Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung eines USt-Bescheides wegen fehlender klarer und eindeutiger Adressierung; zur Bindung des BFH an ein Zwischenurteil des FG

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Verwaltungsakt muß den Willen der Behörde bestimmt, unzweideutig und vollständig zum Ausdruck bringen und somit klar erkennen lassen, an wen er sich richtet.

2. Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners im Bescheid können nicht durch Richtigstellung im weiteren Verfahren geheilt werden, ferner nicht dadurch, daß sich der Empfänger als Adressat ansieht.

3. Für die Aufhebung eines Bescheides wegen Unwirksamkeit ist die Frage eines etwaigen Verjährungseintritts unerheblich.

4. Ein rechtskräftiges Zwischenurteil des FG (§ 97 FGO) bindet auch das Revisionsgericht; die Entscheidung, daß die Klage zulässig ist, entfaltet keine Bindung in der Frage nach der Rechtzeitigkeit der Einspruchseinlegung.

 

Normenkette

AO §§ 91, 210b, 211-212; FGO § 97; UStG 1951 § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 9; UStG 1967 § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 13 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Kl. und Revisionskl. (Kl.) war in den Streitjahren 1965, 1966 und 1968 (bis 30. September) Inhaber eines Einzelunternehmens unter der Firma . . . und Co. Er war Organträger mehrerer Organgesellschaften. Bis 31. März 1968 wurden die Organschaften zusammen mit einer AG vom Bekl. und Revisionsbekl. (FA) als Unternehmereinheit (Steuernr. x/y) behandelt. Seit 1. Oktober 1968 wird die Firma . . . & Co. von einer KG geführt.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der als Unternehmereinheit behandelten Mehrheit von Unternehmern hielt der Prüfer die Beurteilung als Unternehmereinheit in den Streitjahren auch vor dem 1. April 1968 - zunächst hatten der Kl. und das FA die Unternehmereinheit als zum 1. April 1968 beendet angesehen - nicht mehr aufrecht. Er meinte, die Umsätze des Kl. unter der Firma . . . & Co., die der Organgesellschaften und die der AG, seien in den Streitjahren bis 30. September 1968 sämtlich Umsätze des Kl. Aus Vereinfachungsgründen und mit Zustimmung der Firmenvertreter würden diese Umsätze wie bisher unter ,,Unternehmereinheit . . . & Co." (Steuernr. x/y) erfaßt. Seitens des Kl. würde dem nicht widersprochen. Im übrigen meinte der Prüfer, daß die Bemessungsgrundlage für sämtliche Streitjahre zu erhöhen sei.

Aufgrund der Feststellungen des Prüfers erließ das FA einen auf § 225 (AO) gestützten USt-Sammelbescheid u. a. für die Streitjahre, den es, dem Vorschlag des Prüfers entsprechend, adressierte. Der Bescheid ist mit dem Postaufgabevermerk vom 30. Mai 1973 versehen.

Der beim FA am 3. Juli 1973 eingegangene Einspruch des Kl. wurde vom FA unter Hinweis auf Fristversäumung als unzulässig zurückgewiesen.

Hierauf erhob der Kl. Klage, die zunächst unter dem Az. A (betr. USt 1965 und 1966) sowie B (betr. USt 1968) geführt wurde; später sind die beiden Verfahren durch Beschluß vom 22. Oktober 1982 B und dem Az. B zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden. Das FG hat mit Zwischenurteil vom 23. Oktober 1974 A die Zulässigkeit der Klage für die Jahre 1965 und 1966 bejaht und hierbei ausgesprochen, daß der Einspruch rechtzeitig eingelegt worden sei. Auf das Zwischenurteil hin wurde vom FA die Rechtzeitigkeit der Einlegung des Einspruchs auch für das Jahr 1968 nicht mehr bestritten.

Das FG gab der Klage insoweit statt, als das FA die Bemessungsgrundlagen für die Streitjahre erhöht hatte. Soweit der Kl. aus formellen Gründen eine Aufhebung des USt-Sammelbescheides begehrt, hielt das FG die Klage für unbegründet. Hierzu führte das FG aus, der Bescheid sei zwar an eine ,,Unternehmereinheit" gerichtet, die an sich keine USt schulden könne. Aus den Feststellungen des Prüfers ergebe sich jedoch, daß der Bescheid seinem Inhalt nach nicht für die Unternehmereinheit, sondern für den Kl. als Organträger bestimmt sei. Dies sei zwar aufgrund der Bezeichnung des Steuerschuldners im Bescheid nicht eindeutig zu erkennen. Jedoch reiche die Namensnennung des Kl. in Verbindung mit dem Hinweis im Bericht des Prüfers vom 8. Januar 1973 (,,aus Vereinfachungsgründen und mit Zustimmung der Firmenvertreter . . .") aus, um mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Klarheit annehmen zu können, daß der Bescheid an den Organträger, d. h. an den Kl., gerichtet sei.

Mit der Revision rügt der Kl. die Verletzung materiellen Rechts (§ 91 AO). Er beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils den USt-Sammelbescheid hinsichtlich der Streitjahre aufzuheben, hilfsweise, dessen Unwirksamkeit insoweit festzustellen.

Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, der USt-Sammelbescheid sei nicht wirksam geworden. Der Bescheid sei an eine nicht bestehende Unternehmereinheit und nicht an ihn, den Kl., gerichtet. Dies ergebe sich aus der Bezeichnung im Bescheid, aus der Verwendung der Steuernummer der Unternehmereinheit, sowie aus dem Umstand, daß Bescheide an ihn, den Kl. selbst, folgende Anschrift getragen hätten: ,,Herrn . . ., f. Fa. . . . & Co., z. Hd. Herrn S. i. . . . GmbH". Auch die Einspruchsentscheidung und das Zwischenurteil des FG seien an die nicht bestehende Unternehmereinheit gerichtet.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Es macht geltend, die Beteiligten hätten bei Erlaß des Bescheides darin übereingestimmt, daß eine Unternehmereinheit nicht mehr bestehe. Der etwaige Mangel einer unrichtigen Bezeichnung des Steuerschuldners sei durch das angefochtene Urteil geheilt.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision des Kl. werden das angefochtene Urteil, die Einspruchsentscheidung und der USt-Sammelbescheid, soweit dieser die Streitjahre betrifft, aufgehoben.

A. Das FG hat ebenso wie das FA die Grundsätze zur Adressierung von Steuerbescheiden verkannt. Dem USt-Sammelbescheid ist nicht klar und eindeutig zu entnehmen, daß er sich allein gegen den Kl. und nicht auch gegen weitere Personen richtet.

1. Ein Verwaltungsakt muß den Willen der Behörde bestimmt, unzweideutig und vollständig zum Ausdruck bringen und somit klar erkennen lassen, an wen er sich richtet. Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners im Bescheid können nicht durch Richtigstellung im weiteren Verfahren geheilt werden, ferner nicht dadurch, daß sich der Empfänger als Adressat angesehen hat. Die rechtliche Notwendigkeit, in einem Steuerbescheid den Steuerschuldner richtig zu bezeichnen, wurde im Geltungsbereich der AO aus deren §§ 91, 210 b, 211 und 212 hergeleitet. Unterstrichen wird die erwähnte rechtliche Notwendigkeit dadurch, daß der Steuerbescheid Grundlage für die Zwangsvollstreckung gegen den Steuerschuldner ist. Die Unbeachtlichkeit der Tatsache, daß sich der Empfänger eines Bescheides mit unrichtiger Bezeichnung des Steuerschuldners als Adressat angesehen hat, ergibt sich daraus, daß die objektive Richtigkeit oder Unrichtigkeit eines Bescheides nicht vom Verhalten der Beteiligten abhängig sein kann. Diese Überlegung wird dadurch erhärtet, daß der Steuerbescheid nicht nur Wirkungen zwischen dem Steuerschuldner und dem FA entfaltet, sondern auch Wirkungen gegenüber Dritten, z. B. gegenüber einem Vertreter, der für die Steuerschuld haftet - § 119 AO - (BFH-Beschluß vom 21. Oktober 1985 GrS 4/84, unter C I 1 und II 1, BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230, m. w. N.).

2. Der angefochtene USt-Sammelbescheid war bestimmt für den Steuerschuldner aufgrund der im Bescheid erfaßten Umsätze, d. h. für den Unternehmer, von dem diese Umsätze ausgeführt worden sind (vgl. § 9 UStG 1951; § 13 Abs. 2 UStG 1967). Nach den auf der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten beruhenden Feststellungen des FG war dieser Unternehmer der Kl. als Organträger einer Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1951 bzw. UStG 1967). Eine Steuerschuldnerschaft des Kl. als der hinter einer Unternehmereinheit stehenden Person (siehe auch unten) wurde seitens der Beteiligten nicht länger in Betracht gezogen. Für eine Steuerschuldnerschaft des Kl. neben einem weiteren umsatzsteuerrechtlichen Rechtssubjekt fehlt jeder Anhalt.

3. Der umstrittene Sammelbescheid trägt - aufgrund der Ausstreichung von Herrn/Frau/Fräulein - folgende Anschrift: . . .

Firma

Unternehmereinheit . . . & Co

Herrn . . . . . .

ZH. Herrn S. i. Fa.

. . . GmbH

Diese Adressierung läßt nicht klar erkennen (im Sinne von bestimmt, unzweideutig und vollständig - siehe oben -), daß er sich an denjenigen richtet, für den er bestimmt war, nämlich allein an den Kl.

Für die Ermittlung der Bezeichnung des Adressaten in der Adresse des angefochtenen Umsatzsteuersammelbescheides kommt ausschließlich der oberhalb der den Empfangsbevollmächtigten betreffenden Angaben (,,ZH. Herrn . . .") stehende Teil der Adresse des Bescheides in Betracht. Insoweit sind zwei den Adressaten bezeichnende Angaben vorhanden, nämlich ,,Firma Unternehmereinheit . . . & Co" sowie ,,Herrn . . . . . .". Die jeweils selbständige Titulierung (,,Firma" bzw. ,,Herrn") schließt es aus, die erste Angabe als ein Attribut zur zweiten anzusehen. Hierbei wird davon ausgegangen, daß in der Angabe des Kl. nicht überhaupt die Benennung eines Empfangsbevollmächtigten zu sehen ist, was ggf. zu der Beurteilung zwänge, daß der Kl. gar nicht als Steuerschuldner benannt ist (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 1986 V R 96/85, BFHE 147, 211, BStBl II 1986, 834).

Die beiden Angaben stehen untereinander. Dies legt den Gedanken nahe, daß es sich bei ihnen entweder um eine Aufzählung handelt oder daß die eine im Verhältnis zur anderen in der Form einer Apposition verwendet worden ist. Im Falle einer Aufzählung ist zu verneinen, daß allein der Kl. eindeutig als Adressat bezeichnet ist. Eine appositionsmäßige Verwendung ließe die Annahme zu, daß der Kl. in nicht zu beanstandender Weise bezeichnet sei. Letzteres ist jedoch aufgrund des Bestandteiles ,,Firma Unternehmereinheit . . . & Co" in der Bezeichnung des Adressaten zu verneinen.

Der erörterte Teil der Adresse beginnt mit ,,Firma", als einer im Schriftverkehr üblichen Titulierung von kaufmännischen, gewerblichen und handwerklichen Unternehmen, die an das Rechtsinstitut des kaufmännischen Handelsnamens (vgl. § 17 HGB) anknüpft. Die hierauf folgenden Worte und Zeichen (,,Unternehmereinheit . . . & Co") stellen nicht etwa eine Bezeichnung dar, die sich der Kl. im Geschäfts- bzw. Behördenverkehr zugelegt hat. Den Feststellungen des FG ist lediglich zu entnehmen, daß der Kl. bis zum 1. Oktober 1968 die Firma ,,. . . & Co" als Einzelunternehmer führte und daß seither Träger dieser Firma eine KG ist. Auch dem FA gegenüber hat sich der Kl., solange beide Beteiligten von Unternehmereinheit ausgegangen sind, nicht ,,Unternehmereinheit . . . & Co" genannt, sondern ,,. . . & Co" (allerdings in unterschiedlicher Schreibweise). Die Bezeichnung ,,Unternehmereinheit . . . & Co" wurde, soweit ersichtlich, ausschließlich vom FA verwendet. Die Verwendung durch das FA führt nicht dazu, die Bezeichnung zu einer die Identifizierung des Kl. ermöglichenden Benennung werden zu lassen; insoweit braucht auf die Adressierungsprobleme bei der Unternehmereinheit (vgl. Kaiser, UR 1973, 202; Vogel, BB 1974, 414) nicht eingegangen zu werden.

Losgelöst von der früheren Verwendung durch das FA, war die Bezeichnung ,,Unternehmereinheit . . . & Co" zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Sammelbescheides im Jahre 1973 nicht aufgrund ihres Inhalts für einen unbefangenen verständigen Dritten geeignet, den Kl. eindeutig zu identifizieren. Wie bereits erwähnt, wurde die Firma ,,. . . & Co" seit dem 1. Oktober 1968 nicht mehr vom Kl. als Einzelkaufmann (Einzelunternehmer), sondern von einer KG geführt. Der Bestandteil ,,. . . & Co" in der erörterten Bezeichnung mußte mithin auf einen anderen als den Kl., nämlich auf eine KG als umsatzsteuerrechtliches Rechtssubjekt, hindeuten.

Diese Annahme wird nicht dadurch ausgeräumt, daß der Angabe ,,. . . & Co" das Wort ,,Unternehmereinheit" vorangestellt ist. Die vom BFH im Jahre 1978 nicht länger anerkannte umsatzsteuerrechtliche Rechtsfigur der Unternehmereinheit (vgl. Urteile vom 16. November 1978 V R 22/ 73, BFHE 127, 243, BStBl II 1979, 347; vom 23. November 1978 V R 36/78, BFHE 127, 249, BStBl II 1979, 350; vom 30. November 1978 V R 29/73, BFHE 127, 252, BStBl II 1979, 352; vom 30. November 1978 V R 40/78, BFHE 127, 250, BStBl II 1979, 354; vom 8. Februar 1979 V R 114/74, BFHE 127, 254, BStBl II 1979, 358) ging unter dem Gesichtspunkt der Zurechnung von Umsätzen in Fällen von nebengeordneten Personengesellschaften, von nebengeordneten juristischen Personen und ausnahmsweise im Falle des Zusammenhanges zwischen einer Einmann-GmbH und ihrem ein Einzelunternehmen betreibenden Alleingesellschafter davon aus, daß die Unternehmereigenschaft der hinter den Gesellschaften stehenden Person oder Personengruppe beigelegt werden müsse und daß diese Person oder Personengruppe Steuerschuldner der von den einzelnen Gesellschaften bewirkten Umsätze sei. Mit der zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch anerkannten Rechtsfigur der Unternehmereinheit verträgt sich mithin die - durch den Bestandteil . . . & Co begründete - Annahme, mit ,,Firma Unternehmereinheit . . . & Co" sei nicht der Kl., sondern eine KG gemeint.

Nichts Gegenteiliges ergibt sich aus dem Umstand, daß im angefochtenen USt-Sammelbescheid der Betriebsprüfungsbericht vom 8. Januar 1973 erwähnt ist, in dem es unter Tz. 18 u. a. heißt, die Umsätze der Organschaft würden aus Vereinfachungsgründen und mit Zustimmung der Firmenvertreter wie bisher unter ,,Unternehmereinheit . . . u. Co" veranlagt. Die Erwähnung des Betriebsprüfungsberichtes hat nicht die Form eines allgemeinen Hinweises auf diesen. Vielmehr ist im Rahmen der Begründung der Festsetzungsänderung auf die Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht verwiesen. Es besteht mithin kein Anlaß, bei Zweifeln hinsichtlich der Adressierung den Betriebsprüfungsbericht heranzuziehen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem des Senatsurteils in BFHE 147, 211, BStBl II 1986, 834.

Der spätere Wegfall der Rechtsfigur der Unternehmereinheit aufgrund der Rechtsprechungsänderung durch den BFH im Jahre 1978 (siehe oben) vermag an der vorgenommenen Würdigung nichts zu ändern (vgl. zum Wegfall der Unternehmereinheit: Bichel, StBp 1979, 186; Birkholz, DStZ/A 1979, 343; Hönle, DB 1981, 1007; Schuhmann, GmbHR 1979, 209; Weiß, UR 1979, 97). Die Möglichkeit, den Bestandteil ,,Firma Unternehmereinheit . . . & Co" als - vorangestellte - Apposition zur Angabe des Kl. zu verstehen, entfällt somit. Die Adresse des angefochtenen USt-Sammelbescheides insgesamt kann mithin nicht dahin verstanden werden, daß der Bescheid klar (bestimmt und unzweideutig - siehe oben -) zum Ausdruck bringe, er sei allein gegen den Kl. gerichtet. Vielmehr ist die Annahme gerechtfertigt, bei einem unbefangenen verständigen Dritten würde der Eindruck entstehen, daß der Bescheid nicht nur gegen den Kl., sondern darüber hinaus gegen eine Personengruppe erlassen worden sei.

4. Auf die Frage, ob dem Erlaß neuer Bescheide für die Streitjahre Verjährung entgegenstehen würde, braucht nicht eingegangen zu werden. Für die Aufhebung eines Bescheides wegen Unwirksamkeit ist die Frage eines etwaigen Verjährungseintrittes unerheblich (vgl. Beschluß in BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230 unter C II 6).

B. Die hiernach gerechtfertigte Aufhebung des angefochtenen USt-Sammelbescheides hinsichtlich der Streitjahre entfällt nicht etwa aufgrund bereits vorliegender Unanfechtbarkeit des Bescheides.

Nach § 126 Abs. 4 FGO ist die Revision auch dann zurückzuweisen, wenn zwar die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils eine Verletzung des bestehenden Rechts ergeben, die Entscheidung selbst sich aber aus anderen Gründen als richtig darstellt. Dies könnte dann der Fall sein, wenn der angefochtene USt-Sammelbescheid bereits unanfechtbar wäre. Hierfür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte.

Das FA ist zwar zunächst davon ausgegangen, daß der Kl. den Einspruch verspätet eingelegt habe. Demzufolge hat das FA den Einspruch als unzulässig verworfen. Die Annahme verspäteten Einganges läßt sich jedoch nicht aufrechterhalten und wird inzwischen auch nicht mehr vom FA vertreten.

Soweit es um die Streitjahre 1965 und 1966 geht, wäre der Senat an der Annahme eines verspäteten Einganges des Einspruchs allerdings nicht schon durch das Zwischenurteil des FG vom 23. Oktober 1974 A gehindert, mit dem das FG für die erwähnten beiden Streitjahre entschieden hat, die Klage sei zulässig, weil der Einspruch rechtzeitig eingelegt worden sei. Ein echtes Zwischenurteil nach § 97 FGO (vgl. auch § 280 ZPO), das rechtskräftig geworden ist, bindet zwar auch das Revisionsgericht (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 97 FGO Rdnr. 4). Nach der neueren Auffassung des BFH gehört jedoch die Rechtzeitigkeit des Einspruchs nicht zu den Sachentscheidungsvoraussetzungen des finanzgerichtlichen Verfahrens (vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 118 Rdnr. 35), so daß mit der Entscheidung, die Klage sei zulässig, entgegen der seinerzeitigen Annahme des FG, die rechtzeitige Einspruchseinlegung nicht verbindlich feststeht.

Rechtzeitige Einlegung des Einspruchs ist aufgrund der Feststellungen des FG in dem erwähnten Zwischenurteil anzunehmen, die das FG durch eine Bezugnahme im angefochtenen Urteil zu dessen Feststellungen gemacht hat.

C. Der Senat kann durcherkennen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Aus den unter II A angeführten Gründen wird der angefochtene USt-Sammelbescheid aufgehoben, soweit er die Streitjahre betrifft (1965, 1966 und 1968).

 

Fundstellen

Haufe-Index 415704

BFH/NV 1990, 148

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