Leitsatz (amtlich)

1. Ein ernstliches Arbeitsverhältnis zwischen einer Ehefrau und einer Gesellschaft, an der ihr Ehemann wesentlich beteiligt ist, kann steuerlich auch anzuerkennen sein, wenn die Ehefrau laufend einen Teil ihres Gehalts auf ein angemessen verzinstes Darlehnskonto bei der Gesellschaft einzahlt, über das sie aber jederzeit frei verfügen kann.

2. Zur Bindung von Tatsachenfeststellungen des FG für den BFH.

 

Normenkette

AO a.F. § 278; EStG 1961 § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Der Steuerpflichtige betrieb mit seinem Vater in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Installationsgeschäft; nach dem Tod des Vaters im Jahre 1953 trat die Mutter in das Unternehmen ein. Ab 1. Januar 1965 ist der Steuerpflichtige Alleinunternehmer. Der Steuerpflichtige behauptet, im Jahre 1962 habe zwischen der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und seiner Ehefrau ein Arbeitsverhältnis bestanden, das auch steuerlich anzuerkennen sei. Die Ehefrau erhielt im Streitjahr 1962 einen Monatsarbeitslohn von 449,99 DM, der ihr nach den gesetzlichen Abzügen (Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge) bar ausgezahlt wurde. Die Ehefrau zahlte anschließend jeweils wieder 200 DM auf ein Darlehnskonto bei der Gesellschaft ein. Das Konto wies zum 31. Dezember 1962 ein Guthaben von 11 427 DM aus. Über das Darlehnskonto konnte die Ehefrau jederzeit frei verfügen.

Das FA erkannte ein Arbeitsverhältnis nicht an. Die Sprungberufung hatte dagegen Erfolg. Das FG hörte die Eheleute und stellte fest, im Jahre 1962 habe ein mündlich geschlossener, auch steuerlich anzuerkennender Arbeitsvertrag bestanden, auf Grund dessen die Ehefrau die kaufmännische Führung des Betriebs innegehabt habe. Sie sei entsprechend vorgebildet gewesen, habe eine fremde Arbeitskraft ersetzt und habe für ihre Tätigkeit den tarifmäßigen Lohn ausbezahlt erhalten; auch die Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge habe die Gesellschaft einbehalten und abgeführt.

Mit der Revision rügt das FA unrichtige Anwendung von Bundesrecht. Es führt aus, das FG habe nicht ausreichend gewürdigt, daß das Vorbringen des Steuerpflichtigen widersprüchlich sei. Grundlage des Arbeitsverhältnisses mit der Ehefrau sei die Vereinbarung in § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags aus dem Jahre 1950 gewesen, wonach der Ehefrau in Verlustjahren eine Entlohnung nicht zugestanden habe. Eine solche Vereinbarung schließe ein ernsthaftes Arbeitsverhältnis aus. Außerdem habe die Ehefrau laufend Teile ihres Gehalts der Gesellschaft sofort wieder als Darlehen überlassen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA ist nicht begründet.

Das FG geht zutreffend davon aus, daß bei Rechtsbeziehungen zwischen einer Familiengesellschaft und dem Ehegatten eines wesentlich beteiligten Gesellschafters ein Arbeitsverhältnis einkommensteuerlich nur anerkannt wird, wenn die bürgerlich-rechtliche Gestaltung eindeutig ist und der tatsächliche Vollzug den rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen entspricht. Das FG hat nach diesen Grundsätzen ein Arbeitsverhältnis zwischen der Gesellschaft und der Ehefrau des Steuerpflichtigen für das Jahr 1962 anerkannt. Es stellt im einzelnen auf Grund der Anhörung der Beteiligten fest, daß ein mündlicher Arbeitsvertrag bestanden habe, auf Grund dessen die Ehefrau den Betrieb kaufmännisch geführt habe; sie habe eine entsprechende Vorbildung besessen und habe eine fremde Arbeitskraft ersetzt; sie habe für ihre Tätigkeit den tarifmäßigen Lohn erhalten; Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge seien abgeführt worden; über ihren Arbeitslohn habe die Ehefrau frei verfügen können.

Die Rüge des FA wendet sich gegen diese tatsächlichen Feststellungen des FG. Das FG konnte aber ohne Verstoß gegen Verfahrensvorschriften oder die Gesetze der Logik oder die Grundsätze der allgemeinen Lebenserfahrung zu der Festellung gelangen, daß die Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern aus dem Jahre 1950, wonach der Ehefrau in Verlustjahren keine Entlohnung zustehen sollte, nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages der Gesellschaft und der Ehefrau war. Die Feststellung gründet sich auf die Aussage der Ehefrau, die das FG ausdrücklich als glaubhaft bezeichnet hat. Die Ehefrau war am Gesellschaftsvertrag nicht beteiligt. Die Tatsache, daß ihr Ehemann Gesellschafter war, zwingt nicht zu dem Schluß, der Inhalt des Gesellschaftsvertrags sei auch Inhalt des Arbeitsvertrags geworden, um so weniger, als seit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrags bis zum Streitjahr mehr als 11 Jahre vergangen waren. Die Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag lassen bürgerlich-rechtlich durchaus die Auslegung zu, daß nur im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und für die Gewinnaufteilung im Innenverhältnis ein Lohn für die Ehefrau nicht anzusetzen war, wenn der Betrieb mit Verlust arbeitete. Nach § 278 AO a. F. konnte das FG die tatsächlichen Verhältnisse auf Grund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung feststellen. Es genügte, daß das Gericht auf Grund seiner Schlußfolgerungen zu seiner Überzeugung gelangen konnte; es war nicht erforderlich, daß es dazu gelangen mußte.

Die Tatsache, daß die Ehefrau im Streitjahr jeweils 200 DM von dem ihr ausbezahlten Gehalt sofort wieder auf ein mit 5 v. H. verzinstes Darlehnskonto bei der Gesellschaft zurückzahlte, schließt entgegen der Auffassung des FA die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses ebenfalls nicht aus. Nach dem Urteil des BFH IV 98/63 S vom 5. Dezember 1963 (BFH 78, 335, BStBl III 1964, 131) werden zwar Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten steuerlich in der Regel nur anerkannt, wenn die vereinbarte Arbeitsvergütung auch zu den üblichen Zahlungszeitpunkten ausgezahlt wird. Es wird als Konstruktion bezeichnet, wenn bei Ehegatten-Arbeitsverhältnissen der auszuzahlende Lohn sofort als Darlehen in der Firma belassen wird. Der damalige Sachverhalt weicht aber vom Sachverhalt des Streitfalls ab. Abgesehen davon, daß es sich damals um ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis handelte, hier jedoch um ein Arbeitsverhältnis mit einer aus nahen Angehörigen bestehenden Gesellschaft, wäre das damalige Arbeitsverhältnis zwischen Fremden undenkbar gewesen, auch wenn die behaupteten Vereinbarungen über die Darlehnsgewährung nicht bestanden hätten. Im Streitfall weisen die Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und der Ehefrau nach den Feststellungen des FG alle Merkmale auf, wie sie auch bei Verträgen unter Fremden vorkommen können. Die Vereinbarungen sind nach den Feststellungen des FG auch tatsächlich durchgeführt worden. Nach den Feststellungen des FG rechtfertigt das Zusammentreffen von Dienstverhältnis und Darlehnsvertrag es nicht, das Arbeitsverhältnis steuerlich nicht anzuerkennen. Nach den Feststellungen des FG wurde das Darlehen auch angemessen verzinst; die Ehefrau konnte über ihr Guthaben jederzeit verfügen. Aus welchen Gründen die Darlehnsgewährung vereinbart wurde, ist demgegenüber nicht ausschlaggebend. Vor allem ist nicht entscheidend, ob die Ehefrau durch die Darlehnsgewährung die Kapitalbeteiligung ihres Ehemannes in der Gesellschaft stärken wollte. Ob es anders läge, wenn die Ehefrau nicht nur, wie hier, einen Teil ihres Gehalts, sondern ihr ganzes Gehalt als Darlehen in der Gesellschaft belassen hätte, braucht der Senat im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68035

BStBl II 1968, 494

BFHE 1968, 101

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