mai 1939 unterhalte. Der Hilfsantrag hinsichtlich der Zurechnung bestimmter Dauerschuldzinsen und Dauerschulden sei ebenfalls unbegründet. Das von der GmbH passiv geführte "Verrechnungskonto" enthalte die sich aus der übertragung des Umlaufvermögens von der OHG an die GmbH ergebenden Schulden, vermehrt um an die OHG zu entrichtende Mieten, Pachten, sowie Zinsen und vermindert um Privatentnahmen der Gesellschafter der OHG, um Darlehnsrückzahlungen sowie um für die OHG gezahlte Steuern u. ä. Der sich in den Streitjahren ergebende jeweils geringste Schuldsaldo sei daher mit Recht dem Einheitswert des Betriebsvermögens der GmbH als eine mit der Gründung ihres Betriebes zusammenhängende, nicht nur der vorübergehenden Verstärkung ihres Betriebskapitals dienende Schuld zugerechnet worden. Gleiches gelte für die Dauerschuldzinsen. Auch gegen die Höhe der sich aus dem Verrechnungskonto ergebenden Dauerschuldzinsen bestünden keine Bedenken.

Die Rechtsbeschwerde wiederholt das Vorbringen in der Vorinstanz.

Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten und hat u. a. wie folgt Stellung genommen:

Hinsichtlich der gesetzlichen Abgrenzung der Organschaft stimme das Gewerbesteuerrecht mit den durch die Rechtsprechung begründeten Voraussetzungen der Organschaft im Körperschaftsteuerrecht und mit der gesetzlichen Regelung der Organschaft im Umsatzsteuerrecht überein. Das Finanzgericht vertrete in übereinstimmung mit der Beurteilung des Tatbestandes durch das Finanzamt die Auffassung, daß es an der wirtschaftlichen Eingliederung der Bfin. in das Unternehmen der OHG fehle. Es sei mit Recht der Auffassung, daß für die Feststellung der wirtschaftlichen Eingliederung einer Kapitalgesellschaft in ein anderes inländisches Unternehmen erforderlich sei, daß das andere Unternehmen selbst eine gewerbliche Tätigkeit ausübe. Es handele sich hierbei um eine notwendige Voraussetzung der wirtschaftlichen Eingliederung im Sinne des Rechts für Organgesellschaften. Fehle die Beteiligung der Obergesellschaft am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, so könne von einem Unternehmen nicht gesprochen werden. Diese Auslegung habe in der Vorschrift des § 3 GewStDV 1950 ihren Niederschlag gefunden. Durch diese Bestimmung sei klargestellt, daß sich das beherrschende Unternehmen durch eine gewerbliche Tätigkeit am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligen müsse. Beteilige es sich in anderer Weise, so z. B. durch eine Vermögensverwaltung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, so sei der in § 3 GewStDV 1950 bestimmten Voraussetzung der Unterordnung der Kapitalgesellschaft unter den Willen eines gewerblichen Unternehmens nicht Genüge getan. Den Ausführungen des Finanzgerichts zu dieser Frage sei zuzustimmen.

Der Bundesminister der Finanzen vermöge jedoch der Würdigung des Finanzgerichts hinsichtlich der Betätigung der Obergesellschaft nicht zu folgen. Nach seiner Auffassung liegt eine für ein Organverhältnis ausreichende gewerbliche Tätigkeit vor. Die OHG habe umfangreiche Investitionen für den Betrieb der Bfin. im eigenen Namen und für eigene Rechnung durchgeführt, so den Erwerb und die Einrichtung von dem Betrieb der Bfin. dienenden Lagerhäusern, die Anschaffung eines Zweigwerkes zur Ausweitung der Kapazität des Betriebes der Bfin. sowie die Anschaffung verschiedener für den Betrieb der Bfin. benötigter Grundstücke. Die Investitionen hätten in den Jahren 1952 bis 1957 etwa 750 000 DM betragen. Außerdem seien alle bedeutenden Kreditvorhaben von der OHG durchgeführt worden. Der Umfang und das Gewicht der von der OHG durchgeführten Investitionen sei so bedeutend, daß sie ein Tätigwerden erfordert hatten, das über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehe und sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstelle. Diese Teilnahme sei eine geschäftliche Tätigkeit. Die Investitionen der OHG seien alle im betrieblichen Interesse der Bfin. durchgeführt worden. Es habe ihnen ein bestimmter geschäftlicher Zweck zugrunde gelegen, der sich durch nach außen in Erscheinung tretende Maßnahmen geäußert habe. Die Investitionen könnten nicht als Maßnahmen innerhalb einer Vermögensverwaltung angesehen werden.

Hinsichtlich des Hilfsantrages der Bfin., der die Zurechnung gewisser Dauerschulden und Dauerschuldzinsen zum Gegenstand habe, stimme der Bundesminister der Finanzen den Ausführungen des Finanzgerichts zu.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rechtsbeschwerde ergibt folgendes:

Zur Bedeutung der Betriebsaufspaltung einer Einzelfirma oder Personengesellschaft, durch die eine Kapitalgesellschaft geschaffen wird, an die das Anlagevermögen verpachtet wird und die den Betrieb der Einzelfirma oder Personengesellschaft übernimmt, für die Frage eines Organverhältnisses haben der Körperschaftsteuersenat (I. Senat) und der Einkommensteuersenat (VI. Senat) des Reichsfinanzhofs übereinstimmend Stellung genommen.

In der bereits von den Vorinstanzen zitierten Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 413/38 wird folgendes ausgeführt:

Organschaft könne steuerlich nur anerkannt werden, wenn eine Körperschaft von der Obergesellschaft finanziell wirtschaftlich und organisatorisch abhängig und in deren geschäftliches Unternehmen - nach Art einer bloßen Geschäftsabteilung - eingegliedert sei (Entscheidungen des Reichsfinanzhofs I A 75/27 vom 11. November 1927 - Slg. Bd. 22 S. 183, RStBl 1928 S. 52 - , I A 623/28 vom 14. November 1929 - Slg. Bd. 26 S. 124, RStBl 1930 S. 41 - und Gutachten I D 2/31/III D 2/32 vom 26. Juli 1932 - Slg. Bd. 31 S. 297, RStBl 1933 S. 136 -). Eine Organschaft komme nicht in Frage, wenn der Dienstherr (die OHG) kein geschäftliches Unternehmen habe, in das die Angestellte (Organ) als bloße Geschäftsabteilung eingegliedert werden könnte (Urteil des Reichsfinanzhofs I A 125/33 vom 28. November 1934, RStBl 1935 S. 725, 727).

Die gleiche Rechtsauffassung hat der I. Senat in der Entscheidung I 290/40 vom 1. April 1941, RStBl 1942 S. 947, zum Ausdruck gebracht. Die Entscheidung könne nur auf die Frage abgestellt werden, ob die Obergesellschaft eine Betriebstätigkeit wahrnehme, die als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nach außen in Erscheinung trete. Die Organlehre sei aus der Angestellteneigenschaft, also von der Unterordnung unter ein persönliches Dienstverhältnis abgeleitet. Ebenso die ältere Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 60/36 vom 25. Mai 1937, 26. Oktober 1937, RStBl 1938 S. 365, die die Einordnung der Untergesellschaft in den Betrieb der Obergesellschaft nach Art einer bloßen Geschäftsabteilung fordert.

Gleichartige Ausführungen enthält die Entscheidung des Einkommensteuersenats VI 660/38 vom 4. Dezember 1940, RStBl 1941 S. 26:

Auch wenn man die OHG (Eigentümerin der Grundstücke und Betriebsmittel) als Gewerbebetrieb ansehe, so ergebe sich doch, daß die Voraussetzungen eines Organverhältnisses in dem hier streitigen Fall nicht vorlägen. Denn bei der OHG sei nach dem Gesamtbild die erforderliche, wirtschaftliche, finanzielle und organisatorische Eingliederung der OHG nicht vorhanden. Die Vereinbarungen seien so getroffen, daß die OHG und die GmbH, wenn bei jeder von ihnen fremde, nicht verwandtschaftlich oder sonstwie verbundene Gesellschafter beteiligt wären, getrennt voneinander sich betätigen könnten. Es fehle hier neben den auf rein persönlichem Gebiet liegenden Bindungen eine Eingliederung insofern, als die unbedingte rechtliche Voraussetzung einer Anweisungsbefugnis nicht vorhanden sei. Liege so aber eine Organschaft nicht vor, so müßten an sich der Gewerbeertrag und das Gewerbekapital einerseits für die OHG, andererseits für die GmbH besonders festgestellt und veranlagt werden.

Der Einkommensteuersenat kam im Ergebnis zu der Auffassung, daß die Betriebsaufspaltung nach § 1 Abs. 3, § 6 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) eine steuerlich unzulässige Teilung der Betriebseinheit darstelle.

Der Senat tritt den oben mitgeteilten Grundsätzen des Reichsfinanzhofs hinsichtlich der Voraussetzungen eines Organverhältnisses bei.

Voraussetzung eines Organverhältnisses ist, daß die Obergesellschaft eine betriebliche Tätigkeit ausübt, die als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nach außen in Erscheinung tritt. Des weiteren muß die Untergesellschaft in einem angestelltenähnlichen Verhältnis zur Obergesellschaft stehen; sie muß wirtschaftlich betrachtet ihr von der Obergesellschaft gestellte Aufgaben nach Art einer bloßen Geschäftsabteilung erfüllen; sie muß ein Organ der Obergesellschaft sein.

Diese Voraussetzungen sind dort nicht erfüllt, wo die Obergesellschaft eine Tätigkeit ausübt, die sich im Ergebnis lediglich als eine Vermögensverwaltung darstellt, wo sie also im wesentlichen in gleicher Eigenschaft tätig wird wie ein privater Gesellschafter, der über die Mehrheit der Anteile einer Körperschaft verfügt. Dies gilt auch dann, wenn die rechtliche Natur der Obergesellschaft diese Vermögensverwaltung steuerlich zur gewerblichen Tätigkeit macht. Wie der Reichsfinanzhof ausgeführt hat, muß die gewerbliche Tätigkeit auch nach außen wirken und sich als eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellen.

Das Finanzgericht hat diese Voraussetzung nicht als erfüllt angesehen. Der Bundesminister der Finanzen ist in tatsächlicher Beziehung anderer Ansicht als das Finanzgericht. Er nimmt an, daß die verpachtende Tätigkeit der Obergesellschaft in Verbindung mit der Kreditbeschaffung für die Tochtergesellschaft eine gewerbliche Tätigkeit darstelle. Es kann zweifelhaft sein, ob im Streitfall die Voraussetzungen gegeben sind, wie sie die Rechtsprechung für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit bei Vermietung und Verpachtung aufgestellt hat (Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs IV 8/48 S vom 4. Mai 1948, Slg. Bd. 54 S. 226, Steuer und Wirtschaft 1948 Nr. 13). Aber selbst wenn man dem Bundesminister der Finanzen in diesem Punkte folgt, so kann den weiteren von ihm vertretenen Grundsätzen nicht beigepflichtet werden.

Wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, ist weiter Voraussetzung der Annahme eines Organverhältnisses die wirtschaftliche Eingliederung der Tochtergesellschaft in ein Unternehmen der Obergesellschaft. Es reicht nicht aus, daß die Obergesellschaft in Auswirkung ihrer Eigenschaft als Hauptgesellschafterin einen wesentlichen Einfluß auf die Tochtergesellschaft ausübt. Es ist denkbar, daß die Obergesellschaft ähnlich einem Gesellschafter-Geschäftsführer, der die Anteile an der Körperschaft nicht einem Betrieb gewidmet hat, tätig wird. Sie kann ähnlich einem Gesellschafter-Geschäftsführer einen wesentlichen Einfluß auf die Betriebsführung der Tochtergesellschaft nehmen. Eine derartige geschäftsleitende Tätigkeit, die ein Ausfluß der Gesellschaftereigenschaft des Mehrheitsgesellschafters ist, bei der der Mehrheitsgesellschafter den Geschäftsbetrieb der Untergesellschaft fördert, erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Annahme eines Organverhältnisses. Für ein Organverhältnis muß vielmehr umgekehrt die Tochtergesellschaft dem Unternehmen der Muttergesellschaft ähnlich einem Angestellten oder einer Betriebstätte untergeordnet sein. Das Organverhältnis besteht also in einem Dienen der Tochtergesellschaft im Betriebe der Muttergesellschaft, nicht in einer Förderung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft in Ausfluß ihrer Eigenschaft als Hauptgesellschafterin. Im letzteren Fall fehlt es an den Voraussetzungen der Organeigenschaft der Tochtergesellschaft.

Ein Organverhältnis ist nicht bereits dann gegeben, wenn in einen Gewerbebetrieb die Mehrheitsbeteiligung an einer Körperschaft eingefügt wird. Die Organeigenschaft setzt voraus, daß die Tochtergesellschaft als Organ der Obergesellschaft in deren Gewerbebetrieb tätig wird.

Im Streitfall übt die Obergesellschaft eine verpachtende Tätigkeit aus. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat sie durch Investitionen den Umfang der Pachtgegenstände vermehrt. Dies hat die für sie vorgesehene Tätigkeit der Verpachtung dem Grunde nach nicht verändert. Darüber hinaus hat sie der Tochtergesellschaft in erheblichem Umfange Kredite gegeben. Die Tochtergesellschaft übt eine von der verpachtenden Tätigkeit der Muttergesellschaft abweichende Tätigkeit aus, wie dies auch der Reichsfinanzhof in dem Streitfall VI A 660/38 mit Nachdruck zum Ausdruck gebracht hat. Durch die Betriebsaufspaltung soll das Ziel erreicht werden, der Muttergesellschaft und der Tochtergesellschaft vollkommen getrennte Aufgaben zuzuweisen. Das Wesen der Betriebsaufspaltung besteht darin, das bisherige Unternehmen der Einzelfirma unter Zurückhaltung der Anlagewerte organisatorisch auszugliedern. Die Tochtergesellschaft tritt der Muttergesellschaft nicht als Organ - also nicht angestelltenähnlich - gegenüber, sondern als Kunde. Die gewerblichen Einkünfte der Obergesellschaft ergeben sich ausschließlich aus den mit der Tochtergesellschaft geschlossenen Verträgen. Es fehlt an einer wesentlichen Voraussetzung für ein Organverhältnis, nämlich an der Angestellten- (Organ-) Eigenschaft der Tochtergesellschaft, an einer Unterordnung unter das Unternehmen der Obergesellschaft, wie dies in der Entscheidung VI A 660/38 bereits ausgeführt wird. Es ist nicht erforderlich, daß die Tochtergesellschaft gewerblich in gleicher Weise tätig wird wie die Muttergesellschaft, aber die Tochtergesellschaft muß durch ihre gewerbliche Betätigung dem Unternehmen der Muttergesellschaft dienen. Hieran fehlt es im Streitfalle.

Der Reichsfinanzhof hat in der Entscheidung VI A 660/38 ein einheitliches Unternehmen (kein Organverhältnis) auf Grund der Bestimmungen der §§ 1 Abs. 3 und 6 StAnpG angenommen. In der späteren Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, und zwar sowohl des Körperschaftsteuersenats (siehe Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 216/43 vom 21. März 1944, Slg. Bd. 54 S. 94, RStBl 1944 S. 396) wie des Vermögensteuersenats (III 22/44 vom 16. November 1944, Slg. Bd. 54 S. 158, RStBl 1945 S. 34) hat der Reichsfinanzhof diese Auffassung des VI. Senats abgelehnt. Der erkennende Senat folgt der späteren Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, die die bürgerlich-rechtliche Gestaltung auch steuerlich anerkennt. Siehe hierzu im einzelnen die Ausführungen in Steuer und Wirtschaft 1947 Sp. 405 ff. und die Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs III 4/45 vom 7. Mai 1947, Steuer und Wirtschaft 1947 Nr. 24.

Hieraus ergibt sich, daß das Organverhältnis von den Vorinstanzen mit Recht abgelehnt worden ist.

Die Bfin. hat des weiteren den Antrag gestellt, von einer Zurechnung von Dauerschuldzinsen und Dauerschulden nach §§ 8 Ziff. 1, 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG 1950 abzusehen. Wie auch der Bundesminister der Finanzen ausführt, kann diesem Antrag nicht entsprochen werden. Die Vorinstanzen haben mit Recht den Abzug der umstrittenen Beträge abgelehnt. Es mag zutreffen, daß dort, wo die Kredite von einem Kaufmann gegeben werden, und es sich um Dauerschulden handelt, sie gewerbesteuerlich doppelt erfaßt werden. Es handelt sich aber hierbei um eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die zu ändern die Gerichte nicht befugt sind. Die Rechtsbeschwerde muß deshalb in vollem Umfange als unbegründet zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408794

BStBl III 1957, 303

BFHE 1958, 181

BFHE 65, 181

BB 1957, 885

DB 1957, 835

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